Wolfgang Halbig unterrichtet seit 1979 in der Großgemeinde. 2002 hat er die Volksschule Burkardroth als Rektor übernommen. Bald ist sein letzter Arbeitstag.
Eine Ära geht zu Ende. Wolfgang Halbig, Rektor der Mittelschule Burkardroth, tritt in den Ruhestand. 1976 hat er erstmals als Volksschullehrer in Oberthulba, später in Schondra unterrichtet. 1979 startete er in der Volksschule Lauter, wo ihn Rektor Rudolf Schubert unter seine Fittiche nahm. Zehn Jahre später wechselte er nach Burkardroth, wo er sieben Jahre überwiegend in den Klassen 7 bis 9 unterrichtete. Von 1996 bis 2002 leitete er die damalige Grund- und Teilhauptschule Premich, bis er schließlich 2002 das Amt des Schulleiters in Burkardroth übernahm. Am 17. Februar wird nun sein letzter Arbeitstag sein. Ein Anlass, um Rückschau zu halten. Schließlich hat er in dieser langen Zeit auch mehrere Generationen von Schülern unterrichtet.
Sie sind jetzt mehr als vier Jahrzehnten als Lehrer tätig. Warum sind Sie einer geworden?
Wolfgang Halbig: Da muss ich erst mal nachdenken. Nach Abitur und Bundeswehr habe ich mit einem Freund überlegt, was machen wir. Schließlich sind wir auf den Studiengang Volksschul-Lehramt an der Universität in Würzburg aufmerksam geworden. Dafür wurden Studenten gesucht. Eigentlich wollte ich gerne Lehramt für Geschichte und Englisch studieren, aber das ging nicht. Die Bedingungen dafür waren damals nicht für mich geeignet, weil die Anstellungschancen in weiterführenden Schulen nahezu aussichtslos waren.
Haben Sie es bereut, Lehrer zu werden?
Auf keinen Fall. Zwar gab es auch Phasen, da fragte ich mich: Warum machst du das mit? Doch für mich ist Lehrer einer der schönsten Berufe der Welt. Die Arbeit hat mir immer Spaß und Freude gemacht, vor allem dann, wenn Schullandheimaufenthalte oder besondere Aktionen anstanden. Noch heute freue ich mich auf jeden Schultag.
Warum?
Man ist am Menschen, an den Kindern dran, die lebendig und wissbegierig sind. Die meisten jedenfalls. Am liebsten mag ich es, wenn sie Scherze machen und fröhlich sind. Aber man muss auch den Mut haben, ihnen zu sagen, wenn zwischen uns etwas schiefgelaufen ist.
Sie mögen eher aufgeweckte Kerle?
Vor allem mag ich die, die nicht Scherze auf Kosten von anderen machen. Manche Kinder werden heutzutage bewusst zur Zielschiebe von Hohn und Spott, werden regelrecht gemobbt, auf eine Art und Weise, die es früher nicht gab. Und oft sind es die Kinder, die es eigentlich schon schwer genug haben. Das finde ich nicht gut.
Hat das zugenommen? Haben sich die Kinder verändert?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Es haben sich die Lebenswelten der Kinder verändert, manche Familien können Kindern nicht mehr den nötigen Schonraum und Schutzraum bieten. Es gibt fleißige Schüler, denen Schule Spaß macht und die sich engagieren. Manche können nicht so gut lernen, sie tun sich schwer beim Lernen, wollen aber. Auch und gerade für diese Kinder muss man da sein. Und dann sind da nur ganz wenige, die sich verweigern. Aber die gab es auch schon früher. Auch wir waren pubertär, haben jedoch stärker Grenzen gesetzt bekommen. Heute sind die Kinder selbstbewusster, haben mehr Freiheiten. Doch mit denen wissen sie nicht immer umzugehen.
Welche denn?
Beispielsweise bekommen sie ein Handy oder Smartphone und Internetzugang mit allen Chancen und Risiken, was ja nicht unbedingt falsch sein muss. Aber viele werden von ihren Eltern entweder allein gelassen, oder es fehlt im Rahmen der Erziehungsaufgabe der Eltern die Kontrolle. Die Schule kann das nicht verhindern, aber die dazugehörige Medienkompetenz vermitteln. Unsere Aufgabe ist es, die Kinder da abzuholen, wo sie sind. Doch dafür muss man wissen, was und wo das ist. Das herauszufinden, ist die große Kunst der schulischen Erziehungsarbeit.
