Untererthal steht auf Punkrock und Fußball

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Torjäger und Anheizer: Sven Röthlein gibt den Dirigenten für den Untererthaler Champions-Reigen. Fotos: Hopf
Torjäger und Anheizer: Sven Röthlein gibt den Dirigenten für den Untererthaler Champions-Reigen. Fotos: Hopf
 
 
 
 
 
 
 
 

Im dritten Anlauf steigt die FC-Reserve als Meister auf - und die Erste liefert gleich den nächsten Grund zum Feiern.

Mächtig stolz kann sie sein, die sagenumwobene Siegesgöttin Viktoria. Auf ihren grün-weißen FC Untererthal, der mit der ersten Mannschaft künftig in der Kreisliga Rhön kickt und dessen Zweitvertretung den Meistertitel in der B-Klasse Rhön 2 errungen hat. Doch nicht jeder Triumphzug beginnt mit einem Erfolgserlebnis. "Am ersten Spieltag haben wir gleich mal mit 2:4 gegen Eltingshausen verloren, dann waren wir zweimal in Folge spielfrei und schon standen wir am dritten Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz", blickt Werner Hereth zurück, der die zweite Mannschaft zusammen mit Coach Florian Röthlein betreut. "Da war er also, unser toller Start in die Meistersaison", schmunzelt Hereth. "Doch mit einer Serie von 15 Siegen am Stück haben wir den Weg zum Titel geebnet. Den haben sich die Jungs wirklich verdient.
Auch wenn wir mit Eltingshausen einen richtig starken Widersacher hatten."

Ganz überraschend kam die Meisterschaft der "kleinen" Viktorianer allerdings nicht. Denn schon zwei Jahre zuvor hatte die grün-weiße Zweitvertretung den Titel eingeheimst. "Weil aber die Erste aus der Kreisklasse abgestiegen war, konnten wir nicht in die A-Klasse 1 aufsteigen. Man hätte eventuell auf eine andere A-Klasse ausweichen können, aber das machte schon aufgrund der weiten Anfahrtswege keinen Sinn. Also blieben wir der B-Klasse erhalten", erklärt Hereth. In der darauffolgenden Saison sicherte sich Untererthal II den Relegationsplatz und hätte erneut den Aufstieg klar machen können. "Aber gegen Römershag waren wir viel zu nervös. Die junge Mannschaft war eine solche Kulisse gar nicht gewohnt. Und gegen Rödelmaier II waren wir komplett chancenlos. Die wollten unbedingt aufsteigen und haben ihre Reserve aufgepimpt", blickt Hereth zurück. "Das ist ja vollkommen zulässig, kam aber für Trainer Michael Hammer damals nicht in Frage. Wenn schon aufsteigen, dann muss es die zweite Mannschaft aus eigener Kraft packen. Alles andere ist sinnlos", so Hereth weiter. Und so war der dritte Anlauf also von Erfolg gekrönt. "Das soll nicht überheblich klingen, aber eine neue sportliche Herausforderung für das Team kommt genau richtig", so Hereth. "In der A-Klasse 1 haben wir wieder ganz kurze Wege. Es sind außerdem vorwiegend erste Mannschaften, da müssen wir uns erst einmal behaupten", sagt der Betreuer. "Der Klassenerhalt wird daher unser vorrangiges sportliches Ziel sein."


Fankultur hat Tradition beim FC

Auch Defensiv-Allrounder Dominik Kolb freut sich auf die bevorstehenden Aufgaben: "In der B-Klasse spielen ja hauptsächlich zweite Mannschaften gegeneinander. Da hält sich der Zuschaueransturm in Grenzen. Wir hatten ja teilweise sogar auswärts mehr Zuschauer dabei als der Gegner." Fankultur hat in Untererthal eine lange Tradition. Nach wie vor sorgt die "Sektion Stäbruch" für ordentlich Stimmung. Vor allem bei den Derbys. Und ganz besonders beim mittlerweile legendären Erthal-Derby. "Nächste Saison wird es dieses ganz spezielle Derby mal nicht geben", sagt Hereth. Doch beispielsweise mit Machtilshausen, Gräfendorf, Obereschenbach und Aura kommen eine Reihe von Nachbarschaftsduellen auf die Zweite zu, auf die man schon heute mit Vorfreude blickt. Rivalitäten aus alten Tagen spielen für die jungen Kicker ohnehin nicht mehr die ganz große Rolle. Durch die Spielgemeinschaft mit Obererthal im Jugendbereich kennen sich fast alle Aktiven von Kindesbeinen an. "Bei den Älteren ist das mit der Rivalität vielleicht noch stärker verwurzelt. Mittlerweile gibt es zwischen den Dörfern doch so viele Kontakte und Freundschaften. Man kennt sich. Es gibt keine Probleme", ist Kolb überzeugt.

