Die Bamberger haben entschieden und elf Stadträte abgewählt. Klaus Gallenz, seit 1986 für die CSU dabei, hat es erwischt. Auch Monika Bieber (SPD) und Peter Röckelein (CSU). Ein Schicksal, viele Ursachen.
Vor einer Woche ist zur Gewissheit geworden, was Monika Bieber gar nicht zu denken gewagt hatte. Die 61-Jährige saß seit 1990 für die SPD im Bamberger Stadtrat, hat sich in den einzelnen Senaten aufgerieben. Und jetzt? Ist auf einmal alles vorbei. "Nach der Wahl war ich erst einmal erstarrt", sagt die Deutsch- und Französischlehrerin. Monika Bieber ist von den Wählern abgestraft worden. Mit 5668 Stimmen ist sie gerade mal zweite Nachrückerin auf der SPD-Liste. Vor ihr kommt noch Armin Andres, der ebenso die direkte Wiederwahl verpasst hat. Für Bieber heißt das: Sie ist nach 24 Jahren nicht mehr im Stadtrat.
Insel des Nichtwählens "Ich kann mir nicht erklären, woran es gelegen hat", sagt sie. Bei der Wahl 2008 hat Bieber noch 8214 Stimmen für die SPD geholt, allerdings stand sie auf Listenplatz 2, nun startete sie auf Platz 6 - und stürzte ab.
Kann das ein Grund sein? Das glaubt Monika Bieber nicht. "Die Kandidaten in der Liste vor mir wurden gewählt, die nach mir auch." Es sei eine Insel des Nichtwählens gebildet worden. Sie war darauf. Und bleibt ratlos zurück, warum ausgerechnet sie darauf war.
War Teamgedanke falsch? Doch ist sie nicht allein auf ihrer Insel. Neben denen, die nicht mehr angetreten sind, wurden zehn weitere Stadträte nicht mehr in das Gremium gewählt. Darunter auch Peter Röckelein von der CSU. Ein geschätzter Kollege im Bausenat, findet SPD-Frau Bieber. Auch ihn hat es erwischt.
"Mit Sicherheit hat man die Hoffnung, dass man wieder reinkommt", sagt Röckelein. Das hat nicht geklappt. Der 64-Jährige hat sein Ergebnis von 2008 mit 8290 Stimmen nicht halten können und ist auf 6052 Stimmen abgerutscht.
Im Gegensatz zu Monika Bieber hat der Vorsitzende des 3500 Mitglieder starken MTV Bamberg jedoch eine Analyse parat: "Das sind die Ergebnisse einer Strategie, gegen die ich mich nicht gewehrt habe", sagt Röckelein. Die CSU habe im Wahlkampf auf den Teamgedanken gesetzt. Und da Röckelein sich auch gerne als Mannschaftsspieler präsentiert, sei seine Person zu sehr in den Hintergrund geraten. Er vermutet, die Wähler hätten gedacht: Der will gar nicht mehr.
"Ich habe persönliche Fehler gemacht, habe mich weit zurückfallen lassen auf Platz 20", sagt Röckelein. Auf dem Listenplatz sei es fast ausweglos gewesen, da er auch kaum für seine Person geworben habe. Ganz anders sei das bei Franz-Wilhelm Heller (Platz 23) oder Michael Kalb (22) gewesen: Beide seien von hinteren Plätzen gerade durch persönlichere Wahlwerbung in den Stadtrat eingezogen.
Röckelein betont, dass er keinem böse sei.
Dennoch. "Ich hätte aufgrund meiner Kompetenz sagen sollen: Unter Listenplatz 15 mache ich es nicht." Er wollte mit dem "Team Gaustadt" gewinnen: "Doch das ist falsch. Der Bürger will ein Gesicht, dahinter einen Namen und ein Programm."
Stimmenrbinger für CSU Auch Klaus Gallenz, der seit 28 Jahren im Stadtrat sitzt, wurde abgewählt. "Ich hätte mich gefreut, wenn es geklappt hätte, aber jetzt bin ich nicht traurig", sagt der 71-Jährige. Er hatte sich mit Listenplatz 21 zufrieden gegeben, da er für jüngere Kandidaten Platz machen und der CSU noch ein paar Stimmen bringen wollte, sagt er.
Sein Ehrgeiz war 2008 noch etwas ausgeprägter. Damals war Gallenz für die CSU auf Listenplatz 4 ins Rennen gegangen und hatte mehr Stimmen geholt als Gastronom You Xie, der bei der jüngsten Wahl mit 10 621 Stimmen stärkster CSU-Mann wurde.
Klaus Gallenz hatte vor sechs Jahren über 10 800 Stimmen, somit das fünftbeste Ergebnis seiner Partei erzielt. Am stärksten waren damals Melanie Huml und Werner Hipelius (beide über 17 000 Stimmen) - davon ist die CSU heute weit entfernt.
