Bamberger Ankerzentrum: Stadt fordert "unwiderrufliches Ende"
Autor: Clara Maria Wimmer
Bamberg, Dienstag, 15. Oktober 2024
In Bamberg sorgt das Ankerzentrum regelmäßig für Kontroversen. Die Stadtspitze hat nun erneut die Schließung der umstrittenen Asylunterkunft eingefordert.
Die Stadt Bamberg fordert weiterhin die Schließung des Ankerzentrums. Sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung wird die Einrichtung schon seit einiger Zeit rege diskutiert. Bei einem eigens einberufenen Pressetermin äußerten sich Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) sowie Sozialreferent und Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Bündnis 90/Die Grünen) am Donnerstag (10. Oktober 2024) zur Zukunft der Aufnahmeeinrichtung. Mit deren Ende müsse sich Bamberg neuen Herausforderungen bezüglich der Integration geflüchteter Menschen stellen - auch die künftigen Perspektiven für eine alternative Nutzung der Fläche wurden thematisiert.
Für die Stadt steht fest: Zum Ende des nächsten Jahres soll der Betrieb des Ankerzentrums eingestellt werden. Damit beruft man sich auf die "Gemeinsame Erklärung" von Freistaat und Stadt Bamberg aus dem Jahr 2015, in der die Aufnahmeeinrichtung auf "maximal 10 Jahre" befristet worden sei und mit Ablauf des Jahres 2025 ein "unwiderrufliches Ende" finden müsse. Dass es mit der Schließung der Unterkunft dann keine geflüchteten Menschen mehr in Bamberg geben würde, sei allerdings ein "Missverständnis", so der Oberbürgermeister. Stattdessen erfolge anschließend eine Zuweisung von Asylbewerbern gemäß der sogenannten DVAsyl.
Nach Ankerzentrum-Aus: Oberbürgermeister will "gerechte Verteilung" von Geflüchteten in Bamberg
Die Unterkunft habe eine "gewaltige Belastungsprobe für die Menschen im Umfeld und die gesamte Stadtgesellschaft dargestellt", betont die Stadtspitze. Zeitweise waren im Ankerzentrum rund 3000 Menschen untergebracht, aktuell bewege man sich bei einer Zahl zwischen 1350 und 1500 Personen, erklärt der Oberbürgermeister. Besonders die Menschen im Bamberger Osten hätten seit zehn Jahren die "Hauptverantwortung" für die Migration in Bamberg getragen, so Glüsenkamp. "Alle Beteiligten sind es ihnen schuldig, dass wir das System auf neue Füße stellen". Doch auch für die Menschen im Ankerzentrum sei die Situation ebenfalls schwierig, die bislang "unter sich in einem abgezäunten Bereich" leben müssten, äußert sich der Zweite Bürgermeister zu den Betroffenen.
Video:
Nach der Schließung des Ankerzentrums müsse Bamberg gemäß Verteilung 6,8 Prozent der Geflüchteten in Oberfranken aufnehmen, teilt die Stadtspitze mit. Nach aktuellen Zahlen entspreche das circa 1000 Menschen. Derzeit seien in Bamberg bereits 200 Personen außerhalb des Ankerzentrums untergebracht, sodass etwa 800 zusätzliche Geflüchtete dezentral versorgt werden müssten. Bislang hatte man aufgrund der "Drehscheibenfunktion" des Ankerzentrums keine Integrationsaufgaben erfüllen müssen, sagt Starke. Mit der Schließung ändere sich das: Dann müsste weitere Infrastruktur wie Wohnraum, Schul- und Kita-Plätze, aber auch Sprachkurse, Integrationsangebote sowie der Zugang zu Kultur-, Freizeit- und Sportangeboten geschaffen werden, erläutert der Zweite Bürgermeister.
Um den Raumbedarf zu decken, werde man private sowie städtische Immobilien prüfen. Die Verteilung auf die Stadt werde sich, so der Oberbürgermeister, zwar "nicht konfliktfrei" lösen lassen, allerdings visiere man eine "gerechte Verteilung" an. Dazu appelliert er an die "Solidarität" in der Stadt und hält fest: "Wir werden uns davor hüten, die Hauptlast weiterhin im Bamberger Osten anzusiedeln". Spätestens bis Ende 2025 müsse die dezentrale Unterbringung geregelt sein. Und auch die soziale Infrastruktur brauche Vorbereitung und Koordination, ergänzt Glüsenkamp. Mit der Auflösung des Ankerzentrums wolle man allerdings auch die Stadtentwicklung vorantreiben: Auf den Flächen soll vor allem bezahlbarer Wohnraum entstehen. Das Kaufinteresse sei bereits schriftlich hinterlegt, "wir wollen die Fläche erwerben" und damit der "wachsenden Bevölkerungsentwicklung" gerecht werden.
Ankerzentrum in der Diskussion: Negative Schlagzeilen rund um Diebstähle und Gewalt
Das Bamberger Ankerzentrum ist in der Vergangenheit immer wieder mit negativen Schlagzeilen aufgefallen. Jüngst führte die Spur einer bayernweiten Diebstahl-Serie die ermittelnden Beamten in die Aufnahmeeinrichtung - die Polizei erließ schließlich ganze 17 Haftbefehle. Doch auch in Bamberg selbst ist Ladendiebstahl ein brisantes Thema. Laut einer Studie, die im Sommer dieses Jahres veröffentlicht wurde, ist Bamberg der Diebes-Hotspot in Oberfranken. Vor allem die Lebensmittelhändler in der Nähe des Ankerzentrums berichten demnach von einer vergleichsweise sehr hohen Anzahl an Ladendiebstählen. Ein Markt zieht sogar besonders viele Langfinger an: In diesem Bamberger Edeka wird besonders viel geklaut.
Doch auch durch Gewaltdelikte rückt die Anker-Einrichtung in Bamberg wiederkehrend in den Fokus. Vor einigen Wochen hat es dort eine versuchte Tötung gegeben, drei Tatverdächtige wurden schließlich festgenommen. Bereits im Sommer hatte der Bamberger Polizeichef die Kriminalstatistik für das Jahr 2023 vorgestellt - auch das Thema "Ausländerkriminalität", welches sich explizit auf das Ankerzentrum bezieht, wurde dabei besprochen. Demnach musste man die Einrichtung im vergangenen Jahr regelmäßig anfahren. Gewalttaten seien allerdings kein Schwerpunkt, auch gebe es im Umfeld der AEO "keine signifikante Häufung von Straftaten". Eine überproportional hohe Beteiligung von Zuwanderern gebe es demnach auch explizit nicht bei Sexualdelikten, sondern bei der "niederschwelligen Eigentumskriminalität", sprich bei Diebstählen.