Berliner in Kissinger Unterwelt

2 Min
Jirka Skrbek (von links) vom Ingenieurbüro "Schüßler-Plan" und Professor Traugott Scheytt von der TU Berlin begutachten im Schacht vor dem Neuen Rathaus die Ablagerung am Überlauf der Grundwasser-Regulierung. Foto: Ralf Ruppert
Jirka Skrbek (von links) vom Ingenieurbüro "Schüßler-Plan" und Professor Traugott Scheytt von der TU Berlin begutachten im Schacht vor dem Neuen Rathaus die Ablagerung am Überlauf der Grundwasser-Regulierung. Foto: Ralf Ruppert
Student Werner Buchert steigt in den Schacht, um sich die Grundwasserregulierung von Bach- und Spitalgasse direkt vor Ort anzuschauen. Foto: Ralf Ruppert
Student Werner Buchert steigt in den Schacht, um sich die Grundwasserregulierung von Bach- und Spitalgasse direkt vor Ort anzuschauen. Foto: Ralf Ruppert
 
Thomas Hornung, Leiter des Referats Tiefbau bei der Stadt Bad Kissingen, erläuterte den Studenten das Konzept hinter der Drainage. Foto: Ralf Ruppert
Thomas Hornung, Leiter des Referats Tiefbau bei der Stadt Bad Kissingen, erläuterte den Studenten das Konzept hinter der Drainage. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Vor dem Einstieg muss der Gas-Gehalt kontrolliert werden. Foto: Ralf Ruppert
Vor dem Einstieg muss der Gas-Gehalt kontrolliert werden. Foto: Ralf Ruppert
 
Jirka Skrbek Foto: Ralf Ruppert
Jirka Skrbek Foto: Ralf Ruppert
 
Traugott Scheytt Foto: Ralf Ruppert
Traugott Scheytt Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
Eindrücke von der Exkursion der TU Berlin nach Bad Kissingen. Foto: Ralf Ruppert
 

Studenten der Technischen Universität informierten sich über Heilquellenschutz. Das 26-Millionen-Euro-Projekt soll Ende 2017 starten und fünf Jahre dauern.

"Ohne Heilquellen kein Bad Kissingen." Auf diese einfache Formel reduzierte Thomas Hornung die Bedeutung von Max-, Pandur- und Rakoczy-Brunnen für die Stadt. Der Leiter des Bad Kissinger Tiefbau-Referats informierte elf Studenten aus dem Fachgebiet Hydrogeologie der Technischen Universität (TU) Berlin über das Projekt "Neue Altstadt". Professor Traugott Scheytt hatte das Staatsbad ins Programm der eineinhalbwöchigen Exkursion quer durch Deutschland genommen: "Interessant ist hier die Abwägung zwischen Schutz der Quellen und den notwendigen Arbeiten an der Kanalisation", berichtet er, und: "Diese Kombination ist mir so nirgends in Deutschland bekannt."


Ungewollter Austausch

Scheytt vergleicht die Arbeit der Geologen mit der von Forensikern: Wie bei einem Kriminalfall werde anhand von Indizien eine Theorie aufgestellt, weil niemand wisse, was sich genau unter der Erde befinde. Bei der Abwasser-Entsorgung seien einige Probleme weltweit sehr ähnlich: Zum einen ströme unkontrolliert Fremdwasser in die Kanäle, die so gennante Infiltartion. Umgekehrt gelangen aus undichten Rohren Schadstoffe in die Umwelt: die Exfiltration.
Diese beiden Fachbegriffe fielen bei der Exkursion immer wieder: Die gemauerten Kanäle unter der Fußgängerzone haben seit jeher einen doppelten Boden, ein eingebautes Drainage-System, das Grundwasser ableitet. Das geht so weit, dass beim Bau der ersten Kanalisation in den Jahren 1886 bis 1889 der Max-Brunnen trocken fiel. Zudem sickert jedoch auch immer mehr Grundwasser in den Kanal ein, dabei lösen die Mineralien zusätzlich die Fugen an.


