Horst Schmidt war 1956 bis 1970 Mitarbeiter bei der Firma Remog und  berichtete im  Erzählcafé aus dieser Zeit. Sein Herz hängt immer noch an Münnerstadt.
                           
          
           
   
          Wenn Horst Schmidt an seine Zeit bei der Firma Remog in  Münnerstadt zurückdenkt, dann gerät er regelrecht ins Schwärmen: "Rudolf  Erich Müller war ein sehr guter Chef. Es gab dort Weihnachtsgeld,  Urlaubsgeld, Geburtstagsgeld. Zwei Mal hat er allen Mitarbeiterinnen und  Mitarbeitern 14 Tage Urlaub am Chiemsee und am Wolfgangsee spendiert." Mit  dem inzwischen 78-jährigen früheren Remog-Mitarbeiter, der vor fast 50  Jahren nach Thüngen bei Karlstadt wechselte, startete im Seniorenzentrum  Sankt Elisabeth die Erzählcafé-Saison  2019/20.  Baldur Kolb begrüßte ihn  mit der Bemerkung "wir kennen uns von Kindheit an".
       
 Unter den zahlreichen  Besuchern waren aber  auch frühere Arbeitskollegen von Horst Schmidt, und der  freute sich über "Kollegen, die ich seit fast 50 Jahren nicht mehr gesehen  habe". Horst Schmidt, Jahrgang 1941, erzählte, dass er in Liegnitz (heute Polen)  geboren wurde. 1946 flüchtete er mit seinen Eltern und Geschwistern über  Österreich nach Franken. Zuerst landeten sie in Großwenkheim. Dort hatten  sie ein Zimmer mit einer großen Matratze und Strohsäcken. Er erinnerte sich:  "Zu Weihnachten brachte uns der Pfarrer ein paar Heiligenbildchen."  Später  zogen sie nach Münnerstadt in die Bahnhofstraße. In dieser Zeit half der  zehnjährige Bub schon in der Landwirtschaft mit. Später konnte die Familie  in ein Haus des Landkreises in der Karlsbergstraße ziehen.
Ausbildung zum Mechaniker
 Nach der  Volksschule brauchte Horst Schmidt er einen Ausbildungsplatz, aber es war schwer einen zu  finden. "Das Arbeitsamt hat nur Lehrstellen vermittelt, die keiner wollte, wie Metzger oder Bäcker", erinnerte er sich. In den größeren Firmen bekamen  fast nur diejenigen Lehrstellen, deren Vater hier schon beschäftigt war.  Horst Schmidt bewarb sich bei Remog "obwohl ich gar nicht wusste, was die  machen". Als 15-jähriger begann er dort seine dreieinhalbjährige  Ausbildung zum Mechaniker in der alten Mühle. "Die Maschinen waren alt. Wir  hatten im Haus keine Toilette und mussten im Freien auf ein Plumpsklo  gehen", erinnerte er sich. Und "wir durften keine Brotzeit liegen lassen,  denn die hätten die Ratten von der nahen Lauer geholt". Als Lehrling bekam  er sechs Mark pro Woche. Als er ausgelernt hatte, erhielt er zuerst einen  Stundenlohn von 90 Pfennig und dann von einer Mark.  "Das war viel Geld",  rechnete er vor, denn er kam auf 200 Stunden pro Monat. Montags bis  freitags wurde zwischen 7 und 18 Uhr gearbeitet, samstags bis 15 Uhr. Die  Abzüge waren mit 30 Mark gering, blieben also etwa 170 Mark. Damals kostete  ein Bier 50 Pfennig, ein Liter Bier 45 Pfennig. Über seinen damaligen Chef und dessen soziale Ader lässt er nichts kommen:  "Herr Müller brachte immer Arbeit bei. Rexrodt zahlte zu wenig. Müller  konnte es sich leisten, deshalb halbfertige Teile vor die Türe zu stellen." 
Ehrenamtlich beim Roten Kreuz
 Schmidt erzählte auch, dass er beim Roten Kreuz ehrenamtlich tätig war und  nach Lehrgängen, die er absolviert hatte,  viele Leute in Münnerstadt und  Nachbargemeinden in Erster Hilfe ausgebildet hat. Kolonnenführer des Roten  Kreuzes war damals Bernhard Brust, der es sich nicht nehmen ließ, den  Vortrag seines früheren Rotkreuz-Kollegen zu besuchen. 
Wechsel nach Thüngen
Da die Aufstiegsmöglichkeiten dort besser waren, wechselte Horst Schmidt im  Jahr 1970 nach Thüngen bei Karlstadt und wurde in einem Unternehmen  Werkmeister und Abteilungsleiter.  Seine Frau gründete ein zuerst kleines  Schreibwarengeschäft, das zum größeren Unternehmen für Schreibwaren und  Büromaschinen mit 40 Beschäftigten wurde und heute von einem Sohn geführt  wird. Dort half er bis zum 74. Lebensjahr mit. "Mein Herz hängt immer noch an Münnerstadt", betonte Schmidt zu seinen  vielen Zuhörern, von denen ihn noch viele kennen. Deshalb kommt er öfter zu  Klassentreffen, Stammtischen und auch Beerdigungen.  Und er informiert sich  auch regelmäßig über die Lage bei Remog und klagte: "Ich finde es  beschämend, dass eine Firma, die so groß geworden ist, kaputt gemacht  worden ist. Ich kann das nicht verstehen. Die Arbeitsplätze werden nach  Polen verlagert, weil der Stundenlohn 50 Prozent geringer ist. Ich bin sehr  traurig für die Mitarbeiter, die hier arbeiten."