Nach 50 Jahren kehren die Abiturienten von damals nach Bad Brückenau zurück. Dieter Widmann weiß noch manchen Schwank aus seiner Jugendzeit im Schülerheim zu berichten.
Wie erzählt man ein Leben in einer Stunde? Gar nicht. Man skizziert es nur. Aber die Skizze, die Dieter Widmann im Frühling gemütlich in einem Eiscafé zeichnet, hat viele Stationen. Eine Prise Romantik ist auch dabei.
"In meiner ersten Pause habe ich sie gleich gesehen", erinnert sich Widmann.
Doch seine "Linde" ließ ihn zappeln.
"Wir haben uns erst im Religions-Un terricht an genähert, den hat damals Pfarrer Zoller gemacht", erzählt Widmann. Sie saß damals in einer Reihe mit Christiane von Thüngen. Daggi Fischer, ihre beste Freundin, war auch in Reichweite. "Da ist er gekommen und hat mich gefragt: Darf ich mich ne ben dich setzen?", erzählt die in Brückenau aufgewachsene Würzburgerin mit einem Schmunzeln. "Natürlich hab ich nein ge sagt.
Und dann hat er gesagt: Ich habe aber Schokolade ... ". Das gab den Ausschlag.
Ein Leben für Fußball Fortan begleitet Dietlinde ih ren Dieter durchs Leben. Und ihn begleitet der Fußball auf Schritt und Tritt. Als junger Mann spielt er als Berufsfußballer für den Karlsruher Sportclub. Doch sein Bruder sagt: "Der soll erst einmal Abitur ma chen". Also kommt er am 6.
November 1962 als 20-Jähriger nach Bad Brü ckenau. Warum Bayern? "Weil man damals in Deutsch auch mit der Note 5 das Abi noch bestanden hat", verrät Widmann verschmitzt.
In der Kurstadt spielt er in der ersten Mannschaft des FC und holt 1968 den A- Klassenmeister Rhön. Er studiert Sport und Chemie auf das Höhere Lehramt, sie Grundschul-Lehramt.
Im Januar 1976 zieht die Familie samt Sohn und Tochter nach Namibia, das damals noch Südwestafrika hieß. Eigentlich unterrichtet Widmann an der Deutschen Schule. Ne benbei trainiert er die Schulmannschaft, die "African Stars"aus Katutura, der Schwarzen Stadt von Windhuk, eine Mannschaft der südafrikanischen Armee, die U 16-Nationalmannschaft und am Schluss so gar die Nationalmannschaft des damaligen Südwestafrika.
Missgeschick
beim Faschingsball Schwarze Spieler. Weiße Spie ler. Damals herrschte noch die Apartheit. "Eine spannende Zeit", sagt Widmann versonnen. Auf Heimaturlaub kickt er wie der beim FC. "Sie haben mir da mals die silberne Ehrennadel runtergeschickt", erinnert sich Widmann. Langweilig wird dem Pensionär nicht. Noch heute ist er mit dem Deutschen Fußball-Bund in Kontakt und schreibt alle zwei Jahre Be richte über die Afrika-Meisterschaft .
Kontakte
pflegen die Widmanns auch in die alte Heimat. Am kommenden Wochenende treffen sich die ehemaligen Klas senkameraden wieder und tauschen Geschichten aus. Zum Beispiel die vom Fasching 1963. Im Schülerheim wurde Ausgangssperre verhängt, die Türen waren verschlossen. "Da seilten wir uns mit Bettlaken aus den Fenstern ab", erzählt Widmann. Es gab zwei Faschingsbälle. Die Jungen entschieden sich für den im Hotel Post.
Es war die falsche Entscheidung.
"Ich marschiere da rein und am Tisch sitzen alle Erzieher und der Heimleiter", weiß der 70-Jährige noch wie heute. "Freilich gab's da ein Nachspiel. Hinterher haben wir ganz schön schippen müssen." Denn das Schülerheim war neu - und außen musste das Erdreich angelegt werden. Unvergessen ist auch Hausmeister Schaupp. "Schuhe ausziehen!", mahnte er die Schüler vor dem Betreten des Schulgebäudes immer. "Ja ja, so war das damals", seufzt Dieter Widmann. Und wenn er sich erinnert, liegt ein weiches Lächeln auf seinem Gesicht.