Geschlagen, gedemütigt, bedroht: Frauen, die unter ihrem Partner leiden, finden Schutz und Hilfe im Schweinfurter Frauenhaus.
Die Frauen haben den Täter mal geliebt. Manche tun es noch. Meistens ist es der Ehemann. Manchmal der Lebensgefährte oder ein früherer Partner. Gewalt hat viele Gesichter: So gut wie jede Frau, die im Jahr 2015 im Schweinfurter Frauenhaus Schutz gesucht hat, hatte unter psychischer Gewalt zu leiden. Die meisten der Frauen waren zudem von körperlicher Gewalt betroffen, jede achte auch von sexueller. "Im Kopf ist ein Frauenhaus für viele das letzte Mittel. Dabei ist es so wichtig, dass sich Frauen frühzeitig unterstützen lassen", sagt Gertrud Schätzlein.
Sie leitet das Frauenhaus in Schweinfurt. "Der gefährlichste Moment für eine Frau ist der, in dem sie sich von einem gewalttätigen Mann trennt, der sie nicht loslassen will." 13 Prozent der Frauen, die 2015 Rat bei ihr oder ihren Kolleginnen gesucht hatten, weil sie bedroht oder misshandelt wurden, leben im Landkreis Bad Kissingen.
Die Bedeutung des Frauenhauses sei groß, sagt Melanie Spatz, Gleichstellungsbeauftragte am Landratsamt Bad Kissingen. Auch wenn es fast unmöglich sei, den tatsächlichen Bedarf zu beurteilen. Nicht zuletzt wegen der hohen Dunkelziffer derjenigen Frauen, die schweigen und keine Unterstützung annehmen.
Netzwerk: Runder Tisch
Zweimal im Jahr setzen sich Akteure von Vereinen und Beratungsstellen aus dem Landkreis zusammen - der "Runde Tisch gegen häusliche Gewalt". "Das Netzwerk in diesem sensiblen Bereich ist sehr wichtig", sagt Melanie Spatz. Das Ziel: Betroffene dorthin vermitteln, wo ihnen am besten geholfen wird. Das soll auch mit der sogenannten "proaktiven Beratung" gelingen.
Seit 2008 arbeitet das Frauenhaus mit dem unterfränkischen Polizeipräsidium zusammen: Werden Polizeibeamte zu Fällen von häuslicher Gewalt gerufen, haben sie ein Formular parat, das das Leben einer betroffenen Frau verändern könnte. Unterzeichnet sie diese Einverständserklärung mit ihren persönlichen Daten, stimmen sie zu, dass sich eine Mitarbeiterin des Frauenhauses bei ihr meldet und ihr Hilfe anbietet. Doch: "Die Frauen tun sich oft schwer zu unterschreiben", sagt Georg Kutschenreiter von der Polizeiinspektion Bad Kissingen. Ohne sind den Beamten allerdings die Hände gebunden. Auch wenn sie wollten, sie dürfen die Daten nicht weitergeben, sagt Georg Kutschenreiter. Der geht auf die Opfer zu und klärt sie auch über ihre rechtlichen Möglichkeiten auf: "Viele wissen nicht, dass es ein Gewaltschutzgesetz gibt."
Betroffene aus dem Kreis rufen an
Dass Damen aus dem Kreis das Angebot nutzen, zeigen die Zahlen im Jahresbericht des Frauenhauses: Die meisten Beratungsgespräche am Telefon führten die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen mit Frauen aus dem Landkreis Bad Kissingen.
Zwölf Plätze kann Leiterin Gertrud Schätzlein in der Einrichtung vergeben. Jeder der Plätze war 2015 fünf- bis sechsmal belegt. Die Frauen bringen ihre Kinder mit - vom Säuglings- bis zum Teenageralter. Über die Hälfte der im Frauenhaus lebenden Kinder waren unter sechs Jahre alt. Ein Drittel aller Kinder haben Gewalt direkt erfahren.
Die Frauen, die zu Gertrud Schätzlein kommen, wissen, was Gewalt ist und was Gewalt macht. Laut der Statistik des Frauenhauses haben über 40 Prozent der Frauen, die 2015 Schutz im Frauenhaus suchten, eine Leidensgeschichte hinter sich, die schon länger als fünf Jahre dauert. Zehn betroffene Frauen hatten bereits seit mehr als 15 Jahren unter Gewalt zu leiden. Warum bleiben Frauen so lange bei solchen Männern? "Manche denken, dass er sich ändert. Der Mann zuhause ist kein anonymer Täter. Beide hatten mal eine gemeinsame Zukunft geplant", sagt Gertrud Schätzlein.
Die Leiterin des Schweinfurter Frauenhauses ist umgeben von Frauen, die bedroht sind, die misshandelt wurden oder denen jemand seelische oder körperliche Gewalt angetan hat. Trotzdem: Sie hat eine "schöne Arbeit", sagt Gertrud Schätzlein. "Die Frauen kommen gezeichnet von Gewalt, aber bei uns geht es aufwärts."