Der Unesco-Titel soll mehr Gäste bringen. Der Stadtrat berät, wie es weiter geht. Geschäftsleute und Hoteliers sehen einige Baustellen bei Infrastruktur und Vermarktung.
Die Wochen nach der Verleihung des Welterbe-Titels Ende Juli waren für Ralf Ludewig sehr aufschlussreich. "Die Gäste haben jetzt andere Erwartungen als vorher, als Bad Kissingen noch kein Welterbe war", sagt der Modehaus-Inhaber, Vorsitzende des Stadtmarketingvereins Pro Bad Kissingen und Vorsitzende des Unterfränkischen Einzelhandelsverbandes.
Doch nicht nur die Erwartungen haben sich gewandelt, es hat nicht lange gedauert bis die ersten Gäste wegen des Unesco-Titels die Stadt besucht hatten. "Für die Stadt ist eine höhere Gästefrequenz möglich, das haben wir gemerkt", berichtet er. Dass in Zukunft 25 bis 30 Prozent mehr Besucher nach Bad Kissingen kommen, hält Ludewig für realistisch.
Was einerseits eine sehr gute Entwicklung wäre, würde aber auch Probleme bereiten, wenn sich die Stadt nicht entsprechend darauf vorbereitet. Ludewig hat Sorge, dass die touristische Infrastruktur in manchen Bereichen überlastet wird. "Beim Parken reichen die Kapazitäten im Moment aus", nennt er ein Beispiel. Aber schon jetzt sind in Spitzenzeiten die öffentlichen Parkplätze und Parkhäuser voll ausgelastet, kommen größere Zahlen an Tagestouristen in die Stadt, ist absehbar, dass der Parkraum nicht mehr reicht.
Busbahnhof
Als weitere Sorgenkinder nennt der Einzelhändler das Thema zentralen Busbahnhof sowie die gastronomischen Kapazitäten in der Innenstadt. Der Stadt fehle der seit längerem geschlossene Ratskeller sowie ab 2022 das Kurgarten-Café, sollte es da nicht mit einer zügigen Neuverpachtung klappen. Der bisherige Betreiber Jochen Wehner gibt das Café zum Jahresende ab.
Beide Lokalitäten mit ihren mehreren hundert Sitzplätzen spielen im Bereich Tagestourismus eine wichtige Rolle, weil dort größere Mengen Touristen, wie etwa Busgruppen, auf einmal verköstigt werden können. "Fehlen sie, ist das schwierig", sagt Ludewig. In diesen Bereichen müsse dringend Abhilfe geschaffen werden. "Das sind die Hausaufgaben, die man angehen muss, damit die Gäste gut in Bad Kissingen ankommen."
Mehr Initiative bei Vermarktung gefordert
Matthias Heid, Direktor des Grand Hotels Kaiserhof Viktoria, wartet darauf, dass Stadt und Staatsbad den Welterbe-Titel aktiver vermarkten. "Ich finde, da wird noch zu wenig gemacht", kritisiert er. Das Hotel ist eines von 40 Einzelelementen des Kissinger Welterbes. Er habe der Stadt angeboten, dass das Hotel im Rahmen der offiziellen Führungen besichtigt werden kann; der Vorschlag wurde jedoch bislang nicht aufgegriffen.
Ebenso hätte das Hotel gern Kissinger Unesco-Merchandise an der Hand, das es bei speziellen Buchungsarrangements an die Gäste verschenken kann. Hier sei jedoch noch nichts verfügbar. "Bei der Zusammenarbeit mit den Hotels und den Gastronomen als Leistungserbringern ist noch Luft nach oben", findet Heid. Bei aller Kritik betont der Hotelier, dass er auch Verständnis dafür hat, wenn die Verantwortlichen angesichts der Pandemie aktuell andere Prioritäten bearbeiten müssen.