Bismarck ist in Steinfeld bis heute unvergessen

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Die Hochzeitsgesellschaft von Wenzel und Kunigunda Lindner, den Eltern Herbert Lindners, vor dem alten Gasthof Lindner in Steinfeld. Die Frau links vorne neben der Braut neben Ehemann Johann Lindner mit dem Kind auf dem Schoß ist die Großmutter von Herbert Lindner. Die Aufnahme entstand Ende der 1940-er Jahre, das Gebäude wurde 1960 abgebrochen und neu gebaut. Repro: Barbara Herbst
Die Hochzeitsgesellschaft von Wenzel und Kunigunda Lindner, den Eltern Herbert Lindners, vor dem alten Gasthof Lindner in Steinfeld. Die Frau links vorne neben der Braut neben Ehemann Johann Lindner mit dem Kind auf dem Schoß ist die Großmutter von Herbert Lindner. Die Aufnahme entstand Ende der 1940-er Jahre, das Gebäude wurde 1960 abgebrochen und neu gebaut. Repro: Barbara Herbst

Im Gasthof Lindner in Steinfeld wird die Erinnerung an die Einkehr des ersten deutschen Reichskanzlers bis heute wach gehalten. Leider ist das Datum nicht mehr bekannt. Ein Fässchen Bier wurde dem hohen Gast mitgegeben.

"Das Bier, das schon Bismarck trank" lockt alle die, die es noch nicht kennen, in den Gasthof Lindner in Steinfeld. Im Bamberger Land keine alltägliche Reklame auf einem ausgedienten Brauerei-Anhänger, fand doch der zu Lebzeiten hoch verehrte preußisch-deutsche Staatsmann Otto von Bismarck wegen seiner Einstellung der katholischen Kirche gegenüber im Süden seines gerade geschaffenen Reiches nicht nur Freunde. Doch in Steinfeld halten Herbert Lindner und seine Familie die Erinnerung an den berühmten Gast in Ehren.

"Wann genau er bei uns eingekehrt war, kann ich leider nicht sagen. Es gibt auch keinen schriftlichen Beleg dafür, dass er hier war oder mit wem oder was er genau gegessen und getrunken hat", muss Herbert Lindner allzu hohe Erwartungen gleich dämpfen. Aber dass Otto von Bismarck mit seiner Entourage hier einmal eingekehrt ist, da ist sich der heutige Besitzer des Gasthofes ganz sicher. "Meine Oma hat sehr oft darüber gesprochen. Die Einkehr des vermutlich noch amtierenden Reichskanzlers war natürlich eine Riesensache nicht nur für die Wirtsleute, sondern für den ganzen Ort. Das hat man immer wieder erzählt", meint Herbert Lindner. Dass ihm seine Oma Katharina, genannt "Rina", Lindner, eine geborene Motschenbacher, da etwas vorgeflunkert haben könnte, kann sich Lindner nicht vorstellen. Bis zu ihrem Tod in den 1970er Jahren habe sie immer wieder davon gesprochen.

Dass keine Fotos oder andere Belege mehr vorhanden sind, führt Herbert Lindner auf den Abriss des alten Gasthofes anno 1960 zurück. "Damals ist wohl manches untergegangen, was nicht mehr so recht in die moderne Zeit gepasst hat". Wie und warum Otto von Bismarck nach Steinfeld kam und warum er ausgerechnet im Gasthof Lindner einkehrte, ist ebenfalls nicht bekannt. "Sechs Brauereien muss es damals hier gegeben haben, drei in Ober- und drei in Untersteinfeld", erinnert sich der Gastronom. Heute ist es nur noch eine. Die eigene Braustätte war von 1755 bis 1955 in Betrieb. Otto von Bismarck befand sich vermutlich auf der Durchreise, denn von einer Übernachtung habe ihm seine Oma nichts berichtet. "Ihrem Erzählen nach ist Otto von Bismarck hier eingekehrt, hat gegessen und getrunken. Bekanntermaßen war er ein Freund des Gerstensaftes, und so ist es kein Wunder, dass ihm auch dass Steinfelder Bier geschmeckt hat. Weil er es so gelobt hat, hat man ihm ein Fässchen mitgegeben. Das musste er natürlich nicht bezahlen", weiß Herbert Lindner aus der Überlieferung. Für die Wirtsfamilie war es sicherlich eine Ehre, dem hohen Gast eine "Wegzehr" mitgeben zu dürfen.

Auf welcher Reise Bismarcks die Einkehr erfolgt sein könnte, ist nicht bekannt. Im Zusammenhang mit der Reichsgründung 1870/71, vielleicht schon beim 1866er Krieg, kam er öfters in die Region. Zwischen 1874 und 1893 dann weilte der Reichskanzler (1871 bis 1890, gestorben ist er 1898) insgesamt 15 Mal zur Kur in Bad Kissingen. Wie weit er diese Aufenthalte zu Reisen in die Umgebung nutzte, um sich Ablenkung von den Amtsgeschäften und den Erschwernissen der Kur zu verschaffen, ist auch in Bad Kissingen nicht bekannt. Jedenfalls hatte Otto von Bismarck Gewichtsprobleme, soll zeitweise bei einer Körpergröße von etwa zwei Metern an die drei Zentner auf die Waage gebracht haben. Ob da das Steinfelder Bier samt Brotzeit zur Besserung beitrug?

Keinen Zusammenhang gibt es vermutlich mit dem Attentat, das schon 1874, beim allerersten Kuraufenthalt des Reichskanzlers in Bad Kissingen, auf ihn verübt wurde. Der Böttchergeselle Eduard Kullmann schoss aus unmittelbarer Nähe mit einer Pistole auf Otto von Bismarck, als der in einer Kutsche an ihm vorbei fuhr. Möglicherweise weil der prominente Gast gerade vor der Menschenmenge grüßend den Hut zog, wurde er von der Kugel nur leicht am Handgelenk verletzt. Danach wohnte er aus Sicherheitsgründen in der Oberen Saline in Bad Kissingen - die Wohnung dort kann heute noch besichtigt werden.