War es richtig, dass die GAL die Spende des Automobilzulieferers Brose angenommen hat? Diese Frage kann man auch der CSU stellen. Ein Knackpunkt scheint zu sein, dass die Anfrage an die Fraktionen adressiert war, nicht an die Parteien.
Die nicht-repräsentative Abstimmung auf unserem Portal
infranken.de ist eindeutig ausgefallen, über 64 Prozent der Leser sagen, dass es nicht richtig war von der Grünen Alternativen Liste Bamberg (GAL), Geld der Firma Brose anzunehmen. "Wir sind darüber verwundert, weil die GAL immer kritisiert hat, dass Michael Stoschek die Stadt kauft", wettert auch der politische Gegner in Gestalt von BUB-Chefin Daniela Reinfelder. Allerdings gehen die Meinungen auseinander: Bei den Freien Wählern sieht man das anders. Helmut Kormann, FW-Vorsitzender, findet die Spende in Ordnung. Er hält es auch für "honorig", dass die GAL die Spende öffentlich gemacht hat.
Unterstützung der Fraktionen Am Montag hat die GAL bekanntgegeben, 10 000 Euro von Brose als Spende erhalten zu haben. Die Grünen hatten sich diese Entscheidung nicht einfach gemacht. Erst in einem Plenum des Kreisverbands nach der Sommerpause hatte eine knappe Mehrheit für die Annahme der Spende gestimmt. Im Antwortschreiben machte die GAL laut Ursula Sowa, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, Brose deutlich, dass das Geld an die Partei geht und die Spende veröffentlicht wird. "Ich bereue es nicht, ich bin froh, dass wir es so gemacht haben", sagt Sowa. Sie würde es wieder so machen, auch mit dem Wissen, dass im Schreiben des Unternehmens explizit von der Unterstützung der Arbeit der Fraktionen im Stadtrat die Rede ist.
Helmut Müller, Fraktionsvorsitzender der CSU, hat die Spenden-Anfrage über 10 000 Euro damals auch von Brose erhalten. Er dachte, nach eigenen Aussagen, dass er als bekannter CSU-Mann stellvertretend für die Partei angeschrieben worden war. "Es gab für mich keinen Zweifel, dass es nicht an die Fraktion ging, sondern an die Partei." Das Geld abzuweisen, auf "so eine total entfernte Idee" sei er deshalb gar nicht gekommen. Schließlich seien Spenden normal: "Wenn wir eine Veranstaltung machen, dann spendet doch auch eine Brauerei das Bier." Dass die Spende nur für die Arbeit in der Fraktion gedacht sein könnte, das hätte Müller nie für möglich gehalten. Die Spende ging dann auf das Konto der Partei ein.
Beinflussung befürchtet Weder Helmut Müller noch Ursula Sowa wollen mitbekommen haben, dass nur die Arbeit im Stadtrat unterstützt werden sollte. Beim Unternehmen ist das aber durchaus die Absicht gewesen: "Brose hat sich an die im Stadtrat aktiven Verantwortlichen gewandt, um gezielt deren kommunalpolitische Arbeit zu unterstützen", heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Auch die Erfahrungen der SPD stützen das. Laut Fraktionschef Klaus Stieringer habe man nach der Spenden-Anfrage durch Brose damals geschlossen gegen die Annahme gestimmt. Die Arbeit im Stadtrat sollte nicht in den Verdacht der Beeinflussung geraten, heißt es von den Bamberger Sozialdemokraten. In einem Antwortschreiben habe die SPD-Fraktion an den Schatzmeister der Partei verwiesen. Doch eine Anfrage von Brose an die Partei sei nie gestellt worden. Bis heute nicht. Die Ablehnung der Spende an die Fraktion war bereits im Mai erfolgt.
Unübliche Anfragen Anfragen von Unternehmen an die Fraktion sind im Gegensatz zu Anfragen an die Partei offenbar nicht üblich: "Wir sind als Fraktion, glaube ich, noch nie angeschrieben worden", sagt Helmut Müller, der seit 1984 im Stadtrat sitzt. Auch SPD-Mann Klaus Stieringer und GAL-Frau Ursula Sowa können sich an eine direkte Anfrage an ihre Fraktionen in der Vergangenheit nicht erinnern.
Aus rechtlicher Sicht scheint eine Spenden-Anfrage an die Fraktionen entgegen erster Annahmen kein Problem zu sein: "Eine Spende an die Fraktion ist nicht explizit verboten, aber politisch unklug, weil sich diese dem Verdacht der Käuflichkeit aussetzt", meint Max-Emanuel Geis, Staats- und Verwaltungsrechtler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Den Verdacht weisen die Akteure weit von sich. "Wir lassen uns nicht kaufen", sagt Ursula Sowa. "Sollten die uns in irgendeiner Form unter Druck setzen, geben wir das Geld notfalls zurück." Helmut Müller von der CSU beteuert: "Wenn Brose eine Erweiterung des Standorts will, die beispielsweise gegen Rechtsvorschriften verstößt, dann können wir nie zustimmen - mit oder ohne Spende."
