Bamberger Reformationsgeschichten

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Reicht bis in die Ära der Heiligen Kunigunde zurück: die Stephanskirche Foto: Ronald Rinklef
Reicht bis in die Ära der Heiligen Kunigunde zurück: die Stephanskirche Foto: Ronald Rinklef
Friedensgebet im Zelt der Religionen am Markusplatz mit Dekan Hans-Martin Lechner. Foto: Marion Krüger Hundrup
Friedensgebet im Zelt der Religionen am Markusplatz mit Dekan Hans-Martin Lechner. Foto: Marion Krüger Hundrup
 
Das evangelisch-lutherische Dekanat Bamberg gehört zum Kirchenkreis Bayreuth (hier Regionalbischöfin Dorothea Greine)
Das evangelisch-lutherische Dekanat Bamberg gehört zum Kirchenkreis Bayreuth (hier Regionalbischöfin Dorothea Greine)
 

Schon um 1520 gab es in Bamberg Anhänger Martin Luthers. Doch es dauerte bis 1808, ehe mit St. Stephan die erste evangelische Gemeinde gegründet wurde.

Man könnte meinen, dass das evangelisch-lutherische Dekanat Bamberg mit seinem Reformationsempfang im Stephanshof (am Samstag ab 18 Uhr für jeden Interessierten) an Urzeiten anknüpft. Gab es doch schon um 1520 unter Klerikern und Laien eine Reihe von Sympathisanten oder sogar Anhängern Martin Luthers. Selbst der Hofkaplan Ulrich Burchardi von Bischof Weigang von Redwitz und einige Mitglieder des Domkapitels liebäugelten mit der Wittenberger Bewegung.

Ob heutige Domherren heimliche Lutheraner sind, lassen wir dahingestellt. Jedenfalls gesellen sich einige der zentralen Feier des 500. Reformationsjubiläums dazu. Sogar Erzbischof Ludwig Schick gibt sich im Stephanshof die Ehre und wird in Anlehnung an Martin Luthers berühmte Tischreden das Wort ergreifen.

Mit seiner vermutlich wirkmächtigen Ansprache steht der Erzbischof ebenfalls in der Tradition eines Bamberger katholischen Mitbruders jener Zeit. Nur dürfte der Oberhirte des Erzbistums Bamberg keine religiös-theologische Revolte auslösen wollen wie damals Johannes Schwanhauser (um 1485 bis 1528), seit 1510 Kanonikus am Kollegiatsstift St. Gangolf, der einige Jahre an der Universität Wittenberg studiert hatte. Und dort in Berührung kam mit dem reformatorischen Gedankengut Luthers und dieses sich zu Eigen machte.

Die Überlieferung sagt, dass Tausende zu seinen Predigten nach St. Gangolf strömten: Gärtner, Handwerker, Dienstleute wollten die alte Botschaft der katholischen Kirche neu hören - bibeltreu und zeitgemäß. Den Menschen damals war es nicht zu viel, Schwanhauser lang und ausgiebig predigen zu hören. Allein seine Homilie zum Allerheiligentag 1523 füllt im heutigen Druck siebzehn Buchseiten! Martin Luther ermutigte Schwanhauser in einem kurzen lateinischen Brief: "Prospere procede! Gehe wacker voran!"

Bischof Weigand von Redwitz, der sich anfänglich gegenüber der frühreformatorischen Bewegung in seinem Hochstift abwartend verhalten hatte, wurde es allmählich zu bunt. Am 6. März 1523 erließ er ein Mandat gegen die neue Lehre und forderte darin die Auslegung der Heiligen Schrift gemäß der kirchlichen Traditionen. Damit wandte sich der Bischof gegen das reformatorische Prinzip "sola scriptura". Ein Jahr später drohte er in einem weiteren Mandat sogar Strafen an für das Lesen und Verbreiten von Luthers Schriften.

