Das neueste Stück von Paul Maar wurde am Freitag in der Lauertalhalle vom Theater Schloss Maßbach aufgeführt. Alle spielten sehr genau und sehr pointiert.
Mit der Uraufführung ist endlich eine Lücke geschlossen. In der verhältnismäßig unweihnachtlichen Lauertalhalle erlebte das neueste Stück von Paul Maar seine Premiere: "Das Sams feiert Weihnachten".
Warum ausgerechnet Weihnachten? Paul Maar hat sich dazu im Vorwort geäußert: "Nachdem ich mal wieder in den ersten drei Sams-Bänden geblättert hatte, wo Herr Taschenbier noch als Untermieter bei Frau Rotkohl wohnt, ist mir aufgefallen, dass in diesen Büchern immer nur die Sonne scheint. Ich bekam Lust, Herrn Taschenbier und das Sams mal im Winter mit allen üblichen deutschen Wetterlagen zu zeigen. Mal regnet es in Strömen, dann wieder schneit es, und die beiden können durch tiefen Schnee stapfen, mal gibt es Frost, mal Schneematsch. So ist diese Wintergeschichte entstanden. Und als Höhepunkt des Winters durfte natürlich das Weihnachtsfest nicht fehlen." So hat er in die fortlaufende Taschenbier- und Sams-Biografie dieses Stück eingeschoben - in die Zeit, "als das Sams keine Wunschpunkte mehr hatte und Herr Taschenbier noch nicht aufs Hausdach gestiegen war, um neue Punkte zu bekommen".
Eigentlich ganz einfache Geschichte
Das vereinfacht die Sache, denn es treten nur die Figuren auf, die von Anfang an dabei waren. Andererseits könnte das kompliziert werden, denn Paul Maar verzichtet völlig auf weitschweifige Einführung und Erläuterungen der Personen. Er setzt auf die Intelligenz seines jungen Publikums und er geht - zu Recht - davon aus, dass sie wissen, wer das Sams ist, und in welchen Beziehungen die handelnden Personen zueinander stehen. Allerdings würden sich schlaue Kinder auch ohne dieses Vorwissen zurechtfinden. Denn die Geschichte ist eigentlich einfach.
Herr Taschenbier möchte mal wieder wie früher mit vielen Menschen Weihnachten feiern. Aber von allen, die er einlädt, bekommt er einen Korb: Frau Rotkohl ist eine Weihnachtshasserin, Herr Mon will gerade an dem Tag zu einer gewonnenen Kreuzfahrt aufbrechen. Bleiben noch Herr und Frau Lilienthal mit ihrer Tochter Elvira. Aber als Taschenbier für deren Tochter den Nikolaus spielen soll, hat er plötzlich hohes Fieber. Das Sams schnappt sich heimlich die Nikolauskostümierung und vertritt ihn - aber aus Sicht der Lilienthal-Eltern so verheerend, dass auch sie absagen.
Verstärkung aus dem Reich der Samse
Aber das Sams leistet Wiedergutmachung: Es holt sich Verstärkung aus dem Reich der Samse. Und dann kommen sogar auch noch die bekehrte Frau Rotkohl und Herr Mon, die die Kreuzfahrt storniert hat - sie war ja ohnehin nur gewonnen - zu der Feier. Man ist dann doch zu sechst: "Stille Nacht, heilige Nacht".
Da ist dem Paul Maar mal wieder ein typischer Paul Maar gelungen. Denn er biedert sich nicht mit Banalsätzen bei den Kindern an, sondern fordert sie in ihrer Zuhörensfähigkeit, in ihrer Konzentration, in ihrer Klugheit, weil er die Realität der Kinder ungefiltert auf die Bühne holt - auch wenn die Hauptperson ein Sams ist. Aber das provoziert natürlich auch die Identifikation. Es ist die Zweigleisigkeit, mit der Paul Maar unterwegs ist. Er zeigt die zum Teil absurden Wucherungen des Weihnachtsbetriebs und vor allem Weihnachtsgeschäfts, die das Sams mit Fragen und absichtlichen Missverständnissen und köstlichen Reimereien ab absurdum führt. Die Kinder gehen begeistert mit, weil sie sich in der frechen Klugheit des Sams wiedererkennen können.
Der Humor ist immer präsent
Susanne Pfeiffer hat die Geschichte zu einem temporeichen Bilderbogen von großer Klarheit verdichtet. Sie hat in ihrer Personenregie jeden Anflug von belehrendem, pathetischem Deklamieren vermieden und erreicht so die Kinder in ihrer eigenen Sprach- und Erfahrungswelt. Und trotzdem ist der Humor, der über dem Ganzen schwebt, immer präsent. Die Kinder bekommen schon mit, dass man ernsthafte Fragen rund um Weihnachten oder zwischenmenschliche Beziehungen stellen kann, aber das das durchaus auch locker geschehen kann. Bestes Beispiel ist die Szene im Kaufhaus, als das Sams auf einen Rauschgoldengel mit piepsender Stimme trifft, der die Kunden zum Kaufen animieren soll. Das ist genau so, wie die Kinder den Rummel erleben. Aber dann kommt das Sams, und als es durchschaut, was der Engel macht, erfindet er ein Gedicht, das die Menschen auffordert, ihr ganzes Geld in die Kassen der Kaufhäuser abzuliefern. Das deckt den ganzen Bereich zwischen purem Witz und fundamentaler Kapitalismuskritik ab, und die Kinder können selbst entscheiden, wie weit sie da gehen wollen.