Landkreis Bad Kissingen: Wer kümmert sich um den Klimaschutz?

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Der Weltklimarat hat der Bundesregierung ein sehr schlechtes Zeugnis in Sachen Klimaschutz ausgestellt. Grafik:Jessica Zapf, Adobe Stock
Der Weltklimarat hat der Bundesregierung  ein sehr schlechtes Zeugnis in Sachen Klimaschutz ausgestellt. Grafik:Jessica Zapf, Adobe Stock

Wie werde ich finanziell unterstützt, wenn ich mein Haus klimafreundlicher gestalten möchte? Was können die Gemeinden vor Ort tun, um weniger CO2zu produzieren? Antworten darauf kann ein Klimaschutzmanager geben.

Bisher hatte im Landkreis nur Münnerstadt einen Klimaschutzmanager, obwohl die Fördermöglichkeiten gut sind. Ab März hat nun auch der Landkreis einen. Manche Kommunen kümmern sich bisher aber lieber selber. Ein Überblick.

Die Bundesregierung macht nach Meinung des Klimaforschers Hans-Otto Pörtner zu wenig für den Klimaschutz. "Für die Ambitionen kriegt sie eine Drei und für die Umsetzung eine Vier minus bisher", sagte Pörtner kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Er ist Ko-Vorsitzender einer Arbeitsgruppe des Weltklimarats (IPCC), der kürzlich den neusten Bericht veröffentlichte. "Die Auswirkungen, die wir heute sehen, treten viel schneller auf und sind zerstörerischer und weitreichender als vor 20 Jahren erwartet", heißt es dort.

In Bayern lautet das Ziel, im Jahr 2040 klimaneutral zu sein. Bis 2030 kündigte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an, 65 Prozent CO2einzusparen (im Vergleich zum Jahr 1990). Damit dies gelingt, müssen alle Kommunen ihren Beitrag leisten. Aber wer kümmert sich vor Ort, dass der Klimaschutz vorangeht und CO2eingespart wird?

Warum bisher nur in Münnerstadt?

Im Landkreis Bad Kissingen beschäftigte die vergangenen Monate nur die Stadt Münnerstadt einen Klimaschutzmanager. Stefan Richter trat im Juni vergangenen Jahres seine Stelle an.

Woran liegt es, dass Münnerstadt bisher die einzige Kommune im Landkreis Bad Kissingen war, die einen Klimaschutzmanager hatte? Münnerstadts Bürgermeister Michael Kastl (CSU) sagt: Nach der Kommunalwahl 2020 sei klar gewesen, "ein "Weiter so" kann es nicht geben." Er habe alle Fraktionen im Stadtrat und auch die Bürgerschaft sehr aufgeschlossen erlebt. Münnerstadt sei auch vor seiner Zeit als Bürgermeister für den Wandel offen gewesen, das sehe man zum Beispiel an den vielen Windkraftanlagen. Münnerstadt trage als flächenmäßig vergleichsweise große Kommune (93 Quadratkilometer) im Landkreis eine besondere Verantwortung.

Natürlich habe auch die staatliche Förderung eine wichtige Rolle gespielt. Als hoch verschuldete Kommune sei Münnerstadt darauf angewiesen. In den ersten 18 Monaten wird die Stelle von Stefan Richter als Klimamanager zu 100 Prozent mit staatlichen Geldern gefördert. Kastl rechnet damit, dass es nach den 18 Monaten wahrscheinlich eine Anschlussförderung gibt.

Klimamanager werden oft - je nach Stellenausschreibung der Kommunen - in die Entgeltgruppe 11 oder 12 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst eingruppiert. Oftmals sind die Stellen aufgrund der staatlichen Förderung auf ein bis zwei Jahre befristet.

Gäbe es überhaupt genügend fachlich geeignete Bewerber, die die Kommunen einstellen könnten, wenn sie denn wollten? Über den Landkreis Kleve in Nordrhein-Westfalen liest man etwa, dass dort viele Kommunen einen Klimaschutzmanager einstellen wollen, der Markt aber praktisch leer gefegt sei.

