53-jähriger Tierquäler aus Bischberg muss in die Psychiatrie

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Das Stachelhalsband mit angeschliffenen Spitzen. Foto: Glössner-Möschk
Das Stachelhalsband mit angeschliffenen Spitzen. Foto: Glössner-Möschk

Ein Mann aus Bischberg, der Menschen verletzt und seinen Hund mit einem Stachelhalsband malträtiert hat, ist nach Aussage des psychiatrischen Gutachters schuldunfähig. Während der Hauptverhandlung hat er im Gerichtssaal gefrühstückt. Bei den Plädoyers schlief er ein.

Hätte es noch eines letzten Beweises für seine schwere Demenz gebraucht, Roland M. (Name von der Redaktion geändert) hätte ihn am Ende der Hauptverhandlung geliefert: Der wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, Körperverletzung und anderer Delikte angeklagte 53 Jahre alte Bischberger schlief während der Plädoyers einfach ein.

Tätliche Angriffe auf Pfleger

Später zwar im Stehen, äußerlich aber weiterhin reglos, nahm er am Ende das vom Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt verkündete Urteil entgegen: Nach Paragraph 63 des Strafgesetzbuches wird er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, weil er die ihm zur Last gelegten Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat. Zumindest gilt das für alle Delikte, die im Jahr 2013 passiert sind: Das sind mehrere tätliche Angriffe auf Pfleger in der Psychiatrie, in die der Mann nach seiner Verhaftung im Januar 2013 eingewiesen worden war.

Bei allen anderen Taten seit Mitte 2011 kann die Schuldunfähigkeit zumindest nicht ausgeschlossen werden.
Einer der gravierendsten Fälle war im Sommer 2012 der Angriff auf einen 13-Jährigen. Tatort war ein Hundeplatz im Landkreis Bamberg. Aus heiterem Himmel hatte M. den ihm völlig unbekannten Jungen am Kinn gepackt und geschlagen. Später kam er noch einmal zurück, nahm ihn in den Schwitzkasten, zerrte ihn zu seinem Auto und schickte sich an, ihn zu seinen wild kläffenden und Zähne fletschenden Schäferhunden auf den Anhänger zu schieben.

Noch heute geschockt

Der Bub und seine Mutter, die gestern als Zeugen vernommen worden sind, stehen immer noch unter dem Eindruck dieser völlig unverständlichen Tat, die sie stark geängstigt hat und die sie bei der Polizei angezeigt haben.

Seine Nachbarn tyrannisierte der Mann, indem er monatelang Nägel und Schrauben unter die Reifen geparkter Autos legte. Einer der Nachbarn musste fünf Reifen reparieren lassen. In mindestens zwölf Fällen wurden die Nägel rechtzeitig entdeckt. Die Richter werteten diese Fälle als (versuchte) Sachbeschädigungen, weil nicht klar ist, ob Roland M. die möglichen Gefahren seines Handeln zu diesem Zeitpunkt noch abschätzen konnte. Dass er derjenige war, der die Nägel unter die Reifen gelegt hat, steht dank DNA-Analysen zweifelsfrei fest.

Eine weitere schwerwiegende Tat war ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz: Roland M. hatte seinen zwei Jahre alten Schäferhundrüden Eddy über Wochen hinweg mit einem Stachelhalsband malträtiert, dessen nach innen gerichtete Spitzen scharf angeschliffen waren.

Noch während der Beweisaufnahme, als Richter Manfred Schmidt die Ergebnisse der DNA-Analysen und den Auszug aus dem Bundeszentralregister vorlas - M. ist bis auf eine Trunkenheitsfahrt im Jahre 2009 nie straffällig in Erscheinung getreten - , packte er in aller Ruhe ein Orangengetränk aus, stach den Strohhalm in die Folie, verspeiste leise und bedächtig ein belegtes Brötchen und aß einen Schokoriegel. In Anbetracht des gesundheitlichen Zustandes ließ die Kammer den Mann gewähren.

Jörg Groß, psychiatrischer Gutachter aus Würzburg, wunderte sich über dieses Verhalten nicht. Er geht bei Roland M. von einer Demenz des Alzheimertyps aus. Groß betonte, dass demenzielle Erkrankungen nicht nur, wie von Laien oft angenommen, den Gedächtnisverlust zur Folge haben, sondern durchaus die Steuerung des Verhaltens beeinträchtigen.

Besserung ausgeschlossen

M. zeige ein völlig unkontrolliertes aggressives Verhalten, das sich sowohl gegen andere Menschen als auch gegen ihn selbst richte. Weil er keine Einsichtsfähigkeit besitze, sei er gefährlich für sich und die Allgemeinheit - zumindest solange, bis seine körperlichen Kräfte nachlassen. Möglich sei, dass der heutige Status noch länger so bleibe. Möglich sei aber auch, dass sich der Zustand rasch verschlechtere bis hin zur Bettlägerigkeit. Eine Besserung schließt der Gutachter auf jeden Fall aus.

Noch vor wenigen Jahren scheint das Leben von Roland M. in geordneten bürgerlichen Bahnen verlaufen zu sein: Er war ein guter Schüler, machte eine Berufsausbildung, hatte Frau, Kinder und ein Haus sowie einen guten Arbeitsplatz, den er aus nicht bekannt gewordenen Gründen verloren hat. Das konnte der Gutachter bei seinem ersten Gespräch mit Roland M. im März 2013 herausbekommen. Obwohl er schon damals verhaltensauffällig gewesen sei, habe man noch mit ihm sprechen können. Seitdem hat sich M. laut Groß massiv verändert und enorm abgebaut.

Das Fazit des Psychiaters: "Die Notwendigkeit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung ist derzeit gegeben." Gleichzeitig bedauerte er, dass es keine speziellen geronto-forensischen Einrichtungen für Straftäter mit M.s Krankheitsbild gibt. Deshalb gebe es zum Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus keine Alternative.

In ihren Plädoyers waren Staatsanwalt Thomas Förster und Rechtsanwalt Jörg Händler zum gleichen Ergebnis gelangt, und die Kammer sprach das entsprechende Urteil.