Mit viel Pfiff, rhythmischer Prägnanz und gespenstischem Stakkato erinnerte das JMK an eingeborene Völker, die zurzeit aussterben.
"Vor drei Jahren hat die Unesco 2019 als "Jahr der indigenen Sprachen" ausgerufen. So widmen wir dieses Konzert allen eingeborenen Völkern", sagte Stadtmusikdirektor Bernd Hammer, der das Publikum zum Vorweihnachtskonzert des Jugendmusikkorps im Regentenbau begrüßte. Und auch wenn er es nicht explizit sagte, meinte er vor allem die eingeborenen Völker, deren Zukunft zurzeit zu Ende geht. Und da Musik ein internationales Verständigungsmittel ist, hieß das Konzert auch "Hören und verstehen" - über die Noten hinaus.
Aber zuerst einmal gab es einen Weckruf, "Them Basses March" des Amerikaners Getty Herschel Huffine, mit dem der altfränkisch uniformierte Musikzug von der Bühne aus das Publikum überfiel. Da war es nicht möglich, sich dem krachenden Schwung zu entziehen, der vor allem daher kam, dass die tiefen Bläser in diesem Marsch das Sagen haben - kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Huffin sich seinen Lebensunterhalt als Tubist in einem Zirkusorchester verdiente. Das eigentlich Erstaunliche war, mit welcher Präzision und Pünktlichkeit die jungen Musikerinnen und Musiker, die ja alle mitten in diesem Krachgetümmel steckten, zu Werke gingen. Es hilft halt doch manchmal, auf den Dirigenten zu schauen.
Erst dann wurde es indigen, ohne deshalb Europa verlassen zu müssen, mit einem Arrangement von Pavel Stanek, in dem sich in einer spannenden Auseinandersetzung von hohen und tiefen Bläsern langsam und auch erst spät das Thema herausschälte. Man kennt es heute als "Morning has broken", und zwar zu allererst in der Version von Cat Stevens. Aber tatsächlich ist es eine alte gälische Weise und ein Krippenlied aus dem Nordwesten Schottlands. Und Gälisch ist ja eine der "aussterbensten" Sprachen Europas. So passte das Lied gut ins Programm.
Dann ging es nach Südamerika, in Richtung Chile. "Cordilleras de Los Andes" ist eine ungemein plastische Musik in zwei Bildern, arrangiert von Kees Vlak, die die dortige Welt kontrastiert - auf er einen Seite die Wucht der Naturgewalten im Blech und Schlagwerk, auf der anderen Seite die menschliche, auch folkloristische Ebene des Lebens in den Tälern, eine Musik, die vor allem den Rhythmikern der Schlagzeuggruppe viel abverlangte.
Enorme Energie versprühte "John Williams in Concert" mit seinen eingängigen "Start-Trek"- und anderen Melodien, die nach Nordamerika führten, "ausgerechnet, dorthin, wo die meisten indigenen Völker ausgestorben sind." Die Musik war fabelhaft gespielt, mit viel Pfiff und rhythmischer Prägnanz, mit gespenstischem Stakkato im Blech und versöhnlichen Klängen in den Flöten und mit präsenten Soli.
Und dann, als hätte man es geahnt: "Zirkus Renz". Ein JMK-Konzertjahr ohne "Zirkus Renz" ist wie ein Hochseil ohne Artist. Jascha Bauer-Heilmann war es in diesem Jahr, der sich ans Xylophon traute, und das konnte er auch leichten Herzens. Der Bundespreisträger bei "Jugend musiziert" spielte diesen virtuosen Satz mit der Präzision einer singenden, pfiffigen Nähmaschine, und er ließ sich auch nicht aus der Fassung bringen, als Bernd Hammer den letzten Teil mehrfach und dabei immer schneller wiederholen ließ. Ende der Fahnenstange war erst, als sich abzeichnete, dass das Orchester einen Gang höher kleinere Probleme kriegen könnte.
Zum Schluss noch ein kleiner Ausflug nach Afrika: "Circle of Life" und "Pata Pata", letzteres vor allem durch Miriam Makeba bekannt geworden - zwei Lieder, die das JMk offenbar im Repertoire hat. Denn da konnte es seine ganze Erfahrung in die Musik packen.