Die Gewobau plant auf ihrem Parkplatz an der Küchelstraße eine neue Wohnanlage. Nachbarn kritisieren die geplante Höhe der Gebäude. Der Stadt halten sie vor, dort eigene Vorgaben zu missachten.
Sie hätten "grundsätzlich nichts gegen eine Bebauung, aber diese", so argumentieren Bettina Popp, Ulrich Vogel, Christine Einwag und Markus Reuber, diese sei "überdimensioniert". Vor allem die Höhe der beiden geplanten Wohnhäuser auf der anderen Seite der Küchelstraße hat ihren Widerstand hervorgerufen.
Mehrere Nachbarn aus dem Viertel unterstützen inzwischen den Protest der beiden Familien und fordern die Stadt und die Bauherrin auf, die Planung zu reduzieren. In Alt-Bürgermeister Rudolf Grafberger und seiner Frau Hannelore haben sie stadtbekannte Mitstreiter.
Der frühere CSU-Politiker scheut sich nicht, von einem Gewinnmaximierungs-Streben der Gewobau zu sprechen und der Stadt zu unterstellen, sie würde Lobbyisten auf Kosten Dritter entgegen kommen.
Grafberger stellt einen Zusammenhang her zwischen dem Gewobau-Vorhaben "Augustenhof" und den Gedankenspielen im Rathaus, Wohnhäuser auf dem Konversionsgelände abzubrechen. Lieber solle man die US-Bauten stehen lassen und die Neubauten an der Küchelstraße reduzieren, findet er.
4000 Quadratmeter im Zentrum Den "Augustenhof" wird die Gewobau auf ihrem Parkplatz realisieren. Das ist ein rund 4000 Quadratmeter großes Areal zwischen Wilhelmsplatz und Main-Donau-Kanal, Augustenstraße und Amalienstraße. Die Zufahrt erfolgt jetzt und auch künftig über die schmale Küchelstraße, die bislang nur auf der östlichen Seite mit zweige
schossigen Reihenhäusern bebaut ist.
Das Vorhaben besteht aus zwei viergeschossigen Gebäuden mit 28 Wohnungen unter Flachdächern.
Wenn es nach den protestierenden Anwohnern geht, soll der Bauherr jeweils auf das oberste Stockwerk verzichten.
Das Ansinnen weist Gewobau-Vorstandsmitglied Georg Neuberger aus zweierlei Gründen zurück. Erstens, so sagt er, wäre das Projekt dann nicht mehr wirtschaftlich. Zweitens seien die Penthaus-Wohnungen in Absprache mit der städtischen Bauverwaltung und eigens zurückgesetzt geplant worden. Dreigeschossige Gebäude mit Satteldach würden den Anwohnern mehr Sonne und Licht wegnehmen, betont er.
Das zu glauben fällt den Nachbarn schwer. Sie fürchten, dass ihre Häuser von den viergeschossigen Baukörpern in den Schatten gestellt werden.
Von Stadtverwaltung und Stadträten erwarten sie, dass sie die Gewobau-Planung nicht so absegnet, wie sie jüngst in der öffentlichen Auslegung einzusehen war.
Es wäre ihrer Meinung nach auch ein klarer Widerspruch zum "städtebaulich denkmalpflegerischen Rahmenplan für das Haingebiet", den der Stadtrat 2013 verabschiedet hat.
Darin heißt es für genau dieses Areal: "Auf der Westseite steht ein repräsentatives, ortsbildprägendes Fabrikgebäude des Historismus, dessen Traufhöhe von einer zu errichtenden Neubebauung auf keinen Fall überschritten werden sollte."
Laut Bettina Popp und Ulrich Vogel aus der Küchelstraße ignoriert der Entwurf diese Vorgabe, würden die Penthäuser diese Marke überschreiten. Die Diplom-Ingenieurin und der Architekt brachten zum Ortstermin mit dem FT eine Skizze mit, die diesen Vorwurf erhärtet.
Markus Reuber warnt außerdem vor Folgen über das Viertel hinaus, falls die Kommune bei erster Gelegenheit den eigenen Rahmenplan übergehen würde: "Hier sind wir unmittelbar betroffen, aber das
ganze Haingebiet mittelbar."
