Bei einer Besichtigungsfahrt informiert sich Regierungspräsident Paul Beinhofer über moderne Tierhaltung. Dass der Wandel zu Interessenkonflikten führen kann, zeigt das Beispiel von Voglers Hof.
Um den Wünschen des Marktes zu entsprechen, hat die Familie Vogler in einen neuen Stall investiert. Er bietet 24 000 Hennen Platz. Die Hälfte der Tiere hat eine Auslaufmöglichkeit nach draußen. Karlheinz Vogler will einen weiteren, bereits bestehenden Stall für die Freilandhaltung einrichten. Doch fehlt im dafür bisher die Genehmigung.
So nutzt Vogler den Besuch von Regierungspräsident Paul Beinhofer und weiterer Behördenvertreter, um sein Anliegen vorzubringen. Er zeigt den neuen Stall und die Anlage, die zusätzlich für die Freilandhaltung gedacht ist. Dort will er weitere 7500 Hennen hinauslassen. Wann das klappt, "steht in den Sternen", meint Vogler.
Die Anwohner in der Nachbarschaft befürchten eine Geruchs- und Lärmbelästigung. Nachdem sie Unterschriften gegen die Freilandhaltung gesammelt hatten, verweigerte der Gemeinderat Anfang 2014 dem Vorhaben seine Zustimmung. Seitdem liegt der Antrag für die Freilandhaltung beim Landratsamt Bad Kissingen.
Die Erwartungen der Verbraucher Vogler ist überzeugt, dass die Nachbarn nicht beeinträchtigt würden. Zumal nicht alle Hennen gleichzeitig nach draußen rennen, wie die Erfahrung mit dem neuen Stall zeigt. Vogler schätzt, dass etwa ein Drittel der Tiere den Auslauf nutzt.
Dass das Tierwohl ein Thema der Zeit ist, findet Beinhofer. "Die Verbraucher erwarten es." Doch dadurch entstünden "neue Zielkonflikte, auf die wir reagieren müssen", fasst er später beim Abschluss der Rundfahrt im Weingut Ruppert in Hammelburg zusammen.
Im laufenden Strukturwandel sieht der Regierungspräsident die Landwirtschaft in Unterfranken schon weit entwickelt. Als eine Möglichkeit Selbstbewusstsein und Identität zu stärken, schätzt er die Betonung der Regionalität ein. Die Dachmarke Rhön ist für Landrat Thomas Bold (CSU) ein guter Weg dorthin.
Die zunehmenden Betriebsgrößen seien ein Fortschritt, vor dem Verbraucher keine Angst haben müssen, meint Bernhard Weiler. Der Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands führt aus: "Große Ställe verstoßen nicht automatisch gegen das Tierwohl."
Eine neue Herausforderung für Hühnerhalter stellt das Verbot dar, die Schnäbel der Tiere zu kürzen. Das Stutzen der Schnäbel soll den Hühner bisher ihre "scharfen Waffen nehmen", wie es Günther Zinnecker, Fachberater Geflügelhaltung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen, formuliert. Es soll verhindern, dass sich die Tiere beim gegenseitigen Picken schwer verletzen. Nachdem Niedersachsen das Schnabelkürzen aber ab dem Jahr 2017 verboten hat, erwartet Zinnecker, dass auch Bayern in den kommenden Jahren nachziehen wird.
Auf unterschiedlichen Ebenen sind Programme angestoßen worden, die austesten sollen, wie der Hackdrang minimiert werden kann. Denn bei ungestutzten Schnäbeln birgt der Picktrieb ein verstärktes Verletzungsrisiko für die Tiere. Der Betrieb der Familie Vogler nimmt demnächst an einem solchen Praxisversuch mit nicht schnabelgestutzten Tieren teil. Eine struktur- und anregungsreiche Umgebung kann laut Zinnecker die Tiere vom Picken abbringen. Der Fachberater nennt die Freilandhaltung als eine der möglichen Gegenmaßnahmen.