Bamberger haben den Riecher für den Braten

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Nicht die einzigen, die in der Redaktion vorbeigekommen sind: Redakteur Sebastian Martin (links) nimmt ein Kochbuch von Irene und Oswin Mößner entgegen. Der Beweis: Das Rezept des Bamberger Krautbratens ist in den Kochbüchern hinterlegt. Foto: Barbara Herbst
Nicht die einzigen, die in der Redaktion vorbeigekommen sind: Redakteur Sebastian Martin (links) nimmt ein Kochbuch von Irene und Oswin Mößner entgegen. Der Beweis: Das Rezept des Bamberger Krautbratens ist in den Kochbüchern hinterlegt.  Foto: Barbara Herbst

Als wir über den "Bamberger Krautbraten" berichtet haben, waren wir noch sicher: Diesen Braten kennt in Bamberg kaum einer. Das war wohl ein Irrtum. Die Leser bewiesen es.

Wohl dem, der aufmerksame Leser hat! Am Sonntag haben wir über den "Bamberger Krautbraten" berichtet. Darüber, dass dieses Gericht kaum einem Bamberger bekannt ist. Zumindest alteingesessenen Gastronomen war der Braten kaum oder gar nicht auf den heimischen Karten begegnet - bisher. Nun hat die Redaktion eine Vielzahl an Reaktionen erreicht, die zeigen: Der Braten ist doch nicht so unbekannt, wie gedacht.

Zum Beispiel: Irene und Oswin Mößner sind gleich persönlich vorbeigekommen. Sie haben den Beweis mit in die Redaktion gebracht: "Vor Weihnachten habe ich das Buch noch durchgeblättert, daran habe ich mich dann erinnert", sagt Oswin Mößner und zeigt das Kochbuch "Kulinarische Streifzüge durch Franken".

Tatsächlich. Auf Seite 120 ist er zu finden, der "Bamberger Krautbraten" und ein schmackhaftes Bild gibt es obendrauf noch dazu.
Doch Oswin Mößner, ein alter Bamberger, muss ansonsten passen: "Ich hab' nie Bamberger Krautbraten gehört oder gegessen." In dem Buch aber hat der 71-Jährige das Rezept gefunden.Auch ein weiterer Leser ist gleich in der Redaktion vorbeigekommen. Er brachte das Buch "Unvergessene Küche" mit. Ein dickes Kochbuch, das ebenso auf Seite 244 den Bamberger Krautbraten ausweist.

Die beiden Rezepte in den Büchern sind nahezu identisch. Weißkohl wird gebraucht, von dem einmal die ganzen Blätter nach dem Blanchieren in eine Form gelegt werden. Der Rest wird kleingeschnitten mit Hackfleisch, einer Zwiebel und mit Schweinefleisch gemischt und angebraten. Ein wenig Kümmel, Salz und Pfeffer kommt hinzu. Das Ganze wird danach schön in die Form geschichtet mit Schweinespeckscheiben belegt und in den Ofen geschoben. Nach 45 Minuten bis einer Stunde (je nach Rezept) soll das Gericht fertig sein. Eine deftige Mahlzeit!

Auch im "Bamberger Topfgucker"

So ähnlich wie hier beschreibt auch Martina Hüllweber ihr Rezept, das sie von ihrer Mutter Gabriele Stark kennt. "Sie hat das Rezept immer gekocht", kann sich die 43-Jährige erinnern. Als 1998 der Bürgerverein Bamberg Mitte unter dem damaligen Vorsitzenden Thomas C. Reiser den "Bamberger Topfgucker" mit den besten Rezepten aus der Bamberger Bevölkerung herausbrachte, hat Martina Hüllweber sich gedacht: Das Rezept muss dabei sein. So lecker fand sie den Braten, der strenggenommen ja gar keiner ist. Ein falscher Braten könnte man in Hinblick auf den berühmten "falschen Hasen" sagen.

Und wo hat nun die Mutter von Martina Hüllweber das Rezept her? "Ich habe immer die ,Menü' bekommen", sagt Gabriele Stark. Das war eine Kochbuch-Reihe, die im Bertelsmann-Verlag erschienen ist. Rund 40 Jahre ist das her. Und in einem dieser Bücher fand sich auch eben der gesuchte Bamberger Krautbraten. "Wir mögen gerne Weißkohl", sagt Gabriele Stark zur Erklärung. Deshalb habe sie das Rezept dann einfach mal ausprobiert. Inzwischen gibt es das Gericht bei ihr mehrmals im Jahr. Dazu Kartoffelklöße - Gabriele Stark sagt: "Wir lieben es!"