Übergeht die städtische Bauverwaltung beim "Augustenhof"-Projekt ein Gutachten, das sie selbst in Auftrag gegeben hat, um neue Bausünden im Hain vermeiden zu können? Baureferent Thomas Beese verneint die Frage. Er räumt aber ein, dass die geplanten Flachdächer im "Augustenhof" nicht dem städtebaulich denkmalpflegerischen Rahmenplan entsprechen.
Darin werden Sattel- und Mansarddächer empfohlen, wie sie in der Umgebung üblich sind. Die Abweichung hält er im Interesse der Nachbarn für gerechtfertigt. Auch er versichert: Die Flachdächer würden ihnen weniger Licht wegnehmen.
Laut Beese hat die Architektin der Gewobau den "Augustenhof" seit 2012 mehrfach umgeplant, nicht zuletzt auf Einsprüche von Nachbarn hin. Die Dachform sei mittlerweile der einzige Punkt, der dem Rahmenplan nicht entspreche.
Was die Höhe der geplanten Gebäude angeht, sieht der Baureferent keinen Widerspruch: Sie orientiere sich zurecht an den Bauwerken auf der selben Straßenseite und nicht an der niedrigeren Bebauung gegenüber. Das sei städtebaulich geboten.
Ehe das Projekt im Herbst wieder in den Bausenat kommt, wird es voraussichtlich noch im Stadtgestaltungsbeirat diskutiert. Die Bauherrin müsste diesen Schritt nicht mehr tun, betont Beese. Er habe ihr aber empfohlen, die Planung freiwillig von dem Expertengremium beurteilen zu lassen.
Die Genossenschaft möchte laut Neuberger nächstes Jahr mit dem Bau anfangen. Die 28 Einheiten werden angeblich nicht verkauft, sondern sollen den Gewobau-Bestand von derzeit 1400 Mietwohnungen erweitern.
Die Stadt Bamberg hat sich selbst verpflichtet, ihre Politik und Entwicklung nach den Erfordernissen zukunftsorientierten Klimaschutzes auszurichten. Nur ist es bei diesem Allgemeinplatz geblieben. Denn bislang ist an keiner Stelle erkennbar, welche konkreten Maßnahmen dem erklärten Ziel dienen sollen.
Diese Bewertung gilt auch und in voller Gänze der Bauleitplanung. Das hier beschriebene Projekt gliedert sich nahtlos ein: Abgesehen von der durch Dachbegrünung bewirkten Abflußverzögerung gibt es keinerlei Vorgaben zum Umgang mit Niederschlagswasser. Zur Nutzung oder gar Gewinnung regenerativer Energie fehlt jegliche Aussage. Den Vogel schießt die verkehrliche Erschließung ab:
Bahnhof und Innenstadt liegen nahebei, ebenso wichtige Versorgungseinrichtungen. Die Bedienung durch den Linienbus ist gegeben. Der Umweltverbund, die intelligente Vernetzung der verträglichen Verkehrsarten Gehen, Radfahren, Bahn und Bus, könnte also einen Teil des nötigen Mobilitätsangebotes übernehmen. Dennoch sahen schon die bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung ausgelegten Unterlagen mindestens (!) einen Pkw-Stellplatz je Wohneinheit vor. Qualifizierte (!) Vorgaben für die Unterbringung von Fahrrädern hingegen, obwohl von der Bayerischen Bauordnung seit Jahren verlangt, fehlten.
Inzwischen wurde die Zahl der Tiefgaragenplätze um fast 50 % erhöht, doch noch immer ist von mindestens einem Stellplatz je Wohneinheit die Rede - mathematisch zwar korrekt, inhaltlich indes klare Irreführung. Bezüglich der Fahrradstellplätze hat sich nichts verbessert, obgleich dies ein wesentliches Kriterium für häufigere Nutzung ist. Nicht zu vergessen: Je mehr Autostellplätze, desto höher steigen die Kosten des Vorhabens - auch von den späteren Bewohnern mitzutragen, die kein eigenes Kraftfahrzeug einzustellen haben.
Bamberg bleibt, wie es war: Hehre Ziele, hohle Sprüche, keine Taten. Ihr Einsatz, Herr Oberbürgermeister?
So langsam fragt man sich, nach welchen Kriterien langfristig geplant werden soll. Das Argument mit dem Abriss von Wohnungen im Osten ist nicht von der Hand zu weisen. Die Abrissbirne sollte man lieber im Bausenat verwenden.
Aber bei solch einem Baureferenten wundert schon jetzt nix mehr. Wird er von der Bauwirtschaft oder von Einwohnern bezahlt und gefüttert?