Ein kubanischer Arzt aus Ebenhausen soll ausreisen. Aber da ist seine Verlobte und ein ungeborenes Kind und ein kubanischer Staat, der manchen als Diktatur gilt und Ärzte unbedingt im Land halten will.
Die Sängerin Alexandra Vildosola und der kubanische Arzt Magdiel Baptistin Vaillant aus Ebenhausen erwarten ein Baby. Sie wollen heiraten, aber der Weg dorthin gleicht einer Odyssee.
Vaillant und seine Verlobte wollen so schnell wie möglich heiraten. Für den Termin beim Standesamt brauchen sie eine Beglaubigung der Geburtsurkunde und einen Nachweis aus Kuba, der angibt, dass Vaillant ledig ist. Vaillants Familie, die die kubanischen Dokumente hat, wohnt in der Stadt Ciego de avila und damit 420 Kilometer von der deutschen Botschaft in Havanna entfernt, wo die Dokumente beglaubigt werden.
Keine Euros wechselbar in Kuba
Die Beglaubigung der Dokumente muss in Euro bezahlt werden. Das Problem: Die Bank wechsle den Kubanern die "Pesos" nicht in Euro. Vom Konsulat bekam Vildosola die Auskunft, dass es keine Möglichkeit gebe, von Deutschland aus zu überweisen.
Zwar könne man das Geld per Post senden, aber aufgrund von Corona dauere das wohl mehrere Monate. Nun versucht das Paar sein Glück über die Hilfe einer amerikanischen Freundin."Es sieht nicht so aus, als würden wir die Dokumente bald bekommen", resümiert Vildosola.
Hindernisse
Sollten sie die Dokumente erhalten, warten weitere Hindernisse auf sie. Auch wenn ein deutsches Standesamt eine Eheschließung vorgenommen hat, würden die Papiere oftmals anschließend von der Ausländerbehörde geprüft, berichtet Jutta Ort vom Caritasverband des Landkreises Bad Kissingen von ihren Erfahrungen aus der Flüchtlings- und Integrationsberatung. Das könne dauern.
Selbst wenn es dem Paar gelingen sollte, alle Papiere vorzulegen und zu heiraten, hat das Paar laut der Ausländerbehörde keinen "unbedingten Anspruch" "von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben". "Eine Eheschließung schützt nicht vor Abschiebung", sagt Pressesprecher Johannes Hardenacke von der Regierung von Unterfranken.
Schutz der Familie oder Abschiebung
Zwar stünden Ehe und Familie laut Artikel 6 des Grundgesetzes unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Aber das Schutzgebot für Ehe und Familie sei in verhältnismäßiger Weise mit den öffentlichen Interessen abzuwägen.
"Es wird den Menschen wirklich schwer gemacht, hier zu bleiben, und das ist absichtlich so", sagt Jutta Ort. Das habe sich unter Bundesinnenminister Horst Seehofer in den letzten Jahren und vor allem bei betroffenen Männern spürbar verschärft.
Öffentliches Interesse
"Bei abgelehnten Asylbewerbern besteht regelmäßig ein öffentliches Interesse daran, dass diese nach dem Abschluss des Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen", schreibt die Verwaltung der Ausländerbehörde und verweist auf verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Alexandra Vildosola hält dem entgegen, es bestehe ein öffentliches Interesse, dass ein Mediziner in Deutschland bleiben dürfe.
Wie geht es weiter?
Vaillant macht sich Sorgen um seine Verlobte und das ungeborene Baby, falls er Deutschland verlassen muss. Wenn die Bundespolizei seine Ausreise durchsetzt, dann wird das voraussichtlich ohne Ankündigung irgendwann nachts geschehen. "Das passiert ziemlich plötzlich aus heiterem Himmel", berichtet Maria Wahler vom Helferkreis für Flüchtlinge in Ebenhausen.
Kind hat Recht auf Vater
Wenn das Kind geboren sei, eine gemeinsame Sorgerechtserklärung unterschrieben sei und der Vater das Sorgerecht wahrnehme, könne man ihn nicht so leicht abschieben, sagt Jutta Ort. Das Kind habe ein Recht auf seinen Vater.
Die Ausländerbehörde weist in einem Schreiben daraufhin, dass Vaillant freiwillig ausreisen und mit Visum wieder legal nach Deutschland einreisen könne. Ein unverbindliches Rückkehr-Beratungsgespräch wurde ihm angeboten. Darauf reagierte Vaillant nicht.
Visumverfahren nachholen?
Grundsätzlich könne davon ausgegangen werden, dass die Nachholung des Visumsverfahrens zumutbar sei, heißt es in einer E-Mail der Behörde. Es liege im Verantwortungsbereich des Betroffenen, "die Nachholung des Visumverfahrens so familienverträglich wie möglich zu gestalten". Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz biete Möglichkeiten, um auf legalem Weg hier zu arbeiten, sagt Hardenacke. Er weist auf die Möglichkeit eines beschleunigten Visumverfahrens hin. Allerdings muss man dafür ins Heimatland.
Migrationsgesetz
Nach Kuba zurückkehren, um dann wieder nach Deutschland zu kommen? "Das ist keine Lösung", sagt Vaillant. Er bezieht sich auf das kubanische Gesetz Nummer 1312. Mit dem "ley de migración" habe Kuba 2012 die Ausreise von Ärzten beschränkt, um zu verhindern, dass Fachkräfte abwandern. Wer es doch tut, müsse mit Repressionen rechnen. Davor hat er Angst.
Weiterlesen geht hier:
Wie sich der kubanische Arzt Vaillant um Integration bemühte, lesen Sie hier: https://www.infranken.de/lk/bad-kissingen/nur_saalezeitung/landkreis-bad-kissingen-arzt-soll-abgeschoben-werden-art-5183033
Ein Kommentar zum Fall lesen Sie hier: https://www.infranken.de/lk/bad-kissingen/nur_saalezeitung/kommentar-zum-text-arzt-soll-abgeschoben-werden-herz-sagt-ja-recht-sagt-nein-art-5183039
Wie der kubanische Arzt nach Deutschland kam, eine ungewöhnliche Fluchtgeschichte, lesen Sie hier https://www.infranken.de/lk/bad-kissingen/nur_saalezeitung/landkreis-bad-kissingen-wie-ein-kubanischer-arzt-nach-ebenhausen-kam-art-5183034