Ein ungewöhnliches Bild, das sich im Gebäude des Oberlandesgerichts Bamberg bietet: Im Sitzungssaal verhandeln statt Richtern, Verteidigern oder Angeklagten 18 Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren und probieren sich im Namen der Justiz. Da wird dann schon mal ein Zeuge verurteilt und nicht der Angeklagte.
Die Kinder stören sich nicht daran, sie wollen alle auf dem Richterstuhl Platz nehmen und die schwarze Robe tragen.
Die Betreuung ihrer Kinder am schulfreien Buß- und Bettag ist für viele berufstätige Eltern eine Herausforderung. Das Oberlandesgericht Bamberg kommt seinen Mitarbeitern mit einem Kindertag entgegen.
So fröhlich wie am ersten Kindertag wird es wohl noch nie zugegangen sein im Oberlandesgericht Bamberg. Und die Kleinen wissen auch schon eine Menge über die Arbeit in einem Gericht, schließlich ist mindestens eines ihrer Elternteile für die Justiz tätig. Am Buß- und Bettag hatte der Nachwuchs dann die Möglichkeit, zu sehen, in was für einem Umfeld Mama oder Papa eigentlich arbeiten, und zwar im Rahmen des Kindertages, der vom Oberlandesgericht organisiert wurde.
Die Idee hinter der Aktion ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aktiv zu fördern. Da am Buß- und Bettag die Schulen geschlossen bleiben, haben viele berufstätige Eltern Schwierigkeiten Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu finden und müssen sich unter Umständen frei nehmen. Der Kindertag bietet Abhilfe. Von neun bis 14 Uhr werden Kinder von Angestellten des Oberlandesgerichts, des Amtsgerichts und der der Justizkasse Bamberg von vier Mitarbeiterinnen des Oberlandesgerichts betreut. Zugegen auch zwei Justizbeamte, die den Kindern nicht nur ihre Aufgaben, sondern auch ihre Ausrüstung erklären. Natürlich wird auch ein Sitzungssaal begutachtet und die Haftzelle im Keller inspiziert, bevor es dann zum Sicherheitsseminar geht. Dort darf der Nachwuchs sogar ein Pfefferspray mit ungefährlicher Munition ausprobieren.
Nachwuchs in den Startlöchern Peter Werndl, Präsident des Oberlandesgerichts, heißt die Kinder in seinem Büro willkommen, gewährt einen kleinen Einblick in seine Arbeit und überlässt Nachwuchspräsident Jonas Spies sogar seinen Schreibtisch. "In der Wirtschaft sind solche Kindertage gang und gäbe. Es ist wichtig, auch im öffentlichen Dienst Signale zu setzen, dass Familie und Beruf vereinbar sind", erklärt Werndl. Die Mitarbeiter wissen das Angebot zu schätzen: Die Rückmeldungen seien sehr positiv ausgefallen, bestätigt Andrea Steußloff, Ansprechpartnerin für Familie und Beruf im Oberlandesgericht.
Das Tagesprogramm soll mit Kinderschminken, Basteln und dem Sicherheitsseminar Spaß machen, aber auch das Interesse der Kinder wecken und ihnen zeigen, dass die Justiz zur Gesellschaft dazugehört und in ihr eine wichtige Aufgabe erfüllt. "Die Justiz ist nichts Böses und das möchten wir den Kindern vermitteln", so der Präsident des Oberlandesgerichts. Von dem Aktionstag profitierten sowohl die Mitarbeiter als auch die Gerichte, weiß der Leiter der Justizpressestelle Franz Truppei und spricht von einer modernen Mitarbeiterpolitik. Peter Werndl spielt schon mit dem Gedanken, den Kindertag im nächsten Jahr zu wiederholen. Für Heike Spies, Mutter von Nachwuchspräsident Jonas, steht schon fest, dass sie ihren Sohn auch bei einem möglichen nächsten Kindertag wieder anmelden würde: "Er hat sich sehr gefreut auf diesen Tag."