Frauen sind in den politischen Gremien im Landkreis Bad Kissingen in der Minderheit. Daran wird sich auch mit der Kommunalwahl am Sonntag nicht viel ändern. Dabei wird ihre Sicht auf die Dinge in der Kommunalpolitik gebraucht.
Obwohl Marion Albert schon 25 Jahre bei der Bad Bockleter CSU ist, ist es das erste Mal, dass sie sich für ein Amt bewirbt. Die freiberufliche Dozentin führt seit drei Jahren den Ortsverein. "Bei mir ist der Gedanke gereift, dass ich für den Gemeinderat und den Kreistag antrete", sagt sie. Um sich auf die mögliche Arbeit in den Gremien vorzubereiten, hat sie an einem Mentoren-Programm der Frauen Union teilgenommen.
Das Programm soll gezielt Frauen an die Politik heranführen. Albert besuchte Kurse zur politischen Bildung, erhielt Rhetorikkurse, tauschte sich mit Politikerinnen und anderen Einsteigerinnen aus und bekam die Bad Brückenauer Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) als Mentorin zur Seite gestellt. Albert findet, dass sich das Programm gut eignet, um Einsteigerinnen fit zu machen. "Man erhält einen Einblick, wie es in den Gremien läuft. Was passiert, was kommt auf mich zu. Mir hat das schon geholfen", sagt sie.
Kommunalpolitik ist nach wie vor männlich dominiert. In deutschen Gemeinde- und Stadträten liegt der Frauenanteil aktuell im Durchschnitt bei 27 Prozent. Nur etwa jedes zehnte Rathaus wird von einer Frau geführt (Quelle: www.kommunal.de). In den beiden größten Gremien im Landkreis - dem Kreistag und dem Stadtrat in Bad Kissingen - liegt der Frauenanteil darunter. Daran wird sich auch nach der Wahl vermutlich nicht viel ändern: Nur rund jeder dritte Bewerber für den Kreistag und den Kissinger Stadtrat ist weiblich. Die Grünen sind die einzigen, die für beide Gremien so viele Frauen wie Männer ins Rennen schicken. Grünen Kreisvorsitzender Tobias Eichelbrönner erklärt, dass die Partei seit ihrer Gründung auf die Gleichstellung der Frau achte. "Wir strengen uns sehr an, das umzusetzen", sagt er. Das verstärke sich ab einem gewissen Punkt selbst. Engagieren sich viele Frauen in einer Partei, macht das die Partei für Neueinsteigerinnen attraktiver. Die männerdominierte Kultur, die in vielen Gremien vorherrscht, schrecke sie dagegen ab. "Auf so eine Stadtratsarbeit haben sie dann keine Lust. Das macht es schwierig, Frauen für Ratsgremien zu gewinnen", sagt Eichelbrönner.
Andreas Kaiser kann davon ein Lied singen. Auf der Kreistagsliste der Freien Wähler finden sich gerade einmal 13,3 Prozent Frauen, auf der Stadtratsliste sind es 20 Prozent. "Ich habe sehr viele Frauen gefragt, aber so viele Körbe habe ich noch nie in meinem Leben bekommen", berichtet der Kreisvorsitzende. Gründe gebe es mehrere. Als einen Punkt sieht er, dass Frauen sich neben dem Beruf nach wie vor stark um die Familie kümmern müssen.
"Es braucht mehr Frauen in der Politik", sagt Gudrun Heil-Franke, CSU-Stadträtin in Bad Kissingen und Vorsitzende des Ortsverbandes der Frauen Union. Neben der Doppelbelastung Familie und Beruf sieht sie noch als Problem, dass Frauen sich im Vergleich zu Männern politische Mandate nicht so zutrauen. "Sie fragen sich viel intensiver: Kann ich das, bin ich die richtige dafür?", sagt sie. Ihr selbst habe der Austausch innerhalb der Fraktion und mit ehemaligen Stadträten geholfen, sich in die Aufgaben eines Stadtrates einzuarbeiten.
Die politischen Gremien würden davon profitieren, wenn mehr Frauen hineingewählt würden. Da sind sich die vier Kommunalpolitiker einig. Und zwar nicht nur weil sie die Hälfte der Bevölkerung repräsentieren. "Sie haben eine ganz andere Sicht auf die Dinge", findet Marion Albert. Tobias Eichelbrönner sieht das ähnlich. Frauen machen im Alltag andere Erfahrungen als Männer und setzen sich mit anderen Problemen auseinander. "Gerade da ist es wichtig, dass sich möglichst viele Frauen politisch engagieren, damit diese Perspektiven eine Stimme haben", sagt er.