Gallenz ist nun auf 7603 Stimmen gefallen und hat den Sprung ins Gremium um 42 Stimmen verpasst. Ihm bleibt nur der erste Nachrückerplatz. Er sehe das locker: "Wir haben einen guten Wahlkampf geführt", findet er. Er denkt, im Gegensatz zu Röckelein, dass die CSU-Strategie richtig war. Dennoch: "Es wäre sicherlich gut, wenn wir mehr Plätze bekommen hätten." Das habe aber nicht an der Stimmanzahl gelegen, sondern am Sitzverteilungverfahren nach Hare-Niemeyer, das die kleineren Gruppen bevorzuge.
Wechsler schaffen es nicht Die Stadträte, die in den vergangenen sechs Jahren zu den etablierten Parteien wechselten, hatten keine Chance, ihren Sitz zu halten. Barbara Blecha, Christina Keidel und Eddy Weiß wurden 2008 für den Bürger-Block gewählt. Weiß reichten seine 4000 Stimmen vergangene Woche nicht, um für seine neue Partei, die SPD, in den Stadtrat einzuziehen. Mit der Stimmanzahl war ihm das 2008 noch für den BBB gelungen.
Ebenso scheiterten Blecha und Keidel, die inzwischen beide bei der CSU sind. Auch Gaby Seidl, die aus der FDP in die CSU wechselte, ist nicht mehr dabei. Zwar holte sie über 2000 Stimmen mehr als 2008, dennoch reichte es ihr nicht für einen Platz in der CSU-Fraktion.
Auch Andreas Reuß ist nicht mehr gewählt worden.
In einem Brief an seine Kollegen schreibt er: "Wir ausscheidende Stadträte sollten uns nicht zurückziehen... Wir sollten kreativ sein, in Ehrenämtern bleiben oder uns neue suchen..." Es kann auch anders kommen: Reuß ist Nachrücker, vielleicht sitzt er bald wieder für die GAL im Stadtrat.
Unwahrscheinlich ist das nicht: Thomas Fischer und Detlev Hohmuth rückten beide für verstorbene SPD-Mitglieder innerhalb der vergangenen sechs Jahre in den Stadtrat nach. Doch das wird ihnen nicht mehr gelingen. Zu schlecht haben sie bei den jüngsten Stadtratswahlen abgeschnitten: Sie sind jetzt nur noch Nachrücker Nummer 6 und Nummer 8.
Die Elf Stadträte, die nicht mehr gewählt wurden:CSUKlaus Gallenz
Barbara Blecha
Gabriele Seidl
Peter Röckelein
Christina Keidel
SPDThomas Fischer
Armin Andres
Monika Bieber
Detlev Hohmuth
Eddy Weiß
GALAndreas Reuß
Daß die CSU ein Fünftel ihrer Ratsmandate verloren hat, "habe aber nicht an der Stimmanzahl gelegen, sondern am Sitzverteilungverfahren nach Hare-Niemeyer, das die kleineren Gruppen bevorzuge", meint Ex-Ratsherr Gallenz in völliger Verkennung der Tatsachen.
Nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren hätte die CSU einen Sitz mehr erhalten, nicht drei. Aber nicht Hare-Niemeyer bevorzugt kleinere Gruppen. Vielmehr bildet dieses Verfahren den Wählerwillen so genau wie möglich ab. D'Hondt hingegen verzerrt ihn zu Gunsten der Großen.
"Wir haben einen guten Wahlkampf geführt", meint Herr Gallenz zudem. Richtig ist: Statt eine zielgerichtete, wertorientierte, gute Politik betrieben und präsentiert zu haben, glaubte die Bamberger CSU, mittels aufwendiger Materialschlacht punkten zu können.
Solange die Selbsterkenntnis fehlt, wird es keinen Neuanfang geben.
Ich habe mir in letzter Zeit, vor allem wegen der Konversion, einige Stadtratssitzungen angetan. Wenn dies
mehr unserer Bürger sich antun würden, wären nicht mehr viele aus der alten Garde gewählt worden.
....und wehklagen bricht aus, ob derer die gar nicht und derer die nicht mehr gewählt worden sind. dabei hat der bamberger wähler, wenn auch nicht ganz konsequent nur für eine verjüngung des rates gesorgt und dem umstand rechnung getragen, dass der stadtrat oberstes verwaltungsorgan der kommune, nicht jedoch weiterer versammlungsplatz örtlicher vereinsvorstandschaften ist. was den gebetsmühlenartig vorgetragenen neuanfang anbelangt, sollten manche in sich gehen und sich die frage stellen, ob es gar besser ist, den sitz nicht anzunehmen, aber wir werden einige davon wohl als fraktionsvorsitzende und zweiten bürgermeister wieder sehen, was für sich betrachtet, für jeden von ihnen auch einen neuanfang darstellt
Respekt denen die nicht mehr antraten.
Einige der abgewählten Kandidaten haben aber nun endlich wieder die Zeit sich ihrer eigentlicher Arbeit zu widmen, ohne dass diese aufgrund von Stadtratsitzungen zu kurz kommt.....