Die Kissinger Wölfe gewinnen das Derby gegen den ESC Haßfurt hochverdient mit 5:2 (3:1, 2:0, 0:1). Spielertrainer Mikhail Nemirovsky erklärt seine Philosophie vom ehrlichen Eishockeysport.
"Cheat - wie heißt das denn auf Deutsch?" Mikhail Nemirovsky war es wichtig, dass seine Philosophie von Eishockey richtig verstanden wird. Vom Betrug wollte der Spielertrainer der Kissinger Wölfe erzählen. Vom Betrug an der eigenen Mannschaft, der einfach nicht passieren darf. Daher auch der Spruch an der Kabinen-Tür des Heimteams: "60 Minuten keine Ausreden". Nach dieser Philosophie lebt, trainiert und spielt der 41-Jährige. Jeder soll für den anderen alles geben. Immer.
Im Derby gelang das über zwei Drittel hervorragend. Vorgelegt hatten zwar die Gäste mit dem Treffer von Georg Lang, aber die individuelle Klasse der Kurstädter sollte sich früh durchsetzen mit Toren von Viktor Ledin (11.), Roman Göldner (13.) und Alexander Andrusovich (18.). Als Mikhail Nemirovsky (23.) und Konstantin Firsanov (25.) im Mitteldrittel nachlegten, war der Derbysieger bereits gefunden.
Dass seine Mannschaft den Vorsprung danach verwaltete, sorgte in den sozialen Netzwerken zwar für etwas Unverständnis unter den Wölfe-Sympathisanten, gerne hätte man den ewigen Rivalen noch etwas mehr leiden sehen. Dass ein Signal an die Konkurrenz so verpasst wurde, davon wollte Nemirovsky indes nichts wissen. "Uns war wichtig, dass alle gesund bleiben. Und wir wollten das letzte Drittel anständig zu Ende bringen. Außerdem war der Haßfurter Goalie Martin Hildenbrand sehr stark."
Eine nachvollziehbare Einstellung, weil der Kader Ausfälle kaum verkraften kann bei exakt zwei Verteidiger-Pärchen und drei Sturmreihen. Im Wölfe-Tor stand diesmal Kevin Keßler, der vor allem im Schlussabschnitt seine Qualitäten zeigen konnte, als die Haßfurter mehr als ein ebenbürtiger Gegner waren. Zur Freude ihrer Anhänger, die diesmal in sehr überschaubarer Menge in die Kissinger Eishalle gepilgert waren. 350 Zuschauer insgesamt hatten sich für das Live-Erlebnis im Unterfranken-Klassiker entschieden. Ein würdiger Rahmen, den die Wölfe vor dem Spiel genutzt hatten, um die Gründungsmitglieder Günther Matzke und Norbert Hochrein für ihre großen Dienste im Verein zu ehren.
"Die drei Punkte waren für uns enorm wichtig", sagte später Viktor Ledin. "Und ich fand, dass es ein gutes Spiel von uns war. Unsere Aufgabe ist es, auf dem Eis als Einheit aufzutreten, um für unsere Fans alles zu geben. Jetzt heißt es Vollgas geben gegen Erding", blickt der Kissinger auf das Topspiel am Sonntag voraus. Dann wird der Sohn des Wölfe-Vorsitzenden Vassili Ledin wieder mit Nemirovsky und Konstantin Firsanov in der ersten Sturmreihe auflaufen. "Das ist gar nicht so einfach, an der Seite solcher Ausnahmespieler mit so großer Erfahrung zu bestehen. Da muss ich schauen, dass ich mithalte", sagt Viktor Ledin. Und lobt in diesem Zusammenhang seinen Trainer. "Ich schätze das an Nemo, dass er klare Ansagen an die Spieler gibt, wie man es besser machen kann. Das bringt einen weiter."
Klar, auf dem Papier waren die Wölfe der Favorit. "Aber Niederlagen sind nie normal. Wenn ich spiele, will ich auch gewinnen", sagte Hawks-Trainer Lubos Thür. Und war dann doch irgendwie zufrieden mit dem Auftritt seiner Mannschaft, zumindest im finalen Drittel. "Wir sind noch mal raus, um kein Gegentor zu bekommen. Wir wollten zeigen, dass wir auch gegen so eine Truppe bestehen können. Das haben wir geschafft und das Drittel sogar gewonnen." Marco Hildenbrand hatte für den ESC die Niederlage erträglicher gemacht.
Dass es am verdienten Erfolg der Saalestädter nichts zu rütteln gab, akzeptierte Thür. "Die haben einfach gute Leute, die viele Pässe und schönes Eishockey spielen." Es war ein gebrauchtes Wochenende für die "Falken", die bereits am Freitagabend gegen den EHC Nürnberg mit 3:6 verloren hatten, womit der angestrebte vierte Platz schwer zu erreichen sein wird. "Erding, Schweinfurt und Bad Kissingen werden die ersten drei Plätze belegen. Wir kämpfen um den letzten freien Platz, der ist aber weiter möglich."
In jedem Fall erfreulich war, dass das Derby auf dem Eis wie auch auf den Rängen gesittet verlief. Fünf Zweiminuten-Strafen für Bad Kissingen und deren sieben für die Hawks sind ein Durchschnittswert. Unnötiges Sitzen auf der Sünderbank ist im gewissen Sinne auch "Betrug" an der eigenen Mannschaft. Gegen Haßfurt haben die Kissinger Jungs ehrliches Eishockey gezeigt. Bitte mehr davon im Topspiel gegen Erding.