Bürger benötigen Hebeanlagen

Diese Infiltration soll bei den größeren Kanälen dadurch verhindert werden, dass von innen Rohre aus glasfaserverstärktem Kunststoff eingezogen werden, denn statisch seien die Rohre in Ordnung: "Das war eine Meisterleistung im Kanalbau", kommentierte Hornung Bilder von Kamerabefahrungen. Die kleineren Abwasserrohre in den Nebenstraßen werden komplett in ein Drainage-System umfunktioniert. Dafür werden oberhalb neue Kanäle eingebaut. Nachteil für die Bürger: Sie benötigen möglicherweise Hebeanlagen, um das Abwasser abzuleiten.
Auch bei der Erneuerung der Kanalisation in den Jahren 1984/85 wurde der Maxbrunnen geschlossen, berichtete Hornung. Das Problem damals: So genannte siedlungsbedingte Schadstoffe gelangten in die Brunnen. "Die Heilquellen unterliegen dem Arzneimittelrecht", verwies Hornung darauf, dass nur sehr geringe Schwankungen beim Mineralgehalt zulässig sind. "Die Heilquellen sind unser Lebenselexier." Deshalb sei das oberste Ziel des Projektes Neue Altstadt, möglichst wenig am Wasserhaushalt zu ändern.
Seit Jahren laufen umfangreiche Voruntersuchungen: Jeder Kanal wurde mit Video-Kameras befahren, an neun Grundwasser-Messstellen werden regelmäßig Temperatur, Wasserstand und Leitfähigkeit registriert. Die Leitfähigkeit ist ein Indiz dafür, ob zu viel Grundwasser abfließt und deshalb von unten Heilwasser hochdrückt. Zudem wurden die Kanäle angebohrt und der Wasserdruck von außen gemessen.


Gebäude nur flach gegründet

Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich: So gebe es beim Wasserdruck von außen erhebliche Unterschiede entlang einzelner Stränge, was die Geologen auf die Boden-Beschaffenheit zurückführen: Wiesenkalke, Auelehmdeckel, Schluff, Kiese und schließlich in fünf bis sechs Metern Tiefe der Felshorizont aus Buntsandstein finden sich in den Bohrkernen. Eine Herausforderung wird laut Hornung bei den Bauarbeiten sein, dass viele Häuser in der Innenstadt nur sehr flach gegründet sind, zum Teil müssten ganze Gebäude erst gesichert werden, bevor die riesigen Bauwerke is zu fünf Meter in den Boden der engen Gassen gebaut werden.
Bis Ende 2016 hofft Hornung auf das hydrogeologische Gutachten, Ende 2017 sollen die Bauarbeiten beginnen. Alleine die Baustoff-Wahl sei schon ein wichtiges Thema: Welche Kunststoffe dürfen verwendet werden? Wie lassen sich die Bauschächte unter Wasser betonieren, weil selbst während des Baus der Grundwasserspiegel nicht gesenkt werden darf. Veranschlagte Kosten: Rund 12,5 Millionen Euro für den Kanal und 13,5 Millionen Euro für den Straßenbau. "Ich denke mal, dass wir fünf Jahre brauchen werden", schätzt Hornung. Aktuell sucht die Stadt Bad Kissingen für dieses Projekt einen neuen Bau-Ingenieur.
In der vergangenen Woche startete die Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Schüßler-Plan. Mitarbeiter Jirka Skrbek begleitete die Studenten, um sich selbst zu informieren. Unter anderem stieg auch er in den Schacht vor dem Neuen Rathaus, in dem das Grundwasser aus der Umgebung reguliert wird. "Die einzelnen Probleme kennen wir, hier kommt halt alles zusammen", fasst er die Aufgabe zusammen. Auch für Student Werner Buchert war die Exkursion nach Bad Kissingen sehr interessant. In Wiesbaden habe sich die Gruppe zwar den Bau eines Parkhauses im Heilquellenschutzgebiet informiert, aber die Sanierung einer Kanalisation sei deutlich schwieriger.