Leerstehendes Atrium in Bamberg: Wie in einem Horrorfilm

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Was verbirgt sich hinter den spiegelnden, leeren Schaufenstern und den alten Werbeplakaten? Foto: Sebastian Schanz
Was verbirgt sich hinter den spiegelnden, leeren Schaufenstern und den alten Werbeplakaten?  Foto: Sebastian Schanz
Foto: Sebastian Schanz
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Foto: Sebastian Schanz
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Foto: Sebastian Schanz
Foto: Sebastian Schanz
 
Foto: Sebastian Schanz
Foto: Sebastian Schanz
 
Foto: Sebastian Schanz
Foto: Sebastian Schanz
 
Foto: Sebastian Schanz
Foto: Sebastian Schanz
 
Ein Foto aus dem Jahr 2013. Foto: Steffen Schanz
Ein Foto aus dem Jahr 2013. Foto: Steffen Schanz
 
Ein Foto aus dem Jahr 2013. Foto: Steffen Schanz
Ein Foto aus dem Jahr 2013. Foto: Steffen Schanz
 

Kinogänger führt der Weg durch das Bamberger Geisterkaufhaus namens Atrium. Für Cinestar ist die Situation eine Belastung. Der Theaterleiter hofft, dass die positiv klingenden Pläne für das Areal bald umgesetzt werden.

Die menschenleeren Gänge des Atriums spiegeln sich in seinen dunklen Schaufenstern, wie die unheilvolle Parallelwelt in einem Stephen-King-Film. Alles hier wirkt wie aus der Feder des Horrormeisters: Die Rolltreppe steht still. Das Kinderlachen ist verstummt - der Spielzeugladen längst geschlossen. Ein kalter Luftzug weht ganz buchstäblich durch das verlassene Gebäude, als irgendwo eine Tür geöffnet wird. Entfernte Schritte hallen durchs Treppenhaus.

Eine junge Frau beschleunigt ihren Gang und drückt sich das Handy ans Ohr, als sie in Richtung Parkhaus hastet, vorbei an einem ehemaligen Modegeschäft. Das Gesicht eines Mannes blickt ernst von einem zurückgelassenen Werbeplakat, als wüsste er, was sich hinter den schwarzen Vorhängen verbirgt, die den Blick ins Ladeninnere versperren.

Geisterstimmung im ehemaligen Kaufhaus am Bahnhof in Bamberg

Weiter in Richtung der großen Halle, dort wo einst ein Clown seinen Schabernack trieb, wo zwei Wassersäulen in einen Brunnen sprudelten und an Weihnachten der großer Christbaum leuchtete, blockiert eine Stellwand aus Sperrholz den Weg. Sackgasse.

Grüne Tafeln weisen in Richtung Notausgang. Die Toiletten sind verschlossen. Vom Treppenhaus dringt leise Musik herunter. Eine helle Frauenstimme. "Papa don't preach - I'm in trouble deep." Madonna!

Der Stimme folgend sind es ausgerechnet vier Monster, die auf ein Happy End hoffen lassen: ein riesiger Wolf, ein riesiger Gorilla, ein riesiges Krokodil - und ein riesiger Dwayne Johnson. "The Rock" in "Rampage - Big meets bigger".

An der Kinokasse wird klar: Wer hier angekommen ist, kann durchatmen - er hat den gruseligsten Teil des Abends bereits hinter sich gebracht. Egal, für welchen Horrorfilm er Karten kauft.

"Manche Kunden haben schon erzählt, sie hätten sich nicht gewundert, wenn im Atrium in den Gängen von irgendwoher plötzlich ein Zombie aufgetaucht wäre", sagt Sebastian Schöpplein und lacht. Der neue Theaterleiter im Cinestar weiß um die Belastung, die von dem Leerstand ausgeht und bedankt sich bei seinen Kinogängern, "die uns trotz des Leerstandes im Gebäudekomplex insgesamt die Treue gehalten haben".

