Es sei die erste Veranstaltung nach Corona gewesen, die Menschen hätten sich spürbar danach gesehnt, wieder mit andren zu sprechen. "Ich denke, durch diese Zusammenkunft ist wieder viel Lebensfreude geweckt worden. Es hat sich gezeigt, dass es ganz wichtig ist, dass die alten Menschen Besuch bekommen. "
Besuchs- und Begleitdienst
Daher baut Schlee-Söder auch einen Besuchs- und Begleitdienst auf: Ehrenamtliche besuchen einsame Menschen - im Heim, aber auch zu Hause. "Viele leben ja zu Hause, und wollen da auch bleiben, was ja auch gut ist. Sie sind aber dort alleine. Dem wollen wir entgegentreten."
Vor allem für diese Menschen sei es gar nicht so leicht, neue Kontakte zu knüpfen. Das Projekt wird sich dafür auf Hinweise von Angehörigen und Pflegediensten stützen. In Nüdlingen habe es von den Maltesern Theaterfahrten gegeben, das solle nun nach Corona wieder aufleben: gemeinsame Kulturveranstaltungen besuchen.
Anfälliger für Depressionen
Warum das Engagement wichtig ist, kann Schlee-Söder genau sagen: "Zum einen natürlich, weil die Menschen da sehr drunter leiden. Aber man weiß auch, dass einsame Menschen eher krank werden, anfälliger sind für Depressionen."
Beim Osterbrot-Backen habe sie eine Dame bemerkt, die sonst nie Besuch bekommt: "Sie saß am Anfang ganz apathisch da, später hat die auch mal ein Lächeln im Gesicht gehabt." Brigitte Schlee-Söder weiß, dass sich die Einsamkeit im Alter in Zukunft noch verstärken wird.
Veränderte Familienstrukturen
"Ich gehe davon aus, dass das immer größer wird. Weil die Familienstrukturen nicht mehr so sind, wie es mal waren. Das hat sich in den vergangenen Jahren abgezeichnet und wurde jetzt mehr." Zudem gebe es auch zunehmend Single-Haushalte, viele hätten keine Kinder.
Die bisherigen Besuche des Besuchs- und Begleitdienstes seien gut angenommen worden: Die Menschen freuten sich, sich unterhalten zu können.
Ministerium für Einsamkeit
England hat das Thema im Jahr 2018 als nationale Aufgabe eingestuft und das Ministerium für Sport und Zivilgesellschaft um Einsamkeit ergänzt. Damit wird es oft als erstes Einsamkeitsministerium weltweit zitiert.
Konkretes Handeln: Schließt eine Gemeinde Jugendclubs oder hebt die Preise für den ÖPNV an, würde das Einsamkeit befördern. Entscheidungen mit solchen Konsequenzen sollen im Voraus erkannt und verhindert werden.
Angesprochen auf das Einsamkeitsministerium in England, sagt Schlee-Söder: "Ich finde, es muss auf jeden Fall zum Thema gemacht werden. Im BMFSFJ sind ja auch Senioren aufgeführt, es wäre gut, wenn das noch stärker berücksichtigt würde. Und wenn das noch mehr in der Bevölkerung thematisiert würde." Einen positiven Effekt von Corona sieht sie jedoch darin, dass Einsamkeit als Problem in den vergangenen Jahren ein wenig enttabuisiert wurde.
Für Interessierte:
Infos zum Projekt gibt es bei Brigitte Schlee-Söder unter Tel. 0170/5553861 oder bei Petra Reith unter Tel. 0971/72469422.
Kommentar von Ellen Mützel, Redakteurin der Saale-Zeitung:
Einsamkeit ist ein wichtiges Thema, das in der Vergangenheit noch nicht genug Aufmerksamkeit bekam, in Zukunft noch mehr Menschen betreffen wird und sich während der Corona-Pandemie als Problem noch verstärkt hat: Eine Forsa-Umfrage aus dem Frühjahr 2021 hat ergeben, dass sich mehr als jede fünfte Person ab 75 Jahren häufig oder zumindest hin und wieder einsam fühlt.
Frauen sind im hohen Alter häufiger von Einsamkeit betroffen als Männer. So ist es schön, dass das Ministerium für Frauen, Senioren, Familien und Jugend sich mit dem Thema auseinandersetzt und Projekte wie "Miteinander-Füreinander" fördert, das nun auch in Bad Kissingen seine Arbeit beginnt.
England schrieb sich das Thema Einsamkeit 2018 auf die Fahnen. Auch Japan hat seit einem Jahr ein Einsamkeitsministerium, nachdem sich dort eine steigende Suizidrate bemerkbar machte. In dem Land ist Einsamkeit schon länger Thema, auch sprachlich: Der Begriff "Hikikomori" bezeichnet Menschen, die in extremer sozialer Isolation leben, "Kodokushi" das einsame Sterben.
Was uns mit Japan verbindet: Nach dem Land mit dem höchsten Altersschnitt der Welt, Japan, folgt Deutschland auf Platz zwei. Und wie die Forsa-Umfrage zeigt, ist Einsamkeit im Alter auch hier bereits spürbar.
Dass Projekte wie Miteinander-Füreinander wichtig sind und weiter ausgebaut werden sollten, zeigt sich auch bei Betrachtung der Folgen von Einsamkeit: Studien zeigen, dass Einsamkeit mit einem höheren Risiko für Gesundheitsprobleme wie Herzkrankheiten, Demenz und Essstörungen verbunden ist.