In Münnerstadt war das nicht so. Der Bürgermeister sagt, er sei überrascht gewesen, wie viele qualitative Bewerber sich damals auf die Stelle beworben hätten. Er vermutet, dass das damit zusammenhänge, dass Münnerstadt sich bei der Stellenausschreibung für die Entgeltgruppe 12 entschieden hatte und nicht für Entgeltgruppe 10 oder 11. Es komme wohl auch drauf an, wie sich die Kommune langfristig positioniere. "Wir sehen den Wert in dieser Stelle weiterhin." Das Thema werde immer wichtiger, das sei an der aktuellen Situation besonders deutlich sichtbar. Es ginge nicht mehr ausschließlich um Klimaschutz, sondern aktuell auch um Daseinsvorsorge. Um Fragen wie: "Wo kommt die Energie her? Wie nutzen wir die Flächen ideal?"

Kastl ergänzt: "Bei manchen schwingt vielleicht die Befürchtung mit, dass der Klimaschutzmanager zum Klimakommissar wird und dann der Kommune vorschreibt, was sie alles nicht tun darf." Münnerstadt habe diese Erfahrung nicht gemacht. Kastl sagt: Das oberste Ziel des Klimaschutzmanagers sei es, Münnerstadt voranzubringen. "Ich bin nicht missionarisch", sagt Richter über sich selbst.

Neuer Klimaschutzmanager im Landkreis

Mit dem neuen Klimaschutzmanager Alexander Zink, der seit 1. März für den gesamten Landkreis arbeitet, hat sich Richter bereits ausgetauscht. Zink soll laut Auskunft des Landratsamtes zunächst einmal die "eigenen Gegebenheiten", also etwa Gebäude und Fahrzeuge, in den Blick nehmen und ein Klimaschutzkonzept für den Landkreis entwickeln. Der Klimaschutzmanager informiere interessierte Bürger zudem über Fördermöglichkeiten fürs Eigenheim.

Wenn die Kommunen im Landkreis möchten, könnten sie sich weiterhin um ein eigenes Klimamanagement bemühen. Dass es jetzt einen Klimamanager für den Landkreis gibt, schließt dies nicht aus. Die gebotenen Fördermöglichkeiten nutzen aber nicht alle Kommunen.

Vorschlag der Grünen sinnvoll?

Auf ihrer Homepage fordern die Grünen in Bayern etwa, dass jede bayerische Kommune über 5000 Einwohner einen Klimaschutzmanager haben sollte. Nähme man diese Forderung als Maßstab, bräuchten im Landkreis die Kommunen Bad Brückenau, Burkardroth, Münnerstadt, Hammelburg, Oberthulba und Oerlenbach einen Klimamanager.

Esther Achtermann vom Verein "Energieagentur Unterfranken" sagt, die Einstellung eines Klimaschutzmanagers hänge nicht ausschließlich von der Gemeindegröße ab, also ob, dort 5000 Menschen wohnen oder nicht, sondern vielmehr davon, was für Ziele sich die Kommune gesetzt habe und welche weiteren haupt- oder ehrenamtlichen Menschen sich im Klimaschutz vor Ort engagierten.

Bad Brückenau will in diesem Jahr jemanden als Klimamanager einstellen, heißt es aus der Verwaltung. Ob das klappt, hängt zunächst noch davon ab, ob der gestellte Förderantrag bewilligt wird. Projektträger ist die "Zukunft - Umwelt - Gesellschaft gGmbH", die vom Bundesumweltministerium gegründet wurde. Der neue Mann oder die neue Frau fürs Klimaschutzmanagement in Bad Brückenau soll ein Klimaschutzkonzept zur CO2 -Reduzierung erarbeiten, das einen Leitfaden für Bürger sowie die Verwaltungen enthalte.

Ja zum Klimaschutzmanager

Die Stelle könnte frühstens im Juli besetzt werden. Kämmerin Julia Spahn und Fachbereichsleitung (Infrastruktur, Tourismus, Finanzen) teilt mit, dass bis zum Ende vergangenen Jahres ein Fördersatz von 75 Prozent gegolten hätte. Für finanzschwache Kommunen gibt es sogar eine hundertprozentige Förderung (wie etwa in Münnerstadt). Auch die Stelle in Bad Brückenau wäre auf einen Zeitraum von zwei Jahren befristet.

