CSU-Hauskrach in Hirschaid

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Der amtierende Bürgermeister Andreas Schlund hat sich vom Kandidaten seiner CSU (Klaus Homann, rechts) abgewendet und spricht sich für Georg Kestler (links) von den Freien Wählern als Nachfolger aus.
Der amtierende Bürgermeister Andreas Schlund hat sich vom Kandidaten seiner CSU (Klaus Homann, rechts) abgewendet und spricht sich für Georg Kestler (links) von den Freien Wählern als Nachfolger aus.

Der scheidende Erste Bürgermeister Andreas Schlund nennt Georg Kestler von den Freien Wählern seinen Wunschkandidaten.

Einen krachenden Abgang von der politischen Bühne hat sich Erster Bürgermeister Andreas Schlund verschafft: Indem er sich als seinen Nachfolger den Kandidaten der Freien Wähler, Georg Kestler, wünscht, hat das weithin als CSU-Urgestein bekannte Gemeindeoberhaupt seine Parteifreude in Aufruhr versetzt und alle anderen in ungläubiges Staunen.

Schlund engagiert sich nicht im Mindesten für den CSU-Bürgermeisterkandidaten Klaus Homann. Im Gegenteil: Es wird kolportiert, dass sich Schlund sogar dezidiert negativ über den CSU-Kandidaten äußert. Im Parteiblättchen der Freien Wähler, der "Hirschaider Zeitung", ließ sich Schlund zum Schluss einer dreiseitigen Erfolgs-Bilanz seiner 24-jährigen Amtszeit zu einem ehrlichen Bekenntnis vernehmen: Georg Kestler sei definitiv sein Favorit beziehungsweise Wunschkandidat.
Dessen Auftreten und Hintergrundwissen in den Gemeinderatssitzungen seien "in besonderer Weise einzigartig". Kestler sei der geeignete Mann für den Generationenwechsel.

Starker Tobak für die CSU. Einer ihrer Wortführer, der Sassanfahrter Manfred Igel (früher Zweiter Bürgermeister), schaltete daraufhin im Hirschaider Gemeindeblatt einen offenen Brief als ganzseitige Anzeige. Darin wird Schlund daran erinnert, welcher Partei er es zu verdanken habe, dass er "groß" geworden sei. Igel fordert Schlund auf, sein Ego zurückzunehmen und beklagt, dass Schlund keine Gelegenheit auslasse, der CSU und ihrem Bürgermeisterkandidaten zu schaden. Gleichwohl habe die CSU noch nichts gegen das "schädigende Verhalten" unternommen, weil man im Ortsverband hoffe, dass der Bürgermeister sich wenigstens neutral verhält, so Igel.

Ob diese Hoffnung in Erfüllung geht, ist fraglich. Immerhin hat sich Schlund nicht nur für Kestler ausgesprochen, er hat sich auch beim SPD-Ortsverband für ein Grußwort gewinnen lassen und angeblich den Bürgermeisterkandidaten der Bürgernahen Liste, Christoph Busch, ermuntert, zu kandidieren. Eine Reaktion auf den offenen Brief von Igel kündigt Schlund für die Woche vor der Kommunalwahl an. Er wirft ihm Hass und Neid vor.
Der Bruch entstand offenbar, als der CSU-Ortsverband nicht die von Schlund favorisierte CSU-Gemeinderätin Elke Eberl zur neuen Ortsvorsitzenden wählte, sondern im März vorigen Jahres mit 60:14 den CSU-Fraktionsvorsitzenden im Marktgemeinderat, Klaus Homann, erneut an die Spitze berief. Damit war auch vorgezeichnet, wen die Hirschaider CSU für das Bürgermeisteramt ins Rennen schicken würde und wen nicht.

Zwischen dem Ortsverband und Schlund kriselt es aber schon länger. Klaus Homann, altgedienter Sprecher der CSU-Fraktion, gestand, Schlund schon seit über zwei Jahren nicht mehr zu den Fraktionssitzungen eingeladen zu haben. Warum? Homann versteht sich nicht als Befehlsempfänger. "Wenn ich für etwas die Hand heben soll, dann muss man mich überzeugen!" Alleingänge des Ersten Bürgermeisters habe er nicht mitgehen wollen und Schlund habe es nicht vertragen, wenn er - Homann - ab und zu anderer Meinung gewesen sei. Zudem, so Homann: "Wenn sich jemand wie Schlund innerhalb von 24 Stunden um 180 Grad dreht, mache ich nicht mit!"

Seit geraumer Zeit beobachtet Homann eine wachsende Vertrautheit zwischen Bürgermeister Schlund und der Fraktion der Freien Wähler im Marktgemeinderat. Sie stellt 14 der 24 Räte, in Romana Gensel die Zweite und in Erwin Krämer den Dritten Bürgermeister. Die CSU konnte vor sechs Jahren zwar erneut den Bürgermeister - Schlund - stellen, errang aber nur noch sieben Sitze im Gemeinderat. Zwei Räte von der FWG Röbersdorf halten meist zur CSU-Fraktion; die frühere Koalition mit der Wählergemeinschaft Sassanfahrt-Köttmannsdorf-Rothensand ging aber in die Brüche. Deren vier Vertreter schlossen sich der von Georg Kestler geführten FW-Fraktion an.

Schlund konnte nach eigenen Worten gar nicht anders, als für seine Vorhaben Zustimmung auch von den Freien Wählern zu suchen. Dabei habe sich eine gute Zusammenarbeit mit dem Fraktionsvorsitzenden Kestler entwickelt, während sich die CSU zunehmend abkapselte und auf Konfrontation gegangen sei. "Die wollten von mir nichts wissen," stellt Schlund fest.

Unübersehbar ist der starke Rückhalt, den Homann im CSU-Ortsverband hat. Alle Gemeinderatskandidaten jedenfalls äußern die Hoffnung, dass er Erster Bürgermeister wird und die CSU wieder mehr Gewicht bekommt. Wenn schon Schlund nicht für ihn ist, so bietet Homann in einem Wahlprospekt eine ganze Armada von Befürwortern auf: Von Staatsministerin Huml über Staatssekretär Silberhorn, prominente Ortsbewohner und ehemaligem Azubi bis hin zum Bi-Log-Geschäftsführer Trunk wird Homann bestätigt, dass er vertrauenswürdig und geeignet für das Bürgermeisteramt sei. Ohnehin weist Homann auf die Bedeutung eines in der CSU gut vernetzten Bürgermeisters für Hirschaid hin.

Wenn er sich da nur nicht irrt: Nach 40-jähriger Zugehörigkeit zur CSU will Andreas Schlund festgestellt haben, dass sich CSU-Regierende und Behörden oftmals in besonderer Weise um Bürgermeister aus den Oppositions-Parteien bemühten. Äußere hingegen ein CSU-Bürgermeister mal Kritik an Staats- oder Bundesregierung, werde er gleich als Nestbeschmutzer abgebürstet. Insgesamt bedauert Schlund das Zerwürfnis. Er rechnet auch nicht mit einem Parteiordnungs- oder -ausschlussverfahren. Schlund möchte weiterhin Mitglied der CSU bleiben.