Äthiopischen Christen feiern in Münnerstadt gemeinsam

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Die Kaffeezeremonie ist Frauensache. Sie wird an Feiertagen wie Weihnachten immer zelebriert, erzählen die Asylbewerber aus Äthiopien. Fotos: Heike Beudert
Die Kaffeezeremonie ist Frauensache. Sie wird an Feiertagen wie Weihnachten immer zelebriert, erzählen die Asylbewerber aus Äthiopien.  Fotos: Heike Beudert
Der älteste Mann im Raum schneidet das Weihnachtsbrot an.
Der älteste Mann im Raum schneidet das Weihnachtsbrot an.
 
 
 

Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit gibt es in Münnerstadt mittlerweile eine kleine äthiopische Gemeinde. Rund 30 Menschen zählt sie, zumeist junge Leute, die am Schindberg in den Wohnungen für Asylbewerber leben.

Der 43-jährige Ambaye Mekonen Kassaw gehört zu den ältesten. So hat er auch die Ehre, das eigens für das gemeinsame Weihnachtsfest gebackene Brot anzuschneiden und zu teilen. Diese Aufgabe fällt am Weihnachtsfest immer dem Senior des Hauses zu. Das traditionelle Brot gehört für die Äthiopier vermutlich ebenso sehr zum Weihnachtsfest wie für die Deutschen der Christstollen.

Normalerweise hätten die Christen aus Äthiopien ihr Weihnachtsfest in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar auch in der Kirche gefeiert. Doch was ist schon normal, wenn die Heimat mehrere tausend Kilometer entfernt ist? Eine äthiopisch-orthodoxe Kirche gibt es in Münnerstadt nicht und die Familien sind weit weg. Weihnachten, das fand für die äthiopischen Asylbewerber am 7. Januar im Zimmer einer Wohnung in der Bergstraße statt. Dort trafen sich die jungen Leute, um gemeinsam zu feiern. Das hilft an solchen Tagen, das aufkeimende Heimweh etwas zu stillen. Einen Gottesdienst in ihrem Ritus gibt es zwar nicht, "aber wir denken daran", sagt Wube Aremayehu Gebretsadik.

Als Ersatz für die Messe haben die Männer und Frauen eine CD aus ihrer Heimat eingelegt. Die Medhane-Alem-Kirche der Hauptstadt Addis Abeba kommt immer wieder ins Bild, ebenso betende Christen in weißen Gewändern. Außerdem sind religiöse Lieder zu hören. Die CD läuft, während sich immer mehr Leute im kleinen Zimmer drängen. Kerzen brennen. Einige Frauen tragen weiße Kleider; weiß ist in Äthiopien die Farbe des Glaubens, erklären sie. "Wir sind hier wie eine große Familie", sagt Wube Aremayehu Gebretsadik, ein Journalist aus Addis Abeba. Demelash Bekele Feleke findet, dass es gut ist, gemeinsam zu feiern. Das helfe etwas darüber hinweg, dass man alleine in der Fremde ist. Der Münnerstädter Tilman Kluge, der sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, ist immer wieder beeindruckt davon, wie eng die äthiopischen Asylbewerber zusammenrücken. Es gebe im Land sehr viele unterschiedliche Volksgruppen mit unterschiedlichen Bräuchen. Hier in Deutschland hielten alle zusammen. Das sei nicht unbedingt selbstverständlich, findet Tilman Kluge.

43 Tage vor dem Weihnachtsfest haben die äthiopischen Christen auch in Münnerstadt auf Fleischgenuss verzichtet. Am 7. Januar darf wieder alles gegessen werden. Als erstes wird das Hefebrot gereicht. Scharf gewürztes Hähnchen, Fladenbrot, Gemüse und Käse folgen. Dazu wird Wein und äthiopisches Hirsebier, Tella, getrunken. In ihrer Heimat, erzählen die Männer und Frauen, würden an Weihnachten auch die Ärmeren mit Speisen bedacht. Vor allem für die Kinder gebe es kleine Geschenke.

Grün für das Leben

Nicht fehlen darf eine Kaffee-zeremonie. Diese ist Frauensache, ebenso wie die Zubereitung der Speisen. Dazu wird auch etwas Weihrauch auf einem kleinen Stövchen entzündet. Kaffeekanne und Tassen stehen auf einem Bett auf Gras. Das signalisiere das neue Leben, erklärt Berhanu Abdissa Shuremu.

Wie in Deutschland, steht das Grün auch für die Hoffnung, in diesem Fall auch dafür, dass Gott immer genügend Nahrung geben möge. Weihnachten fällt, so erklären die Männer, in Äthiopien auch mit der Erntezeit zusammen.
Weihnachten, das ist in Äthiopien ein Fest, das man immer in Gemeinschaft feiert. Deshalb ist es auch selbstverständlich, dass trotz aller Enge zusammengerückt wird. Zwei Betten, ein Sofa und ein paar weitere Sitzgelegenheiten sind im Zimmer - aber es ist Platz für alle dort.