Das bedeuten die Siegel auf Lebensmitteln

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Die vielen Aufkleber auf Lebensmitteln mit verschiedenen Kennzeichen und Gütesiegeln können den Verbraucher überfordern. Foto: Matthias Hoch
Die vielen Aufkleber auf Lebensmitteln mit verschiedenen Kennzeichen und Gütesiegeln können den Verbraucher überfordern.  Foto: Matthias Hoch
Wirsingtopf mit Hackfleisch Foto: Ildi - stock.adobe.com
Wirsingtopf mit Hackfleisch Foto: Ildi - stock.adobe.com
 

Verschiedene Gütesiegel versprechen Regionalität. Wie regional sind die Lebensmittel wirklich?

Rund und rot liegen sie in ihrer Verpackung, die Strauchtomaten. Über ihnen steht in großen Buchstaben "REGIONAL". Sofort geht das Gedankenkarussell an. Kaufe ich diese Tomaten oder lieber die unverpackten aus Holland daneben?

Immerhin liegen sie in einer Papierschale - Pluspunkt in Sachen Nachhaltigkeit. Leider aber umhüllt von einer Plastikverpackung. Also doch die aus Holland? Diese verpackten sind laut Aufkleber auf der Plastikfolie aus Bayern. Das sogenannte Regionalfenster, ein zusätzlicher Aufkleber, ist noch präziser: "Tomaten aus Bayern, abgepackt in 90427 Nürnberg".

Was bedeuet regional?

"Das Regionalfenster kann für Verbraucher eine Orientierung bieten", sagt Daniela Krehl, Fachberaterin für Lebensmittel und Ernährung von der Verbraucherzentrale Bayern. Vor allem für frische Lebensmittel.

Doch es gibt nicht nur das Regionalfenster. "Geprüfte Qualität - Bayern" steht auf den Essiggurken im Glas, der Kürbis ist laut Aufkleber "Qualität aus Deutschland" und die Äpfel sind gekennzeichnet mit dem Namen des Supermarktes und dem Zusatz "Regional".

Die vielen Stempel, Siegel und Kennzeichnungen können überfordern. "Bei Produkten mit Regionalwerbung fehlt oft der Hinweis, worauf sich die Regionsauslobung bezieht", kritisiert Kehl. Es bliebe unklar, ob die Ursprungsregion der Zutaten, der Firmensitz, der Verarbeitungsort oder nur die Rezeptur des Produktes regional ist.

Schwammige Begrifflichkeit

"Diese Informationen fehlen häufig sowohl auf den Produkten als auch an den Regalen, Aufstellern oder in Werbeprospekten der Supermärkte", erklärt Krehl. Hinzu komme, dass gerade bei verarbeiteten Lebensmitteln der Begriff "regional" dehnbar ist, da "derzeit der Anteil regionaler Zutaten bei verarbeiteten Lebensmitteln nur bei 51 Prozent liegen muss", erklärt Krehl.

Wer regional im Supermarkt kaufen will, muss sich auskennen. Viele Handelsunternehmen bieten beispielsweise unter dem Dach einer Eigenmarke regionale Lebensmittel an. "Leider ist zwischen den Anbietern keine einheitliche Definition, so dass der Verbraucher sich in jedem Supermarkt sehr gut informieren muss, was an den Produkten regional ist", bemängelt Krehl. Rewe-Süd-Sprecherin Rosmarie Anthofer erklärt auf Nachfrage, was für Rewe regional bedeutet. "Unter regionalen Produkten verstehen wir sowohl die Artikel unserer Eigenmarke Rewe Regional als auch die Produkte unserer lokalen Erzeuger, die im direkten Umfeld unserer Märkte liegen und uns Produkte unter ihrem eigenen Namen liefern."

Die Herkünfte der Produkte der Eigenmarke würden zusätzlich vom sogenannten Regionalfenster überprüft und zertifiziert. Das Regionalfenster ist ein freiwilliges, privates Zeichen, das vom Bundeslandwirtschaftsministerium initiiert wurde. Es unterscheidet Rohstoffherkunft und Verarbeitungsort und gibt die Menge der regionalen Zutaten eindeutig an.

Neben dem Regionalfenster gibt es auch das Siegel "Geprüfte Qualität - Bayern" (GQ), das vom bayerischen Landwirtschaftsministerium vergeben wird. Hinter dem Siegel steht ein Qualitäts- und Herkunftssicherungssystem. "Die Rohstoffe für GQ-Produkte müssen auf Feldern in Bayern angebaut werden, Schlachttiere müssen in Bayern geboren und durchgängig im Freistaat gehalten und geschlachtet worden sein", heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung aus dem Ministerium.

Kompromisse machen

Die Einhaltung der Anforderungen werde regelmäßig von unabhängigen Zertifizierungsstellen kontrolliert. Zusätzlich steht ein Lenkungsausschuss, dem auch die Verbraucherzentrale Bayern angehört, dem Ministerium bei der Vergabe des Gütesiegels beratend zu Seite. "Bei der Vergabe des Siegels müssen auch Kompromisse gemacht werden", erklärt Krehl. So bekäme beispielsweise Schweinefleisch aus Bayern das GQ-Siegel, auch wenn das Futtermittel für die Schweine aus Südamerika kommt.

Auch das Fleisch von Puten, die nicht in Bayern ausgebrütet, sondern am ersten Lebenstag nach Bayern transportiert wurden, erhält das GQ-Siegel. "Damit sind die Tiere ja nur bedingt aus Bayern", sagt Krehl. Der Hintergrund ist folgender: "Es gibt in Bayern keine Putenbrüterei", sagt Krehl. Die Verbraucherschützer rieten dennoch dem Ministerium dazu, Putenfleisch, das alle anderen Kriterien erfüllt, mit dem GQ-Siegel zu deklarieren. "Allerdings unter der Prämisse, dass in den kommenden Jahren eine Putenbrüterei in Bayern aufgebaut wird."

Der Bayerische Bauernverband empfiehlt den Verbrauchern, wenn möglich, am besten bei einem Direktvermarkter zu kaufen. "Auf unserer Website www.essen-aus-bayern.de können Verbraucher Hofläden oder einen Bauernmarkt in ihrer Nähe finden", sagt Sprecherin Brigitte Scholz. Dort könne man mit den Erzeugern sprechen und erfahren, wie regional die Produkte wirklich sind.

Lust auf Rezepte mit saisonalem Gemüse? Hier finden Sie mehr www.fraenkische-Rezepte.de..