Zwei Enttäuschte tun sich zusammen

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Wieder nichts: Oberthulbas Schlussmann Philipp Metz schnappt sich das Leder vor Gräfendorfs Johannes Schmelz. Foto: Hopf
Wieder nichts: Oberthulbas Schlussmann Philipp Metz schnappt sich das Leder vor Gräfendorfs Johannes Schmelz. Foto: Hopf
 
 
 
 
 
 
 

Nach dem verlorenen Relegationsspiel wird bestätigt, dass der SV Gräfendorf in der neuen Saison mit Wartmannsroth fusioniert.

TSV Oberthulba - SV Gräfendorf 6:1 (2:0). Tore: 1:0 Michael Römmelt (16.), 2:0 Dominik Metz (36.), 2:1 Ludwig Kleinhenz (50.), 3:1 Alexander Zülch (60.), 4:1 Markus Markert (65.), 5:1 Dominik Metz (72.), 6:1 Markus Markert (82.). Rot: Christopher Rau (80., Gräfendorf).
Es soll ja Fußballer geben, die ein Spiel "lesen" können. Markus Markert vom TSV Oberthulba gehört definitiv zu dieser Kategorie. Der Spielmacher und Taktgeber der Rot-Weißen bestimmte das Tempo des Kreisklassisten, nahm in entscheidenden Phasen des Relegationsmatches den Fuß komplett vom Gas und beschleunigte, wenn der Gegner damit nicht rechnen konnte. Beeindruckend. Dass Markert in der Schlussphase auch noch einen Freistoß aus knapp 18 Metern direkt links oben in den Winkel schaufelte, setzte seiner Leistung am Freitagabend die Krone auf. Mit 6:1 haben die "Öwerdöllwer Buam" den Herausforderer aus Gräfendorf in die Knie gezwungen und bleiben der Kreisklasse Rhön 1 damit erhalten.

"Mit so einem Ergebnis haben wir wirklich nicht rechnen können", sagte hernach ein überglücklicher TSV-Coach Wolfgang Hertlein, dessen Abschied zum Saison-Ende bereits seit der Winterpause feststeht. "Jetzt, da der Klassenerhalt geschafft ist, kann ich es ja sagen. Mir war es unglaublich wichtig, dass der Verein die Saison mit einem Erfolgserlebnis abschließt. Es war mir ein ganz persönliches Anliegen." Nach einem Kantersieg des Kreisklassisten hatte es allerdings lange Zeit nicht ausgesehen. Die Gräfendorfer machten die Ankündigung ihres Spielertrainers Christoph Mützel wahr und setzten voll auf Offensive. Und standen dabei so extrem weit vorne, dass die schnellen Oberthulbaer Spitzen Alexander Zülch und Michael Römmelt ein ums andere Mal in die Abseitsfalle tappten. Schiedsrichter Sven Thoma und seine Assistenten Markus Manger und Levin Vorndran waren nicht zu beneiden, denn meistens ging es nur um wenige Zentimeter. Bisweilen waren leichte Zweifel angebracht, die sich im Eifer des Gefechts natürlich nicht ausräumen ließen.

In Sachen Lautstärke gab zunächst das grün-weiße Lager den Ton an, das sich ganz offensichtlich akribisch auf diesen Fight vorbereitet hatte. Mit eigener Lautsprecheranlage, Trommeln und Fahnenmeer wurde der A-Klassist in beeindruckender Manier heiß gemacht. Offiziell spricht der Veranstalter FC Hammelburg von rund 900 zahlenden Gästen. Am Ende dürften es wohl mehr als 1000 Menschen gewesen sein, denn viele Kinder und Jugendliche hatten den Weg in den Hammelburger Sportpark gefunden. Bemerkenswert: Punkt 18.30 Uhr konnte angepfiffen werden. Die Organisatoren des FC hatten sich definitiv Bestnoten verdient. Auch die Versorgung mit Getränken kam nur höchstselten an ihre Kapazitätsgrenzen, nicht einmal der Pausenansturm konnte die zahlreichen freiwilligen Helfer schocken. Respekt: Die Mammutaufgabe eines Relegationsfights meisterte der FC Hammelburg völlig unaufgeregt und professionell.

Auf dem Platz sorgte TSV-Stürmer Michael Römmelt für den ersten Aufreger, als er in Minute 5 das Leder nur wenige Zentimeter am Pfosten vorbei köpfte. Auch Gräfendorfs unermüdlicher Antreiber Christoph Mützel zielte 90 Sekunden später etwas zu genau und setzte das Spielgerät links oben am Winkel vorbei. Schon früh zeigten sich die völlig unterschiedlichen Spielansätze der beiden Kontrahenten: Oberthulba hielt den Ball flach und wählte den teilweise etwas holprigen und umständlichen Weg über mehrere Stationen, Gräfendorf setzte auf hohe Abschläge und blendete das Mittelfeld komplett aus.

