Die Dorfgemeinschaft in Nüdlingen ist gespalten. Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) steht deshalb vor der großen Aufgabe, die Gräben zwischen den unterschiedlichen Lagern zu schließen.
Seit mehr als 50 Jahre kämpfen Nüdlinger Bürger für eine Umgehungsstraße. Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 23. Juli haben sie Gewissheit - die Verkehrsentlastung soll kommen. Des einen Freud, ist allerdings des andern Leid. Die Dorfgemeinschaft ist gespalten. Das empfindet auch Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) so. Für ihn liegt die Spaltung schon länger zurück. "Ab März 2018 hatten wir eine BI für eine Ortsumgehung, eine BI im Norden, die gegen eine Ortsumgehung - aber für eine andere Verkehrsentlastung war und eine Interessengemeinschaft im Süden, die ebenfalls gegen eine Ortsumgehung und für eine andere Verkehrsentlastung war", sagt er rückblickend. Die erste Bürgerinitiative habe sich bereits im Mai 2015 gegründet. Durch die Fokussierung auf die Nordtrasse seitens des staatlichen Bauamts, blieben zwei Bürgerinitiativen übrig.
Die Entscheidung des Gemeinderates im Jahr 2016 die Bürger zu fragen sei für Hofmann unabhängig vom Zeitpunkt richtig gewesen. "Wenn wir uns eines Tages nicht mehr trauen zu fragen, dann müssten wir uns ja vor der Bürgermeinung fürchten", sagt Hofmann. Die Idee die Bürger zu befragen, fußte auf guten Erfahrungen aus dem Jahr 2012. Damals ging es um den Neubau eines Supermarkts am Ortseingang.
"Der einzige Unterschied im Nachhinein ist, dass der Gemeinderat damals einstimmig das Bürgervotum übernahm." Weil eine Mehrheit der Gemeinderäte sich für die Befragung zur Ortsumgehung ausgesprochen hatten, ging der Rathauschef davon aus, dass diese Mehrheit daher auch das Ergebnis der Befragung umsetzen würde.
Der Rathauschef akzeptierte das Ergebnis und stimmte gegen die Umgehung, obwohl er privat eine andere Meinung vertritt. "Bürgermeister sind wie alle anderen auch Gemeindebürger. Selbstverständlich dürfen sie eine private Meinung haben und müssen diese auch nicht geheim halten", sagt er. "Meine Entscheidung, den Gemeinderat über eine Bürgerbefragung abstimmen zu lassen, verpflichtet mich auch das Ergebnis zu akzeptieren, egal wie es entschieden wird", erklärt er.
Verständnis für das Votum
Hofmann respektiert den Beschluss dennoch: "Ich habe für jede Entscheidung des Gemeinderats Verständnis. Der Gemeinderat besteht aus Bürgern, die sich bereiterklärt haben, in der Gemeinde ehrenamtlich mitzuarbeiten und Entscheidungen zu treffen - Entscheidungen die nicht leichtfallen, immer direkt und unmittelbar uns betreffen." Als nächstes gelte es den Beschluss zu vollziehen. Das heißt: Als nächstes übermittelt das staatliche Bauamt Schweinfurt den Vorentwurf zur Prüfung an das Bundesverkehrsministerium.
Die Suche nach dem Patentrezept
Während bei der Ortsumgehung schon klar ist, wie es weiter geht, gilt das für die Dorfgemeinschaft nicht. Diese ist in zwei Lager gespalten. Das Dorf wieder zusammenzubringen stelle für Hofmann ein großes Problem dar. "Wenn ich ein Patentrezept hätte, würde ich es selbstverständlich anwenden", sagt der Rathauschef. "Es bestehen Erwartungen, dass eine Lösung für die sehr hohe Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrt gefunden werden."Bei manchen Bürgern, die in der Nähe der geplanten Trasse wohnen, bestünden Ängste wegen des Lärms. Eine Rolle spielt außerdem die Natur: "Die gewaltige Erdbewegung und ein 400 Meter langes Brückenbauwerk - das sind gewaltige Eingriffe in unsere Landschaft", führt Hofmann aus.
In Diskussionen auf sozialen Netzwerken prallen diese unterschiedlichen Positionen aufeinander. Hofmanns Rezept, um die Dorfgemeinschaft wieder zusammen zu bringen, liegt jedoch nicht im Digitalen. "Wenn es überhaupt möglich ist, gelingt das nur in persönlichen Gesprächen mit den Bürgern." Dabei ist ihm vor allem eines wichtig: "Man sollte die Bürger nicht nach Seiten sortieren, sondern jede Meinung respektieren."