Bilder im Rathaus in Bamberg: Maler war Nazi-Unterstützer

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Eine der beiden Bamberg-Ansichten im Rathaus - beide waren Auftragsarbeiten eines NSDAP-Funktionärs. Foto: Ronald Rinklef
Eine der beiden Bamberg-Ansichten im Rathaus - beide waren Auftragsarbeiten eines NSDAP-Funktionärs. Foto: Ronald Rinklef

Stadtheimatpfleger Andreas Dornheim erklärte im Kultursenat, wer der umstrittene Künstler Fritz Bayerlein eigentlich war. Doch das ist noch nicht alles.

Eigentlich hatte sich Bürgermeister Christian Lange (CSU) als Vorsitzender im Kultursenat deutlich ausgedrückt: "Es geht heute nicht um das Auf- oder Abhängen der Bilder. Sondern wir diskutieren über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Fritz Bayerlein." Doch natürlich debattierten die Stadträte genau über Ersteres - und nahmen sich dafür ausführlich Zeit bis in den Abend hinein.

Gleichwohl: Auch zur Person des Bamberger Malers selbst machten sich die Mitglieder des Gremiums ihre Gedanken. Anlass dafür hatte ihnen Andreas Dornheim gegeben, der Geschichtsprofessor und Stadtheimatpfleger in Personalunion ist: Er stellte die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Bamberger Maler Fritz Bayerlein in einem Vortrag dar und wurde schnell deutlich: "Bayerlein war überzeugter Antisemit, der sich des Stereotyps des ,schmierigen Ostjuden‘ bediente."

Bei Bayerleins Entnazifizierung als "Mitläufer" im Jahr 1947 spricht Dornheim von einem "Fehlurteil". Der Bamberger Maler sei "nationalsozialistischer Unterstützer der ersten Stunde" gewesen.

Geboren 1897, gestorben 1955, distanzierte er sich sein ganzes Leben lang von der Demokratie, äußerte sich bis zu seinem Tode nicht zur Vernichtung der Juden. Bayerlein unterhielt bereits 1918/19 Kontakte zur sogenannten Thule-Gesellschaft, die laut Dornheim von der Forschung heute als rechtsradikale und zentrale Wegbereiterin des Nationalsozialismus angesehen wird. 1931 trat das Ehepaar Bayerlein der NSDAP bei.


"Kämpfer der Bewegung"

Während der Zeit des Nationalsozialismus galt der Maler als "Kämpfer der Bewegung". Er malte die Reichsautobahn, den "Kraft durch Freude"-Dampfer "Wilhelm Gustloff" und stellte regelmäßig im Haus der Deutschen Kunst aus. Für einen Katalog reichte es trotzdem nicht, weil Bayerleins Kunst nicht dem klassischen NS-Malstil entsprach.

"In seinen Lebenserinnerungen verschwieg er, dass auch das Dienstgebäude von Heinrich Himmlers SS mit zwei Bayerlein-Gemälden ausgestattet war", sagt Bambergs Stadtheimatpfleger. Durch Auftragsarbeiten wuchs Bayerleins Einkommen deutlich an, 1943 verdiente er rund 65 000 Reichsmark.

Die beiden Landschaftsbilder im großen Sitzungssaal im Bamberger Rathaus malte Bayerlein im Auftrag des NSDAP-Kreisleiters und Oberbürgermeisters Lorenz Zahneisen (1934-1945). "Bei den großformatigen Stadtansichten handelt es sich nicht um NS-Kunst im engeren Sinn, sondern um Bilder, die im spätimpressionistischen Stil der Münchner Schule unter Verwendung biedermeierlicher Elemente angefertigt wurden", sagt Geschichtsprofessor Dornheim. Problematisch seien die Bilder vor allem wegen der Umstände, unter denen sie gemalt wurden, und wegen der Person des Künstlers.

Gleichwohl "passt Bayerlein nicht in das Klischee des typischen Nazis. Er kam aus einer guten Familie und war ein gebildeter Mann." Dornheim geht einen Schritt weiter: "Es ist schon erstaunlich, dass in einer so katholischen Stadt wie Bamberg so viele Menschen die NSDAP gewählt haben."

Genau hier setzt Regina Hanemann, Direktorin der Museen der Stadt Bamberg, an: "Die Forschung zum Nationalsozialismus in Bamberg muss ausgebaut werden", sagt sie auf FT-Anfrage. Aber: Das kostet Geld. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung rund um Bayerlein, Publikationen, ein Symposium, vielleicht eine Ausstellung - das hatte der Stadtheimatpfleger dem Kultursenat vorgeschlagen. Dann könne man eine Entscheidung treffen, was mit den Gemälden im Sitzungssaal passieren soll.

Ähnliche Vorstöße hatten Regina Hanemann und Horst Gehringer, der sich als Leiter des Stadtarchivs ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzt, bereits unternommen. Mehrfach.

Doch stets scheiterte es am Geld: Im Ältestenrat habe man entschieden, dass man sich die für eine wissenschaftliche Aufarbeitung veranschlagten 250 000 Euro in Moment nicht leisten könne, sagte Bürgermeister Christian Lange. Dabei ist die Summe laut Hanemann "noch nicht einmal üppig" angesetzt.

Nach der Sitzung des Kultursenats hegt die Fachfrau jedoch wieder Hoffnung, deutet an, dass schon ein Fachkolloquium, vielleicht in Zusammenarbeit mit der Uni, ein guter Schritt wäre. Dies könnte wohl bereits mit einer Summe von etwa 80 000 Euro realisiert werden.


Weiteres kritisches Bild?

Geschichtsprofessor und Stadtheimatpfleger Andreas Dornheim wünscht sich nach seinem "biographisch-politischen" Vortrag, dass auch die kunsthistorische Seite der Bayerlein-Bilder betrachtet werden möge. Schließlich sind sie nicht auf den ersten Blick mit Nazi-Kunst in Zusammenhang zu bringen.

Sieht das bei einem weiteren Bayerlein-Gemälde im Rathaus vielleicht anders aus? Im Trauungssaal im Erdgeschoss hängt das Bild "Fruchtbarkeit", gemalt 1944. Dieses müsste man laut Dornheim etwas präziser unter die Lupe nehmen: Möglicherweise ist dort die Ideologie des Nationalsozialismus leichter zu erkennen.