Kommentar von Sebastian Martin:Ein G'schmäckle hat das Brose-Spendeangebot an die Bamberger Parteien schon. Schließlich wurde das Schreiben explizit nur an die Fraktionen und deren Arbeit im Stadtrat gerichtet. Sicher wäre es für GAL und CSU besser gewesen, zu verzichten. Zu sagen: "Wir sind die Fraktion. Und lehnen die Spende ab." Gerade, weil man doch wissen konnte, dass im Fall Brose die Skepsis groß ist, die Stadt sich schon für die Ansiedlung weit gestreckt hat. Somit hätte ein solches Signal gut getan.
Die Annahme der Spende war unklug. Wird in Bamberg doch ohnehin schon von "Stoschek-City" gesprochen: Nun sind auch noch die GALlier schwach geworden, sagen viele. Die Politiker beteuern, sich nicht beeinflussen zu lassen. Dennoch ist der Image-Schaden vorhanden. Nicht nur GAL und CSU stehen in der Kritik. Die Arbeit des gesamten Stadtrats ist in Misskredit geraten.
Die Frage ist, welche Politik die Parteien und Fraktionen vertreten.
Die Brose-Ansiedlung abzulehnen, hätte sich keine der relevanten Fraktionen erlauben können. Sie wäre sofort auf breiter Front als Arbeitsplatzverhinderer niedergemacht worden. Und letztlich ist Brose - bei aller berechtigten Kritik am Unternehmen - eines der Hochtechnologie, zukunftsfähig auch, wenn die Ausrichtung auf die Automobilindustrie nicht mehr so stark sein sollte.
Die vielen fragwürdigen Zugeständnisse, welche die Stadt gemacht hat, hat indes die Ratsmehrheit zu verantworten - und dazu zählt(e) die GAL nicht. Ihr blieb nur noch die Wahl, dem Paket zuzustimmen oder es abzulehnen. Und bei Ablehnung: siehe oben!
Statt also jetzt über die Frage einer möglichen Käuflichkeit zu spekulieren, heißt es, die weitere Politik kritisch zu beobachten und aus dieser die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen.
In Betrachtung des bisherigen Handelns von Herrn Stoschek fällt er keine Entscheidungen ohne Berechnung. M E. darf unterstellt werden, dass dies allen Stadträten bewusst war. Die Bringschuld ist entweder schon erfolgt oder wird noch eingefordert.
Geldspenden/-geschenke annehmen. Die Frage ist nur, wie diese hinterher rechtlich zu sehen sind:
- sind es steuerpflichtige Einnahmen
- kommt der Sachverhalt der Vorteilsnahme in Frage
- kommt gar der Vorwurf der Bestechlichkeit zum Tragen
- oder sind sie unbedenklich
Es ist dabei vollkommen irrelevant, ob es sich bei einer derartigen Gruppierung, in diesem Fall Fraktionen eines Stadtrates, um eine im Vereinsrecht oder im Kommunalwahlrecht explizit genannte Form handelt.
Für mich bleibt in dieser Sache ein gewisser Geschmack von Vorteilsnahme, wenn auch nicht durch die Einzelpersonen, so doch durch die dahinterstehenden Parteien.
Wenn ich Sie richtig verstehe, lieber Herr Wildenauer, dann wollen Sie aus einer Stadtratsfraktion eine Vereinigung/Gruppierung von natürlichen Personen machen, die Geldspenden/-geschenke annehmen dürfte. Warum sollen Sie eine solche Meinung nicht vertreten dürfen? Von mir aus schon. Dann müssen Sie aber bedenken, dass ein solches Konstrukt eine Doppelgleisigkeit bedingt: für die Findung und Durchsetzung politischer Ziele und das Agieren im sog. täglichen Leben inklusive der Annahme von Spenden.
Bleiben wir bei der GAL mit ihren neun Mitgliedern. Wenn sieben für die Annahme der Spende sind, gehen nach Ihrem Vorschlag als Endergebnis die 10.000 Euro zu gleichen Teilen an die sieben Mitglieder, also 1429 Euro pro Kopf. Diese sieben (und nicht auch die restlichen zwei) bestimmen über die weitere Verwendung. Gedanken darüber, ob die Sache einen Geschmack von Vorteilsnahme hätte, bräuchte sich keiner zu machen, da die Sache rechtlich ja astrein wäre.
Praktikabel wäre eine solche Regelung aber mit Sicherheit nicht, abgesehen davon, dass ich Ihrem Vorschlag auch rechtlich nicht ganz zu folgen vermag.
nicht im Vereinsregister eingetragen ist und rechtlich entsprechend §54 BGB geregelt sind (siehe da: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__54.html). Fraktionen erfüllen durchaus diese Bedingungen, da sie einen gewählten Fraktionsvorsitzenden haben und meist auch eine Kasse, die sich allerdings gemeinhin aus Abgaben der Fraktionsmitglieder von den Sitzungsgeldern speist.
Und zur Rechtsfähigkeit eines sog. nicht rechtsfähigen Vereines gibt es durchaus ein interessantes Urteil des BGH (Aktenzeichen II ZR 331/00)