Michael Barenboim und Natalia Pegarkova beendeten die Jüdischen Kulturtage in Bad Kissingen mit beeindruckender Violin-Soiree.
Es ist beachtlich, mit welcher Vielfalt die Jüdischen Kulturtage das ohnehin reiche Kulturangebot der Stadt ergänzen. Auch im fünften Jahr haben neben Lesungen, Vorträgen und Führungen beziehungsreiche, hochinteressante Konzerte besondere Akzente gesetzt. Zum Ende der Veranstaltungsreihe hatte man sich einen Künstler mit weltbekanntem Namen in den Rossini Saal eingeladen. Michael Barenboim, Sohn des Pianisten und weltbekannten Dirigenten Daniel Barenboim, gab mit seiner Frau Natalia Pegarkova eine Violinsoiree.
Der 1985 geborene Michael Barenboim, seit 2003 Konzertmeister in seinem Vater gegründeten West-Eastern Divan Orchestra, in dem palästinensische und jüdische junge Musiker miteinander arbeiten, und Leiter des von ihm gegründeten "Erlenbusch Quartetts" tritt seit einigen Jahren auch als Solist und im Duett mit seiner Frau auf. Natalia Pergakova, 1986 in Moskau geboren, ist ausgebildete Konzertpianistin und Mitglied verschiedener Kammermusikformationen.
Leidenschaftlicher Debussy Vier Sonaten für Violine und Klavier von Schubert, Debussy Mozart und Elgar standen auf dem Programm. Die jungen Künstler nahmen schon mit Schuberts g-moll-Sonatine die Besucher mit auf eine spannende Entdeckungsreise zu eher selten gehörten Stücken. Schubert lässt in seiner Sonatine populär-romantische Themen zwischen den Instrumenten hin und her wechseln. Dabei spielt das Klavier keineswegs die zweite Geige. Eingespielt und von beiden äußerst präzise gestaltet, wirkte der Schubert zwar wie aus einem Guss, aber bei Barenboim ein wenig zurückgenommen.
So richtig befreit und mit großem Spaß an der Intonation wirkte der Geiger allerdings dann bei Debussys g-moll-Sonate. Da löste sich die Spannung, da vermochte er die überraschenden Themen und Tempowechsel der Musik der frühen Moderne überzeugend zu gestalten, da wurden die Triolen zu verspielten Kapriolen, da fand auch seine Begleiterin die stimmige Lösung des Balanceproblems zwischen Violine und Klavier. Überaus sympathisch, wie Natalia Pegarkova ihrem Mann mit Augenaufschlag die Einsätze vorgab. Da flog nicht nur musikalische Harmonie hin und her.
Perlender Mozart Mozarts C-dur-Sonate, die so heiter daherkommt, ist in Wirklichkeit anspruchsvolle Kammermusik, die von Musikern höchste Konzentration erfordert. Jedes Instrument hat im richtigen Moment präsent zu sein, das ist der künstlerische Anspruch. Pegarkova verstand es, den Mozart perlen zu lassen und Barenboim mitzunehmen in die großen Bögen der Musik
Jubelnder Elgar Jetzt, nach der Pause waren die Beiden zu großer Form aufgelaufen, hatte Barenboim auch das lästige kleine Geigentüchlein endlich angenehm an seine Wange geschmiegt, und nach dem Mozart schien es, er freue sich wieder auf die etwas moderneren Klänge eines Edward Elgar und seiner e-moll-Sonate, die dem Geiger eine Fülle von Stimmungen auf den Resonanzboden schreibt. Da darf gejubelt, geseufzt und geklagt werden, da darf der Bogen über die Saiten hüpfen und ihnen kraftvolle Dreiklänge entlocken. Bei Elgar hat die Violine das Sagen, das Klavier ergänzt mit überraschenden Akkorden, rasanten Läufen und luftigen Tönen den Auftritt der Violine. Sehr einfühlsam und traumhaft sicher hat die elegante Pianistin den Klavierpart gestaltet und Barenboim Gelegenheit gegeben, seine Virtuosität und sein Gefühl für Musik auszuspielen.
Völkerverständigende Idee Langer Beifall mit vereinzelten Bravos riefen die sympathischen Künstler mehrmals zurück auf die Bühne, die die Besucher dann mit einer beeindruckend harmonischen Elgar-Zugabe verabschiedet.
Das außergewöhnliche Konzert hätte den Rossini-Saal sicher zu mehr als nur zwei Dritteln gefüllt, hätten es nicht viele Musikbegeisterte vorgezogen, die Kultveranstaltung für Klassikfreunde, die Mitgliederversammlung des Fördervereins Kissinger Sommer, mit der Vorstellung des Programms 2014 im benachbarten Kurgartencafé zu besuchen. Auch Hans-Jürgen Beck, Motor der jüdischen Kulturtage Bad Kissingen, bedauerte die ärgerliche Terminüberschneidung, zeigte sich aber sehr angetan von der wunderbaren völkerverständigenden Atmosphäre, der eigentlichen Idee, die dem Konzert zugrunde lag. Das, was der Vater in der Aussöhnung von Kulturen vorlebt, zeige der Sohn mit seiner Frau beeindruckend auch in Bad Kissingen.