Hammelburg werde ab April einen Klimamanager einstellen, teilt Heike Gnerlich, Assistentin des Hammelburger Bürgermeisters mit. Aufgabenschwerpunkte des zukünftigen Klimaschutzmanagers seien neben der Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes etwa ressourcenschonendes Bauen mit nachhaltiger Energieversorgung, nachhaltig organisierte Mobilität, die Förderung ökologischer Bewirtschaftung und regionaler Produkte, das Vermeidung von Abfällen und die Kommunikation mit Fachstellen und Bürgern. 25 Prozent der Kosten für die Stelle übernehme die Stadt Hammelburg.

In Bad Kissingen hatten die Stadträte der Grünen und der Linken bei der Haushaltsdebatte im Oktober gefordert, dass das Rathaus einen Klimaschutzmanager einstellt. Dies sei geplant. Derzeit werde das Förderprogramm geprüft, heißt es von Pressesprecher Thomas Hack für die Stadt Bad Kissingen.

In anderen Kommunen wollen die Verwaltungen erstmal mit den Personal arbeiten, das da ist.Aus der Burkadrother Verwaltung heißt es: "Es gibt in unserer Gemeinde keinen Klimamanager. Diesbezüglich möchten wir jedoch künftig mit dem Landratsamt Bad Kissingen zusammenarbeiten."

Kein Klimaschutzmanager notwendig

Auch in Oerlenbach wird es in nächster Zeit erstmal keinen extra Klimaschutzmanager geben. Es gebe jemanden, der "sich neben anderen Tätigkeiten auch um dieses Feld bemüht". Weiterhin würden - je nach Themengebiet - externe Berater hinzugezogen", schreibt Bürgermeister Nico Rogge. Von Seiten der Verwaltung würden keine Gründe gegen die Einstellung eines Klimamanagers gesucht, jedoch könnten bisher auch ohne einen solchen Manager Maßnahmen bezüglich des Themas Klimaschutz umgesetzt werden. Als Beispiel nennt Rogge die vor Jahren errichteten Windkraftanlagen oder ein kürzliches "Energieaudit", das gemeindliche Liegenschaften untersuchte. Das Ergebnis sei, dass dort nun etwa Photovoltaik-Dachflächenanlagen entstehen sollen.

Ähnlich hält es Bad Bocklet. "Das Thema Klimaschutz wird schon seit vielen Jahren vom Bürgermeister, dem Geschäftsleiter und dem Bauhofleiter in verschiedenen Ausprägungen bearbeitet. Aufgrund der Größe des Marktes Bad Bocklet halten wir dies derzeit für ausreichend", schreibt Geschäftsleiter Thomas Beck.

Im Markt Oberthulba werde es eine Stelle als Klimamanager "aufgrund der Gemeindegröße zunächst nicht geben", teilt Nicole Wehner von der Geschäftsleitung mit. Der Markt Oberthulba wolle sich dem kommunalen Klimaschutz-Netzwerk anschließen, dass Münnerstadt initiiert hatte.

Klima-Netzwerk im Landkreis

Darauf setzten auch die anderen Gemeinden im Landkreis. Dem Netzwerk wollen sich auch der Markt Elfershausen, der Markt Maßbach, die Gemeinden Thundorf, Rannungen, Wartmannsroth und Fuchsstadt anschließen. Laut Klimaschutzmanager Richter haben auch Sulzthal, Hammelburg und Euerdorf ihr Interesse am Netzwerk bekundet.

In Nüdlingen steht ein Gespräch noch aus, geplant ist, dass Klimaschutzmanager Richter das Klimaschutz-Netzwerk dem Gemeinderat vorstellt.

Ziel des Klimaschutz-Netzwerkes ist es, neben einem regelmäßigen Wissens- und Informationsaustausch, sich dabei zu unterstützen, Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren. Das Netzwerk wird von einem Institut für Energietechnik betreut.