Lange Zeit galt sie als Musik der alten Leute. Doch inzwischen begeistern sich immer mehr junge Musiker für Blasmusik. Warum?
"Die Hände zum Himmel", das war gestern. Heute erklingen in den Festzelten Lieder wie "Kommt Freunde singt mit mir ein Lied" oder "Ich bin bloß a gloana Bauer". Und das nicht ohne Grund. Blasmusik, egal in welcher Form, ist wieder gefragt. Nicht nur bei der älteren Generation, sondern vor allem bei jungen Leuten. Der Würzburger Professor Ulrich Konrad, Musikwissenschaftler und Experte für die europäische Musik des 17. bis 20. Jahrhunderts, hat eine ganz einfache Erklärung dafür: "Blasmusik ist heute stilistisch so vielfältig, dass sie längst über dröhnendes Humtata und stampfende Märsche hinausgeht."
Auch Andreas Kleinhenz, Geschäftsführer beim Nordbayerischen Musikbund (NBMB) bestätigt das: "Das verstaubte Image von Bierzelt und Blasmusik ist vorbei. Da geht deutlich mehr als nur das altbekannte Prosit der Gemütlichkeit." Aktuelle Zahlen belegen den Trend. Insgesamt 900 Vereine Ober-, Mittel- und Unterfrankens sowie der Oberpfalz sind beim NBMB organisiert. "60 Prozent der Musiker sind unter 27 Jahre alt", weiß der Geschäftsführer. Zwar haben die Musikvereine auch mit Nachwuchssorgen zu kämpfen, dennoch sind viele gut aufgestellt. "Sie offerieren (oft) eine instrumentale Ausbildung. Dies geschieht nicht abstrakt, sondern schon früh gekoppelt an die Möglichkeit des Mitmachens, und ruft damit Erfolgsgefühle hervor. Das stärkt das Selbstbewusstsein", erklärt der Würzburger Musikprofessor, weshalb die Musikvereine bei Kindern und Jugendlichen so beliebt sind.
Ein weiteres Argument liefert das digitale Zeitalter mit virtuellen Freundschaften und sozialen Netzwerken im Internet. "Als Musiker in einer Gruppe hast du, wenn du integriert bist, ein greifbares soziales Leben", ist Sabrina Brixel überzeugt. Die 35-Jährige ist begeisterte Hobbymusikerin, spielt aktuell bei den Premicher Musikanten und in der Combo "Bedörend Röhrend". Blasmusik habe ihr schon immer gefallen, weshalb sie viele Jahre bei den Egerländern musizierte. "Früher konnte ich Blasmusik mit meinem Vater im Radio nur sonntags zwischen 11 und 12 Uhr auf Bayern 1 oder im Festzelt hören", erzählt sie. Inzwischen habe sich das geändert. Es gebe verschiedene Sender im Radio oder Beiträge auf Youtube. "Die sind rund um die Uhr abrufbar." Blasmusikfans müssen jedoch nicht in die Ferne schweifen. "Hier bei uns in der Rhön gibt es viele Kapellen, die richtig gut sind", ist ihr Mann Frank Brixel überzeugt.
Der 39-Jährige ist Berufsmusiker, arbeitet als Musiklehrer in Schweinfurt und dirigiert die Blaskapelle des Musikvereins Lauter. Früher hat er die Begeisterung seiner Frau für Blasmusik belächelt. "Ich habe schließlich Jazz-Trompete studiert", erklärt er. Doch inzwischen ist auch er infiziert, arrangiert immer wieder altbekannte Stücke für die Combo "Bedörend Röhrend" neu. "Das muss fetzen", sagt seine Frau. Dass Blasmusik mittlerweile so oft und gerne gespielt wird, liegt für Frank Brixel auch an der guten Ausbildung, die die Nachwuchsmusiker heute bekommen. "Schon das Unterrichtsmaterial ist sehr hochwertig und auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet. Das kann man mit unseren Notenschulen von früher nicht mehr vergleichen", sagt er. Entsprechend können und wollen die Musiker heute mehr, stellen sich sogar in Wettbewerben. "Im Juni findet die Europameisterschaft der Blasmusik in Bamberg statt", weiß seine Frau.
Georg Preisinger bestätigt das. "Wettbewerbe sind ein Anreiz", sagt er. Der Allgäuer Unternehmer veranstaltet den kommerziellen "Grand Prix der Blasmusik", dessen Finale im Zirkus Krone in München stattfindet. Zudem organisiert er jährlich mehr als 100 Konzerte mit namhaften Blasmusikern, wie den Egerländern, German Brass oder der Band Blechschaden, eine Combo der Münchner Symphoniker. "Die Leute wollen gute Qualität und das bezahlen sie auch. Aber sie wollen nicht betrogen werden", betont er. Blasmusik sei handgemachte, ehrliche Musik. Junge Leute würden voll darauf abfahren. "Man muss nur in die Festzelte schauen, was dort für eine tolle Partystimmung herrscht, wenn Blasmusiker aufspielen."