Die Trassenführung der Starkstromleitung Südlink ist ein vieldiskutiertes Thema. Jetzt taucht im östlichen Landkreis Bad Kissingen eine Variante auf, die längst vom Tisch schien.
Oerlenbachs Bürgermeister Franz Kuhn war überrascht, als er die seit 17. Februar ausliegende geänderte Planung mit den 1000-Meter-Korridoren der Höchstspannungsleitung Südlink im östlichen Landkreis Bad Kissingen betrachtete. Taucht doch in der Karte eine Variante auf, die er längst vom Tisch wähnte.
Laut aktuellem Plan teilt sich der die A71 von Norden entlangkommende Trassenkorridor oberhalb von Poppenhausen (Landkreis Schweinfurt). Ein Strang führt geradewegs die Autobahn runter weiter bis Bergrheinfeld. Der andere zweigt westlich ab und knickt südwestlich ab Richtung Arnstein beziehungsweise Großgartach in Bad-Württemberg - und zwar mitten zwischen Oerlenbach und Ebenhausen hindurch. Zuletzt vorgesehen war eine Führung des Korridors südlich von Ebenhausen. Das Verrückte: Diese Trassenführung war schon einmal Thema, galt als verworfen.
"Die Variante ist alt. Wir haben sie vor fünf Jahren schon mal abgelehnt. Ich hätte nicht gedacht, dass sie noch einmal in die Planung kommt", informiert Oerlenbachs Bürgermeister Franz Kuhn auf Nachfrage. "Die Alternative 461 (der Trassenkorridor zwischen Ebenhausen und Oerlenbach, d. R.) ist eine, zu der die Bundesnetzagentur (BNetzA) eine Alternativenprüfung veranlasst hat. Daher wird die eingebrachte Variante jetzt als alternativer Korridor geprüft", berichtet Christopher Göpfert, Bürgerreferent Suedlink Kommunikation bei TransnetBW in Stuttgart. TransnetBW und TenneT TSO sind sogenannte "Vorhabenträger" für Südlink, treiben das Großprojekt im Auftrag der Bundesregierung voran.
Die Bundesnetzagentur hat die Firma also veranlasst, den alternativen Korridor, der vor Jahren schon mal im Gespräch war, noch einmal zu prüfen. Doch warum? Göpfert schreibt, dass "bei der BNetzA durch Dritte raumkonkrete Alternativen eingebracht" wurden. Auf Nachfrage verweist er auf die Behörde; er selbst kenne die "Dritten" nicht.
Ulrike Platz von der Pressestelle der Bundesnetzagentur teilt auf Anfrage mit, dass ihre Behörde Namen von sogenannten Einwendern prinzipiell nicht nennt. Anlass für die erneute Prüfung sei "ein alternativer Vorschlag im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung " gewesen.
Die Redaktion hat einen der "Einwender" gesprochen, die den "Ursprungskorridor" bereits im Herbst vergangenen Jahres bei einem Erörterungstermin der Bundesnetzagentur wieder ins Spiel gebracht haben. Direkt betroffen ist er von Südlink nicht. Dennoch möchte er seinen Namen vorerst nicht in der Zeitung lesen.
Er habe sich intensiv Gedanken gemacht - und seine ursprüngliche Meinung zur Trassenführung geändert. "Ganz umweltverträglich ist so eine Stromtrasse nie. Aber die Variante zwischen Oerlenbach und Ebenhausen bietet Vorteile", sagt er. Da sei die Beschaffenheit der Landschaft. Die Variante südlich von Ebenhausen müsste drei bis vier Höhenzüge und Täler queren, ehe sie bei Ramsthal nach Südwesten abknicke. Das sei beim Mittelkorridor so extrem nicht der Fall. Auch greife dieser Vorschlag kaum bis gar nicht in den Wald ein. Bei der Südtrasse hingegen wären "120 bis 140 Meter Eingriff in den Wald nötig. Zudem müsse das Gelände freigehalten werden, wenn die Südlink-Erdkabel verlegt seien. Schließlich erscheint dem Gesprächspartner die Trassenführung zwischen den Orten hindurch kürzer als die Südvariante.