Doch einen hochmotivierten Michael Römmelt sollte man im Strafraum nicht unbehelligt lassen. Das taten die Gräfendorfer allerdings, und Römmelt hob den Ball über Alexander Jung hinweg direkt unter die Latte. 1:0. Weil die Oberthulbaer Stürmer aber ansonsten häufig als Abseitsverdächtige unterwegs waren, verlagerte der TSV das Spiel auf Dominik Metz, der aus der Tiefe in die Spitze stieß. Zunächst traf Metz aus kürzester Distanz nur den Pfosten, dann aber war sein Alleingang von Erfolg gekrönt. 2:0.
Der grün-weiße Herausforderer ließ sich nicht beirren. In der 46. Minute setzte Johannes Schmelz das Leder aus spitzem Winkel an die Latte des Oberthulbaer Kastens. Nach der Pause standen die mutigen Gräfendorfer sogar noch einen Tick offensiver und kamen zum Anschlusstreffer durch Ludwig Kleinhenz, der bei einer Freistoßflanke in beeindruckender Weise durch den Strafraum segelte und mit dem Kopf zur Stelle war. Nun erwachten die grün-weißen Anhänger wieder, die zwischenzeitlich ein wenig Euphorie verloren hatten und peitschten ihre Mannen munter nach vorne.

"Der Anschlusstreffer war der Knackpunkt, denn in der Folgezeit bekamen wir immer mehr Platz für unsere Konter", bilanzierte Oberthulbas Coach Hertlein. In der Tat war der knappe Zwischenstand Gift für den Underdog aus der A-Klasse, der nun Opfer seiner gnadenlos offensiven Ausrichtung wurde. Zunächst war der nimmermüde Alexander Zülch bei einer Ecke zur Stelle und drückte das Leder in akrobatischer Manier über die Linie. Wenig später ließ Markus Markert dem Gräfendorfer Keeper Alex Jung bei einem Alleingang mit seinem präzisen Flachschuss neben den Innenpfosten keine Chance. Erik Beyers toller Kopfballtreffer wurde nicht anerkannt, weil die Flanke zuvor hinter der Torauslinie gewesen sein soll. Als sich Dominik Metz im Strafraum durchtankte und mit der Fußspitze zum 5:1 einschob, hätte man den Gräfendorfern durchaus Resignation zugestanden, was aber für den Herausforderer nicht in die Tüte kam. Selbst in Unterzahl nach Christopher Raus Notbremse steckte der SV nicht auf. Christoph Mützel und Thomas Aulbach setzten bis in die Schlussminuten hinein offensive Akzente. Oberthulbas Keeper Philipp Metz allerdings hinterließ einen bärenstarken Eindruck und agierte auch bei seinen wenigen Ausflügen kompromisslos. Als Metz dann doch einmal geschlagen war, rettete Bastian Seidl für ihn mit einem kuriosen Kopfball in höchster Not gegen den eigenen Torpfosten. "Wir werden auch nächste Saison wieder oben angreifen. Das steht außer Frage", sagt Gräfendorfs Coach Mützel. "Wenn man in die Relegation kommt, will man natürlich dieses eine Spiel natürlich unbedingt gewinnen und seine Chance nutzen."
Oberthulba: Ph. Metz, B. Seidl, Eyrich-Halbig, D. Seidl, S. Gerlach, D. Metz, P. Wehner, Markert, Römmelt, Muth, Zülch; eingewechselt: Weidner, Beyer, Caspari.
Gräfendorf: Jung, Wagenpfahl, Chr. Rau, Beck, Müller, Kleinhenz, Schmelz, Thoma, Lutz, Mützel, Aulbach; eingewechselt: Schreihanz, Gebauer, M. Rau.


Relegationsspiele sind nicht nur wahre Zuschauermagneten, sie heizen immer wieder auch die Gerüchteküche an, weil sich am Spielfeldrand die Fußball-Experten aus der ganzen Region versammeln, um Neuigkeiten auszutauschen und Spieler zu beobachten. Auch am Freitagabend trafen sich Aktive und Funktionäre aus allen Klassen bis hin zur Bezirksliga, um sich auf dem Laufenden zu halten. So wurde am Rande der Partie bekannt, dass die SpVgg Wartmannsroth nach dem direkten Abstieg in die A-Klasse keine eigene 1. Mannschaft mehr ins Rennen schickt. Am Samstagnachmittag folgte die offizielle Bestätigung von Abteilungsleiter Florian Betz: "Ja wir müssen diesen Schritt aus Spielermangel gehen. Wir werden eine Spielgemeinschaft mit Gräfendorf eingehen." Klar ist damit seit Freitagabend auch, dass diese neue Spielgemeinschaft definitiv zunächst in der A-Klasse kicken wird.