Schwanhausers Predigten kursierten weiter, vervielfältigt in der Bamberger Druckerei des Georg Erlinger. Der so unbequem gewordene Kanonikus Schwanhauser floh aber aus Bamberg, wahrscheinlich um sich einer drohenden Verhaftung zu entziehen. In der Reichstadt Nürnberg, in der die Reformation eingezogen war, hieß man ihn als evangelischen Prediger willkommen.


Gegenreformation

Die Unterdrückung lutherischer Predigt in der Bischofsstadt Bamberg und Umgebung hatte zunächst aber wenig Erfolg. Ein Großteil der Bürgerschaft, besonders die wohlhabenden Ratsherren, bekannten sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts offen zu ihrem evangelischen Glauben. Erst 1595 begann Fürstbischof Neithard von Thüngen mit einer systematischen Gegenreformation. Wer an seinem evangelischen Glauben festhielt, musste Stadt und Hochstift Bamberg verlassen. Bis ins 18. Jahrhundert durften in Bamberg nur katholische Christen leben. Erst unter den letzten Fürstbischöfen wurden einzelne evangelische Familien in Bamberg toleriert.

Nachdem 1802 das Hochstift Bamberg aufgehoben und die Region ein Teil Bayerns geworden war, konnte den wenigen Protestanten die Erlaubnis erteilt werden, eine Gemeinde zu bilden. Zumal das bisher in Würzburg ansässige protestantische Konsistorium, das die kirchlichen Angelegenheiten der Evangelischen in Bayern bearbeitete, nach Bamberg verlegt wurde.

König Max I. gab 1808 den Evangelischen St. Stephan als Pfarrkirche - lange Zeit zweckentfremdet als Fruchtspeicher. Dabei reicht die Geschichte der Stephanskirche bis in die Ära der Heiligen Kunigunde zurück, die den Bau einst in Auftrag gegeben hatte. Im Jahr 1020 wurde die Kirche dann geweiht - und zwar von Papst Benedikt VIII. persönlich, der damals in Bamberg weilte. Aus dem einst katholischen Gotteshaus ist also die evangelische Hauptkirche geworden. Und damit ein Symbol für die Ökumene, wie es kein augenfälligeres geben könnte.

Es hat lange gedauert, bis sich die Beziehungen zwischen den Katholiken und Evangelischen in Bamberg zu dem Status entwickelt haben, wie er sich heute zeigt. "Wir haben ein gutes, vertrauensvolles Miteinander voller Herz und Verstand", betont der evangelische Dekan von Bamberg, Hans-Martin Lechner. Er spricht von einer "versöhnten Einheit in Christus": "Die verschiedenen Prägungen sind bereichernd und lassen auch die theologischen Unterschiede etwa im Amts- und Abendmahlverständnis aushalten."


Christliches Denken

Lechners katholisches Pendant, Regionaldekan und Dompfarrer Markus Kohmann, findet ähnliche Worte: "Die Ökumene in Bamberg ist sehr freundschaftlich und unkompliziert." So sei es beispielsweise üblich, dass sich die Vertreter der beiden Kirchen bei offiziellen Gelegenheiten als Grußwortredner abwechseln, "weil wir wissen: Einer kann für den Anderen sprechen", so Kohmann. Ein solch christliches und weniger konfessionelles Denken wünscht sich der Regionaldekan allerdings für ein fruchtbareres Zusammenwirken der jeweiligen Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas.

Vor allem durch den Zustrom von Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Zahl evangelischer Christen in Bamberg an. Heute leben rund 15 000 in der Stadt, zusammen mit rund 38 000 Katholiken. Die Erlöserkirche, Auferstehungskirche und St. Matthäus-Gaustadt bieten neben St. Stephan ein facettenreiches Angebot an Gottesdiensten, Gruppen für jedes Alter, herausragende Kirchenmusik und mehr.

St. Stephan ist auch seit nunmehr über 200 Jahren Sitz des Dekans des Dekanatsbezirks Bamberg. Das Gebiet liegt zwischen Haßberge, Steigerwald, Fränkische Schweiz und Aischgrund. Knapp 40 000 evangelische Christen in 21 Kirchengemeinden gehören dazu.