Alle zwei Jahre schlüpft ein anderes Mädchen in die Rolle des Bamberger Christkinds. Dieses Mal ist es die zehnjährige Lynn aus Oberhaid. Ein Einblick.
Ihren kleinen Bruder hat sie schon überzeugt. Samuel ist von seiner Schwester Lynn begeistert. So sehr, dass er große Wünsche an sie hat - der Dreijährige schnappt sich einen Katalog und macht Lynn deutlich, dass er gerne das Feuerwehrauto zu Weihnachten haben will. Wenn seine Schwester nicht der richtige Adressat für solch einen Wunsch ist, wer dann?
Lynn ist schließlich das diesjährige Bamberger Christkind. Die Zehnjährige aus Oberhaid besucht eigentlich die fünfte Klasse der Maria-Ward-Schule. Ihre Mitschüler finden gut, was sie macht. Aber in ihrem Kleid mit den Flügeln haben die Klassenkameraden sie noch nicht gesehen. Denn erst nach der Schule findet die Verwandlung statt.
Die Flügel sind zu groß
Wenn Lynn von ihrer Mutter Ute Osorio zu ihrem "Einsatzort" gefahren wird, dann hat sie ihr weißes Kleid und den Mantel schon an. Nur die mit Federn verzierten Flügeln kann sie im Auto nicht tragen, "die sind zu groß", sagt sie. Erst wenn Lynn ankommt, schnallt sie die Flügel auf den Rücken.
Das Christkind tritt bei allen möglichen Weihnachtsfeiern auf: bei Sportvereinen, im Kinderklinikum oder in Seniorenheimen wie bei der Awo in der Gartenstadt. Dort organisiert das Deutsche Sozialwerk (DSW) die Feier für die Senioren. Leute wie Annerose Ackermann vom DSW helfen Lynn bei ihren Auftritten, stellen das Christkind vor und halten das Mikrofon. Die Mama bleibt dann im Hintergrund.
Lynn trägt Weihnachtsgedichte vor und erzählt eine Geschichte. Das steht alles in dem goldenen Buch, das sie ständig dabei hat. Wobei: Das braucht sie gar nicht mehr unbedingt - sie kann das meiste nach einigen Auftritten ohnehin schon fast auswendig.
Gut 25 Termine haben Lynn und ihre Mutter vom 23. November bis zum 22. Dezember zu absolvieren. "Mehr wäre heftig, aber so ist es okay", sagt die Mama. Lynn hat nicht nur den Weihnachtsmarkt in Bamberg eröffnet, sondern auch den in Breitengüßbach - einige Kilometer ist sie mit ihrer Mutter auf der Straße unterwegs.
Lynn strahlt
Der Aufwand ist schon groß: Jeden Abend flechtet Ute Osorio die langen Haare ihrer Tochter, fast jeden Tag heißt es nach der Schule umziehen, ins Auto steigen, Flügel aufsetzen und Auftritt! Doch die Freude, wenn die Menschen sie sehen, macht alles wieder wett: "Das ist das Schönste, wenn sich die Leute freuen, dass sie kommt", sagt ihre Mutter. Lynn strahlt dann auch.
Das Strahlen hat auch die Jury überzeugt, die Lynn zum Bamberger Christkind gewählt hat. Und das will was heißen: Alle zwei Jahre bewirbt sich eine Vielzahl an Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren beim Stadtmarketing. Am Ende bleiben rund 30 Bewerberinnen, die sich in einem Casting stellen.
Das war bei Lynn auch so. Sie hat gleich alle begeistert, weil sie so offen auf die Leute zugehen kann. Und weil sie riesig Spaß hat. "Sie ist richtig geschwebt, als sie erfahren hat, dass sie zum Christkind gewählt wurde", sagt ihre Mama. Die Mädchen freuen sich über die Möglichkeit, einmal Christkind zu sein. Und für das Stadtmarketing ist es eine gute Gelegenheit, für die "Weihnachtsstadt Bamberg" zu werben, wie Angela Beck vom Stadtmarketing sagt.
Lynn hat ihr erstes Jahr als Christkind so viel Spaß gemacht, dass sie sich auch für die Familie noch einmal verwandeln will, zumindest überlegt sie sich, das weiße Kleid noch einmal anzuziehen und die Flügel aufzusetzen, damit ihre Oma in Herzogenaurach sie auch mal als Christkind sieht. Ob sie das macht, weiß Lynn noch nicht genau. Ihr kleiner Bruder aber würde sich sicher darüber freuen. Wenn das Christkind dann noch das passende Geschenk dabei hätte, wäre Weihnachten perfekt! Und das Christkind selbst?
Das wünscht sich eine Boshi-Mütze, wie zu erfahren war. Die muss die Mama noch fertig häkeln. Aber das wird sicher auch noch klappen.