Im Jahr 1616 gab Fürstbischof Julius Echter einen erneuerten Fundationsbrief für das Münnerstädter Pfründner-Spital heraus.
Mit Jubiläen ist das ja so eine Sache. Oft liegt der tatsächliche Zeitpunkt der Gründung von Städten oder Institutionen im Dunkeln, man orientiert sich an der ältesten erhaltenen Urkunde. Leichter wird es schon, wenn der Anfang gut dokumentiert wurde, meist weil das noch nicht gar so lange her ist. Beim Münnerstädter Juliusspital (früher Pfründnerspital) trifft beides zu. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1321, aber wahrscheinlich ist es noch viel älter.
Verbrieft ist, dass Anfang des 17. Jahrhunderts die Spitäler in Franken darnieder lagen. Fürstbischof Julius Echter führte gründliche Reformen durch und gab ihnen eine neue Ordnung. Das gilt auch für das Pfründnerspital Münnerstadt, das er teilweise neu erbauen ließ. Die im sogenannten erneuerten Fundationsbrief für das Spital gegebene Ordnung regelte dann bis ins Einzelne gehend die Hausordnung und Pflichten.
Diesen Brief, der als Neugründung des heutigen Juliusspitals gesehen werden kann, schrieb Julius Echter anno 1616 - also vor 400 Jahren. Es war der 24. Juni.
Genaue Anweisungen
"Ausführlich legt die Ordnung den Speiseplan fest, und zwar für jeden einzelnen Wochentag und dann nochmals für die Fastenzeit", war im Jahr 1966 anlässlich der 350-Jahr-Feier des Spitals zu lesen. "Auch wieviel Wein oder Bier getrunken werden darf, ist enthalten." Für die Kranken im Spital galten eigene Bestimmungen, die nicht so genau umrissen waren, sondern sich an dem jeweiligen Zustand orientieren sollten. Aufgenommen wurden alte und arbeitsunfähige Personen.
Urkunden im Stadtarchiv
Wenn man mehr über das Juliusspital erfahren will, führt kein Weg am Stadtarchiv vorbei.
Zielsicher steuert Klaus Dieter Guhling einen Stahlschrank an, öffnet ihn und holt eine Mappe heraus. "Des löblichen Spitals Münnerstadt - Verschiedene alte Dokumenta" steht darauf geschrieben. Es enthält Abschriften uralter Urkunden. Der Stadtarchivar geht davon aus, dass die Sammlung ebenfalls aus der Zeit Echters stammt, der viele alte Dokumente auf diese Weise sichern ließ.
Doch auf die Schnelle lässt sich so auch kein Einblick finden. "Vor allem die frühen Jahre des Juliusspitals sind nicht erfasst, dazu gibt es aber viele Dokumente und Urkunden", erklärt Klaus Dieter Guhling. "Das wäre ein schönes Thema für eine wissenschaftliche Arbeit", findet er.
Interessenten können sich gerne bei ihm melden.
Stadt übernahm die Stiftung
Wenn es auch noch keine zusammenfassenden Schriften über die frühe Geschichte der Spitals gibt, so kann der Stadtarchivar natürlich mit seinem Wissen weiterhelfen. Früher lagen alle wohltätigen Angelegenheiten - darunter auch die Versorgung von Alten und Kranken - in den Händen des Deutschen Ordens, erläutert Klaus Dieter Guhling. Das änderte sich jedoch später. Mit dem Stadtrecht habe der Rat der Stadt im Jahr 1335 auch das Recht bekommen, eine solche Einrichtung zu führen. Diese war bereits zuvor von frommen und mildtätigen Bürgern gegründet worden.
Fortan hatte der Rat der Stadt Oberaufsicht über das Spital. Er bestimmte einen Spitalmeister, der im Spital wohnte und dort auch verköstigt wurde.
