Sportunterricht kann für geflohene ukrainische Kinder zum Triggererlebnis werden. Das Problem: Für sie gibt es kaum Therapieplätze. Eine Sozialpädagogin will sie auffangen und setzt die Kinder auf den Rücken der Pferde.
In der Schule wird "Feuer, Wasser, Luft" oder "Brennball" gespielt. Für die meisten Kinder ist das ein großer Spaß und eine willkommene Möglichkeit, um sich auszutoben. Für geflohene ukrainische Kinder kann das Geschrei der anderen Kinder und das schnelle Durcheinanderlaufen dagegen ein Triggererlebnis sein, dass sie durchdrehen lässt. "Für ein Kind, dass die Sprache nicht versteht, ist das kein Spiel, sondern ein Notfall. Das ist wie ein Kurzschluss im Gehirn, die Panik kommt, das kann man nicht beherrschen", sagt Silke Göhl.
Feueralarm als Trigger
Sie ist Sozialpädagogin an der Johannes-Petri-Schule, hat eine Weiterbildung zur Traumapädagogin gemacht und sich mit traumatisierten Kinder und Jugendlichen mit Fluchterfahrung beschäftigt. Sie sagt: Es reiche nicht, dass die geflüchteten Kinder eine Unterkunft erhalten und unterrichtet werden.
"Viele dieser Mädchen und Jungen leiden an einem Kriegstrauma, welches sehr oft weder erkannt noch behandelt wird." Auch der Feueralarm sei ein potenzieller Trigger.
Felicitas Thiel, Professorin für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung an der Freien Universität Berlin und Co-Vorsitzende der Ständigen Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz hatte kurz nach Beginn des Krieges auf die traumatische Belastung der Kinder aufmerksam gemacht und gesagt: "Wir müssen davon ausgehen, dass 25 bis 35 Prozent der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine unter schweren psychischen Belastungen leiden."
Bei Lehrern fehle tendenziell aber das Basiswissen bezüglich einer möglichen Traumatisierung der Kinder, sagt Göhl. Es werde verkannt, dass sich eine posttraumatische Belastungsstörung nicht erst dann beim Kind entwickeln könne, wenn es mitten zwischen den Bomben und Toten stand, sondern ein Trauma auch durch den Verlust eines Elternteils oder die Vertreibung aus der Heimat möglich sei.
Trauma durch Verlust eines Elternteils
"Es gibt die Traumabelastung und die Traumafolgen." Die Erlebnisse aus dem Krieg müssten schnell therapiert werden, sonst könne es zu posttraumatischen Belastungsstörungen kommen. "Die Kinder brauchen einen sicheren Ort, sie brauchen jemanden, mit dem sie darüber sprechen können."
Bei Göhl ist das Kolping-Bildungszentrum-Schweinfurt der Träger für die Jugendsozialarbeit (JAS). Diese setze den Fokus aber auf Grund- und Mittelschulen. Leider gebe es sie nicht an Realschulen und Gymnasien, wo auch zahlreiche ukrainische Kinder unterrichtet werden.