Popcorngeruch. Plakate und Bildschirme: Im neuen Film "Creed II" kämpft Rocky Balboas Schützling gegen den Sohn Ivan Dragos. Im Atrium kämpft Sebastian Schöpplein gegen die Tristesse in den Schaufenstern an. "Wir haben uns selbstverständlich intensiv darum bemüht, unsere Gäste durch ein attraktives Programm an uns zu binden", sagt der 33-Jährige.

Der Theaterleiter hofft auf ein baldiges Happy End. "Lichtblick am Bahnhofshimmel", hat Oberbürgermeister Andreas Starke das Projekt betitelt. Ein Hotel mit 160 Zimmern, dazu 70 so genannte Serviceappartements: 60 Millionen Euro will sich Investor Eyemaxx die Neugestaltung des Atriums kosten lassen.

Konzept soll gelingen

"Die uns vorgestellte Lösung erscheint uns schlüssig und stellt eine deutliche Verbesserung der vorhergehenden Planung dar", erklärt Schöpplein. Insbesondere die Ansiedlung eines Hotels sehen er und die Konzernleitung positiv. "Für uns ist wichtig, dass unsere Gäste das Kino vom Parkhaus aus weiterhin ohne Einschränkungen erreichen können." Dies sei vom Vermieter ebenfalls berücksichtigt. "Von der Wiederbelebung des Standortes wird auch das Kino profitieren", sagt Schöpplein.

Wie weit ist die Handlung fortgeschritten? "Der nächste Verfahrensschritt ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan, der muss im Bausenat beraten werden", antwortet Stadtsprecher Steffen Schützwohl. Im Frühjahr soll das geschehen. Im Hintergrund würden die Unterlagen vorbereitet.

"Wir hatten bisher noch keine Gelegenheit, unsere künftigen Mitmieter kennen zu lernen", sagt Schöpplein. "Sicher werden alle Beteiligten ein großes Interesse am Gelingen des neuen Konzeptes haben. Insofern wird es sicherlich auch enge Abstimmungen zwischen allen Mietern geben."

Welche Pläne gibt es für das Bamberger Kino unter der neuen Betreiber-Kette "Vue"? "Derzeit findet der Übergang unseres Kinounternehmens auf den neuen Eigentümer statt", erklärt Sandra von Zabiensky aus dem Marketing für Cinestar. "Dessen Pläne sind uns noch nicht bekannt, doch handelt es sich um einen ausgewiesenen Kinoprofi, zu dem auch die deutsche Cinemaxx-Gruppe gehört. Wir sind uns sicher, dass dies auch positive Auswirkungen auf unseren Standort in Bamberg haben wird."

Der Kinogänger stopft sich eine letzte Hand voll Popcorn in den Mund, schlürft seine Cola aus und verlässt den Saal. Der Horrorfilm ist zu Ende. Fortsetzung folgt - auf dem Nachhauseweg über die stillstehende Rolltreppe, durch lange Gänge im Neonlicht, durch die Schiebetür ins Parkhaus und hinaus in die Nacht.

Kommentar des Autors:

Nur Kinder der 80er können nachempfinden, welchen Stellenwert das Atrium zu seinen Glanzzeiten hatte. Wie das Harrods, Galeries Lafayette und Macy's in einem - mindestens. Allein der Obletter-Spielzeugladen war wie ein Schlaraffenland, ein magischer Anziehungspunkt. Bis in die Jugend hinein. Oben gab es günstige Schuhe, unten einen teuren Jeansladen - dort angekommen war das Budget allerdings regelmäßig schon aufgebraucht. Immerhin musste man ein paar Mark übriglassen, für den Chinesen, der auf seinen spektakulären Wärmeplatten weltweit einzigartige "Schweinebällchen" kredenzt hat. Doch nach und nach wurden die Geschäfte ramschiger und die Gänge leerer. Bis hin zum heutigen Zustand, der an ein Katastrophengebiet nach dem Einschlag der Neutronenbombe erinnert. Neue Investoren sollten hier etwas neues wagen - denn an alte Glanzzeiten des Bamberger Harrods anzuknüpfen, ist absolut unmöglich.