Später dehnte sich die Stiftung weit über Münnerstadt hinaus aus. Belegt sind Felder und Wälder in 19 Ortschaften. Nach Echter wurden zwei Pfleger aufgestellt, die über die Ordnung im Haus wachten, für die Verpflegung der Pfründner sorgten und über die Verwaltung des Vermögens Jahresrechnung ablegten.
Im Münnerstädter Stadtarchiv füllen diese Jahresrechnungen ein ganzes Regal. Klaus Dieter Guhling greift willkürlich eines der Bücher heraus. Es stammt aus dem Jahr 1852. Er vermag die alte deutsche Schrift zu lesen und zählt Grundstücke in Althausen, Burglauer, Maßbach, Nüdlingen, Poppenlauer und etlichen weiteren Orten auf.
Jetzt wollen wir doch einmal sehen, ob wirklich aufgelistet werden musste, wie viel Wein und Bier verbraucht wurde.
90 Eimer Bier
Fein säuberlich sind die Einnahmen oder Ankäufe auf der einen Seite, der Verbrauch oder Verkauf auf der anderen Seite aufgelistet. Und dann ist es tatsächlich schwarz auf weiß zu lesen: Im Jahr 1852 hat das Spital 90 Eimer (frühere Maßeinheit) Bier gebraut, getrunken wurden 81 und dann sind noch einmal acht Eimer aufgeführt. Wo der 90. Eimer Bier geblieben ist, verschweigt das Buch. Beim Wein dagegen geht die Rechnung voll auf. Zwei Eimer hat das Spital angekauft, zwei wurden ausgeschänkt an Kranke.
Insgesamt verzeichnete der Pfleger 27 566 Gulden an Einnahmen, ausgegeben wurden 23 964 Gulden, womit Das Spital in diesem Jahr 3602 Gulden erwirtschaftet hatte.
Erstes Siegel von 1343
Es gibt Hunderte solcher Geschichten. Der Stadtarchivar holt ein Buch des von Karl Dinklage hervor. Danach hat das Juliusspital bereits im Jahr 1343 über ein eigenes Siegel verfügt. Es zeigt einen Gnadenstuhl - Gottvater hält den Gekreuzigten auf seinem Schoß.
Wer sich schon einmal gewundert hat, warum am alten Eingang zum Juliusspital (von der Riemenschneiderstraße aus) ein Hirsch zu sehen ist - Klaus Dieter Guhling kennt die Antwort. Der heutige Fränkische Hof war früher das Gasthaus zum Goldenen Hirschen. Über dem Eingang thronte ein Hirsch. Als daraus die "Post" (Fränkischer Hof) wurde, hatte Gastwirt Georg Schrepfer keine Verwendung mehr dafür. Weil er aber gleichzeitig Spitalmeister war, brachte er den Hirschen zum Spital.
Und da ist er noch heute.
Nach der neuen Fundation durch Julius Echter vor 400 Jahren hatte sich lange Zeit nur wenig verändert. Seit der Gründung stand immer die Betreuung und Pflege von Alten und Kranken im Mittelpunkt. In der Jahren 1783 und 1784 wurde der dreistöckige Hauptbau errichtet. 1988 folgte der bisher letzte Umbau des Altbaus.
Rasante Entwicklung
Erst in jüngster Zeit hat das Spital eine rasante Entwicklung erlebt. Dies begann mit dem Umbau des benachbarten Augustinerklosters St. Michael zum Betreuten Wohnen. Außerdem bekam das Spital einen neuen, modernen Anbau. Zum 1. Januar 2013 übernahm die Carl-von-Heß'sche Sozialstiftung das Juliusspital und den Betrieb des Betreuten Wohnens. Inzwischen hat die Augustinerprovinz auch das Kloster der von Heß'schen Sozialstiftung übergeben. Die Juliusspitalstiftung, deren Vorsitzender Bürgermeister Helmut Blank (CSU) ist, ist heute nicht mehr Träger der Einrichtung. Nun hat die Stiftung nur noch einen Zweck: Die Unterstützung der Menschen, die dort leben.