Viele andere Leser haben sich per Mail oder Telefon gemeldet, sie alle waren sich sicher: Das Rezept gibt es! Auch das wurde gleich mit Literaturhinweisen aus einschlägigen Kochbüchern belegt. Und das Gericht kommt bei allen an: "Schmeckt übrigens superlecker und ich kann das Nachkochen nur empfehlen. Im übrigen passt es wunderbar in die kalte Jahreszeit", schreibt eine Hobby-Köchin an die Redaktion.

Essen: ein Bamberger Kulturgut

Die Meinung unter den Lesern ist jedenfalls einhellig: Es schmeckt! Georg Lang sieht das insgesamt ganz wohlwollend, dass die Bamberger sich mit regionalem Essen identifizieren. Doch dürfe man nicht dem Glauben aufsitzen, es handle sich um ein altes Rezept, sagt Lang, der Koordinator der Förderinitiative "Alte Bamberger Gemüsesorten" ist.

Die Kochbücher, die die Leser mitgebracht haben, sind alle ungefähr aus dem selben Zeitraum in den 70er Jahren. Das Rezept des "Bamberger Krautbratens" dürfte deshalb noch nicht sonderlich alt sein, vermutet auch Lang. Es erinnert ihn vielmehr an ein anderes berühmtes Gericht: "Die Bamberger Zwiebel wurde in den 60er Jahren erfunden." Lang könnte sich vorstellen, dass auch in dem Zeitraum der Bamberger Krautbraten entstanden ist: "Das war die Zeit, in der man regionale Besonderheiten in der Küche haben wollte", so Georg Lang. Die damals erfundenen Gerichte wie die "Bamberger Zwiebel" zeugen davon.

Aber: "Eine Esskultur kann man in den Rezepten nicht ablesen", sagt er deutlich. Der Gedanke, dass ein Rezept besonders alt sein müsse, sei ohnehin nicht ganz richtig. "Die meisten Rezepte kommen aus der bürgerlichen Küche aus dem 19. Jahrhundert." Frühere Rezepte seien kaum überliefert worden.

"Es gibt eine kulinarische Tradition in Bamberg" - das schon. Es gehe dabei jedoch mehr darum, wie die Bamberger mit dem Kulturgut "Essen" umgegangen sind. Beispielsweise habe man bei Verkehrsmessungen festgestellt, dass auf Bambergs Straßen um die Mittagszeit sehr viel los war. Das deutet darauf hin, dass die Bamberger zum Essen nach Hause gefahren sind, erzählt Lang, der früher mal im Planungsamt gearbeitet hat. Die Art und Weise, wie in der Domstadt mit Essen umgegangen wurde, macht den Unterschied.

Erfindung für den Tourismus?

Als die Rezepte "Bamberger Zwiebel" oder "Bamberger Krautbraten" in den 60er oder 70er Jahren erfunden wurden, sei die Motivation dahinter hauptsächlich wirtschaftlicher Art gewesen. Man wollte damals wohl gerade Touristen locken.

Dass man sich wieder auf regionale Produkte beruft, begrüßt Lang. Es habe sich eine "neue Bewegung" abgezeichnet, deren Anfänge gerade mal 15 Jahre zurückliegen. "Das ist ein Weg in die richtige Richtung."

Gibt es nun aber Verbindungen zwischen dem viel zitierten "Bamberger Krautbraten" und Bamberg? Lang sagt ja. Schließlich wurde der Weißkohl auch in Bamberg angebaut: "Weißkraut war eines der wichtigen Produkte" - neben der birnenförmigen Zwiebel. Leser Oswin Mößner, der mit seiner Frau das Kochbuch in der Redaktion vorbeigebracht hat, sagt als alter Bamberger, dass er noch Wirsing kennt. Das sei auch typisch für Bamberg, bestätigt Georg Lang. Dann aber als Brei serviert und nicht in Streifen geschnitten.

So liebt das Oswin Mößner, gibt er zu. Den Krautbraten hat seine Frau aber auch schon im Visier: "Wir werden ihn probieren und sehen, was rauskommt", sagt Irene Mößner und lacht.


Das Rezept zum "Bamberger Krautbraten" gitb es hier.