Und doch gibt es Merkmale, welche die Untererthaler Fussballkultur ziemlich einzigartig machen. Die Vorliebe für Punkrock zum Beispiel. "Wir sind wohl der einzige Fußballverein weit und breit, der eine eigene Punkband hat", sagt Hereth freudestrahlend. "Die ganze Band besteht komplett aus Fußballern." Simon Hereth (Gesang), Daniel Virnekäs (Gitarre), Dominik Kolb (Gitarre), Julian Hereth (Bass) und Thomas Hammer (Schlagzeug) bilden das Fünfergespann "The Poor Devils", die armen Teufel also, die sich dem Streetpunk und dem Hardcore verschrieben haben. "Am 29. Oktober wird es wieder ein Stäbruch-Festival mit Punkbands aus verschiedenen Ecken Europas in der Erthalhalle geben", berichtet Marco Schneider. "Sogar aus Frankreich kommt eine Gruppe", ergänzt Werner Hereth. Simon Hereth kümmert sich im Hintergrund um die Organisation des Punkfestivals. Fast alle Untererthaler Fußballer sind beim Konzert selbst als Helfer eingebunden. "Das hat sich so entwickelt. Die Resonanz in der Region ist groß", so Schneider. "Letztes Jahr ist uns leider die Straßensperrung der B27 dazwischen gekommen. Das hat den Zuschaueransturm etwas ausgebremst", bedauert Schneider, der für dieses Jahr dafür "freie Fahrt" erwartet.


Der verschobene Autokorso

"Punk ist eben die Lieblingsmusik von vielen der jüngeren Fußballer. So hat sich das in Untererthal in diese Richtung entwickelt", schildert Kolb. Und außerdem passt Musik immer zum Feiern. Und das haben die Untererthaler auch drauf. Natürlich hatte die komplette zweite Mannschaft die "Erste" zur Relegation nach Strahlungen begleitet. "Ein Bus hat nicht ausgereicht. Wir haben diesmal sogar zwei gebraucht", sagt Hereth.
Nach dem knappen, aber letztlich verdienten Erfolg der ersten Mannschaft kehrte die komplette Untererthaler Abordnung in bester Partystimmung am späten Sonntagabend in die Heimat zurück. Den obligatorischen Auto-Korso haben die Fußballer allerdings auf Montagabend verschoben. "Das haben wir aus Sicherheitsgründen lieber nachgeholt", erklärt Hereth augenzwinkernd.

Und egal welches der beiden Teams Erfolge feiert, immer sind die Aktiven gemeinsam auf Achse. "Es gibt bei uns keine strikte Trennung zwischen erster und zweiter Mannschaft", sagt Schneider. "Der Übergang war schon immer fließend." Dazu gehört auch, dass beide Teams grundsätzlich gemeinsam trainieren. Das sorgt dann dafür, dass beim Training bisweilen 25 Kicker auf dem Feld stehen. "Ein echtes Luxusproblem", weiß Hereth. "Manchmal könnten wir sogar drei Teams ins Rennen schicken." Selbst der zweiten Mannschaft sind ernste Personalsorgen völlig fremd. "Wir hatten immer 16 Mann im Kader. Es ist bei uns nie so, dass wir frühs die Leute aus der Kirche holen müssen, damit wir eine Mannschaft los schicken können", macht Hereth deutlich.
Auch wenn bei der zweiten Mannschaft Goalgetter Sven Röthlein mit seinen 35 Treffern herausragt, so lobt Hereth doch in erster Linie die verbesserte Defensivarbeit des Teams. "Klar ist es toll, so einen außergewöhnlichen Torjäger in den eigenen Reihen zu haben. Aber unsere Verteidiger haben auch einen super Job in dieser Saison gemacht." Und dabei sind die Untererthaler Reserve-Kicker sogar ganz ohne Platzverweis ausgekommen. "Na also, geht doch", freut sich Kolb. "Nun müssen wir aber los." Denn die Party ist in Untererthal noch lange nicht zu Ende.