Mindestens acht Wochen lang warb die "Immobilien Freistaat Bayern" mit einem falschen Exposé um Interessenten für ein Millionen-Euro-Projekt in Bad Kissingen. Der notwendige Verkehrswert ist bis heute nicht ermittelt.
Mehrfach stand die "Immobilien Freistaat Bayern", kurz IMBY, zuletzt in der Kritik: 2013 baute sie für 2,4 Millionen Euro "Bayerns teuersten Biergarten" in Ingolstadt, im April versuchte sie in Oberfranken, ein Haus zu verkaufen, das es gar nicht mehr gibt: Die IMBY selbst hatte es vor zwei Jahren abreißen lassen, allerdings der Abteilung Verkauf nichts davon gesagt. Erst ein Kauf-Interessent merkte es.
Deshalb schaute die Redaktion einmal genau auf die Ausschreibung für das aktuell wichtigste Bad Kissinger Projekt, den Neubau an der Stelle von Kurhausbad und Kurgastzentrum. Im Internet steht dazu ein 18-seitiges Exposé. Erste Merkwürdigkeit: Im März enthielt das Exposé ganz andere Daten. Zweite Merkwürdigkeit: In der vermeintlich neuen Version hat Bad Kissingen nur noch 1,36 statt der eigentlichen 1,56 Millionen Übernachtungen im Jahr, an anderen Stellen scheint der Freistaat Vorgaben gestrichen zu haben: keine Festlegung der Bauzeit, keine Nennung der Vertragsstrafe, neue Quadtratmeter-Zahlen und vieles mehr.
Also ging die Redaktion auf die Suche nach Antworten, schickte einen Fragenkatalog ans Bayerische Finanzministerium. Die Antwort dauerte einen Tag und war mehr als überraschend: Die IMBY habe das Exposé nicht etwa fortgeschrieben, sondern: "Durch einen Administrationsvorgang war das ursprüngliche Exposé gelöscht worden. Bei der Wiedereinstellung wurde dann leider versehentlich eine frühere Entwurfsfassung verwendet und veröffentlicht", schreibt der Stellvertretender Geschäftsführer Ludwig Weichselbaumer. Und: "Wir bedauern das Versehen außerordentlich."
Hinweis erst auf Nachfrage Immerhin wurde die richtige Version mit strengeren Auflagen gleich online gestellt. Aber erst auf unsere Nachfrage, ob die IMBY Interessenten auf die neue alte Versionen hinweist, wurde ergänzt, dass das Exposé "korrigiert" wurde. Wieso wurde der Fehler nicht eher bemerkt? Wie lange stand die falsche Version online? Keine Antworten dazu aus München. Die Redaktion hat jedoch Hinweise darauf, dass die fehlerhaften Informationen mindestens seit Anfang Juni auf der IMBY-Homepage standen. Zudem hat es wohl mehrere Nachfragen gegeben, reagiert wurde allerdings erst auf das Nachbohren der Saale-Zeitung.
Auf die Frage, ob bereits Angebote vorliegen, antwortet Weichselbaumer: "Es gibt mehrere ernsthafte Interessenten, aber bislang kein Gebot." Das ist nicht weiter verwunderlich, denn: Gefordert wird ein Mindestgebot in Höhe des Verkehrswertes, den der Freistaat allerdings noch nicht ermittelt hat - obwohl die Ausschreibung seit März läuft. Weichselbaumer dazu: "Die IMBY beabsichtigt im August den Verkehrswert in die Veröffentlichung einzustellen."
Politiker halten sich zurück "Dazu sage ich gar nichts", wollte sich der Bad Kissinger Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) zu dem Versehen nicht äußern. Und auch der CSU-Wahlkreis-Abgeordnete Sandro Kirchner ist darum bemüht, den Ball flach zu halten: "Ich kann nur sagen, dass das äußerst unglücklich ist, aber der Freistaat im Rahmen seiner Möglichkeiten alles tut, um einen Investor zu finden."
In der jüngsten Stadtratssitzung hatten mehrere Stadträte den Abriss des Neumann-Flügels gefordert. Bei einem Ortstermin habe sich herausgestellt, dass an dem Gebäude wenig schützenswert sei. Vor allem aber behindere es die Pläne für einen Neubau. "Der Freistaat hatte den Abbruch des Neumann-Flügels bislang nicht in Erwägung gezogen", sagte nun Ludwig Weichselbaumer, Stellvertretender Geschäftsführer der "Immobilien Freistaat Bayern" auf Anfrage der Saale-Zeitung. Nach der entsprechenden Beschlussfassung im Bad Kissinger Stadtrat sei nun mit dem Landesamt für Denkmalpflege Kontakt aufgenommen und um eine erste Einschätzung gebeten worden. "Die Erörterungen hierzu werden in Kürze geführt", kündigte Weichselbaumer an.
Ziel Der Freistaat will das Areal des früheren "Steigenberger" und des Kurgastzentrums zur Errichtung eines Hotels verkaufen. Vorgabe sind mindestens "Vier-Sterne-Superior". Ob Angebote für ein in Bad Kissingen gewünschtes Fünf-Sterne-Hotel bevorzugt werden, ist unklar.
Größe Verkauft werden sollen mindestens 5618 Quadratmeter unmittelbar neben dem Kurgarten, Investoren können auf Wunsch weitere 1300 Quadratmeter im Bereich des jetzigen Neumann-Flügels mitkaufen.
Auflagen Vorgesehen ist ein Besitzwechsel bis Mitte 2016. Höchstens drei Jahre später, also Mitte 2019 soll das Hotel den Betrieb aufnehmen, obwohl laut Ruhezonensatzung nur im Winterhalbjahr gebaut werden darf. Als Vertragsstrafe kündigt der Freistaat eine Summe von 4000 bis zu 750 000 Euro an, die durch eine Bank-Bürgschaft gesichert werden muss.
Der Kommentar von Redakteur Ralf Ruppert: Aufgemerkt in München!Die "Immobilien Freistaat Bayern", kurz IMBY, sind laut eigener Homepage ein "kaufmännisch arbeitender Staatsbetrieb". Das 2006 gegründete Unternehmen sieht sich selbst als "Kernstück des Projekts ,Verwaltung 21', das moderne Verwaltungsstrukturen für ein auch zukünftiges wettbewerbsfähiges und erfolgreiches Bayern schafft". Soweit der Anspruch. Was sich die IMBY beim Kurhaushotel allerdings leistet, ist davon weit entfernt. Es reicht eben nicht, dass alle paar Jahre das Kabinett in Bad Kissingen tagt und der Ministerpräsident Versprechen macht. Es müssen auch verlässliche Taten folgen.
Mit einer Ausschreibung allein - in Internet oder auch amtlichen Medien - dürfte die IMBY kaum Erfolg haben, um fachlich kompetente und finanziell potente Investor nach Bad Kissingen zu locken, der hier 50/60 Mio Euro in ein 4+-Sterne-Hotel investieren soll. Bad Kissingen ist (wie andere vergleichbare Standorte), so meine Erfahrung aus früheren Berufsjahren, ein "weißer Fleck" auf der Landkarte solcher Investoren. Da hilft nur "Klinkenputzen" und potenzielle, infrage kommende Investorengruppen bzw. Investmentgesellschaften direkt und gezielt anzusprechen. Ich kann nur hoffen, dass die IMBY auch diesen Weg geht. In guter Hoffnung, Sigismund von Dobschütz