Ist das nicht ein ziemlich hoher Anspruch?
Ja, und das schafft man auch nicht jeden Tag. Dennoch müssen die Kinder spüren, der Lehrer mag mich, und sie müssen erfahren und vermittelt bekommen, welche Grenzen er setzt, wie weit sie gehen dürfen. Schließlich ist der Lebensraum Schule, sind die Lehrer ein wichtiger Teil ihres Lebens.
Weshalb?
Ich empfinde die Schule heute als ein Bewährungsfeld für das soziale Miteinander der Kinder. Wobei Schule heute auch noch andere Aufgaben hat. Hier müssen sie ähnlich wie in den Familien beispielsweise mit Sympathien, Antipathien und Aggressionen umgehen lernen. Auch, sich verbal und emotional zu verstehen, ohne Gewalt. Das war immer mein Bestreben. Deshalb haben wir 2003 auch die Streitschlichter eingeführt. Seither gibt es in den Pausen weniger Konflikte. Zudem wird vom Großteil der Schüler den Lehrern und Mitschülern wieder mehr Respekt entgegengebracht. Das hat sich zum Positiven verändert.
Trägt nicht auch die Offene Ganztagsschule (OGS) dazu bei?
Ganz klar. Die OGS ist ein Glücksfall für unsere Schule und ergänzt den Unterricht. Nicht nur darin, dass gemeinsam Hausaufgaben gemacht werden, sondern auch, dass die Kinder durch die verschiedenen Aktionen und Projekte, wie etwa die Besuche im Seniorenheim, eine sinnvolle Persönlichkeitsentwicklung erleben. Der offene Ganztag übernimmt einen wichtigen Part der Sozialerziehung und des gelungenen Miteinanders.
Hätten Sie sich eine andere Entwicklung für die frühere Volksschule gewünscht?
Ja. Noch immer sehe ich einige Eingriffe in die Schulstruktur als falsch an. So etwa die Einführung der sechsstufigen Realschule. Früher gingen die Schüler ab der 7. Klasse dorthin, nun ab der 5. Klasse. Das hat die Existenz mancher Hauptschule in Frage gestellt, manche sogar bedroht und auch zu Schulauflösungen geführt. Zudem hat sich die Struktur der Volksschule stark verändert. Seitdem kämpfen wir mit stark sinkenden Schülerzahlen, die sich nun nach und nach stabilisieren. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass eine gemeinsame sechsjährige Schulzeit vielen Schülern, Eltern und Lehrern guttun würde, weil sie sich dann dem Druck beim Übertritt nicht aussetzen müssen.
Demotiviert so etwas nicht?
Teilweise, aber uns blieben ja noch die Schüler, die unsere besondere Hilfe brauchen. Unsere Aufgabe war und ist es, sich um diese zu kümmern, damit sie einen guten Schulabschluss und unter Umständen auch den mittleren Schulabschluss schaffen. Auch dafür wurden die Mittelschulverbünde geschaffen.
Hat die Mittelschule noch eine Zukunft?
Auf jeden Fall. Denn man muss sich bewusst sein, dass zu uns jeden Tag etwa 100 Schüler kommen, die uns brauchen und die bei uns unterrichtet werden. Denn neben der OGS haben wir wie alle anderen Mittelschulen auch noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Die Kinder bekommen eine solide Grundausbildung im Rechnen, Schreiben und Lesen. Sie haben die Chance, ihre Medienkompetenz ab der 5. Klasse zu erwerben und genießen ab der 7. Klasse berufsvorbereitenden Unterricht. Dabei müssen sie und wir herausfinden, was ihre Talente sind und diese fördern.
Welche sind das?
Meistens liegen sie im praktischen Bereich. Vor Jahren sah es zwar noch schlecht aus mit Ausbildungsplätzen. Doch mittlerweile sind Fachkräfte wieder stark gefragt. Das ist die große Chance der Mittelschulen und ihrer Schüler. Es ist unter anderem auch unsere Aufgabe, dafür mit Sorge zu tragen, dass sie einen Beruf finden, der ihnen ein Auskommen in ihrem Leben ermöglicht. Und wenn es dann noch ein Beruf ist, der nicht nur ein Job ist, dann können wir zufrieden sein.