Der Marktplatz als Spielwiese

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Artur Hurrlein (links) und Peter Zoll tauschen alte Erinnerungen aus. Fotos: Gerd Schaar
Artur Hurrlein (links) und Peter Zoll tauschen alte Erinnerungen aus.  Fotos: Gerd Schaar
Ein Kolonialwarenladen aus den 1930er und 1940er Jahren. Foto: Gerd Schaar
Ein Kolonialwarenladen aus den 1930er und 1940er Jahren.  Foto: Gerd Schaar
 
Foto: Gerd Schaar
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Foto: Gerd Schaar
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Peter Zoll berichtete in der Reihe "Erlebt und erzählt" in der Stadtbibliothek von seiner Kindheit in Hammelburg. Bei den Zuhörern wurden Erinnerungen wach.

In Hammelburgs Stadtbücherei war kaum noch Platz, als Peter Zoll ( Jahrgang 1938) seine Erinnerung an seine Jugendzeit rund um den Marktplatz zum Besten gab. Im Rahmen der Serie "Erlebt und erzählt", die Altbürgermeister Ernst Stross moderiert, waren etwa 120 Hammelburger am Mittwochabend sehr aufmerksame Zuhörer. Es herrschte eine Atmosphäre wie beim Treffen einer Großfamilie, denn man kannte zumeist alle Namen der genannten Personen oder war sogar mit ihnen verwandt.
Im Fokus von Zolls Erzählungen stand die Hitlerzeit, das Kriegsende und die anschließende Besatzungszeit durch die US-Amerikaner.


Erinnerungen an den Krieg

Als siebenjähriger Bub habe er das Kriegsende 1945 erlebt, so Zoll. Sein Elternhaus ist das am Rande des Marktplatzes heute noch existierende Schuhhaus Zoll. Alte Fotos, auf eine Leinwand gebeamt, zeigten das Geschehen auf diesem Platz aus den 30er, 40er und 50er Jahren. Auf Anhieb wurden die Häuser am Rand des Marktplatzes wiedererkannt. Und freilich auch die seit Generationen mit Hammelburg verbundenen Familiennamen. Zolls besondere Erwähnungen galten der Politikerin Dr. Maria Probst und Kardinal Döpfner.
"Für mich war dieser Marktplatz eine Spielwiese in meiner Kindheit", erzählte Zoll. In harten Zeiten des NS-Regimes, in denen es auch in Hammelburg harte Gestalten gegeben habe, konnte Zoll trotzdem mit einigen Lausbuben-Geschichten seiner Kindheit ein paar lustige Seiten abtrotzen. So zum Beispiel mit dem brennenden Benzintank, den er im Marktbrunnen entzündete. Oder mit dem Dreirad, das er nach dem Vorbild der Traktorfahrer gründlich ölte. "Ich habe nach solchen Streichen oft Bekanntschaft mit dem Holzlöffel machen müssen", erzählt er. So auch, als er vom frisch gebackenen Kuchen alle Streusel weggegessen hatte.
Russische Gefangene mussten in der Landwirtschaft als Knechte arbeiten, waren doch die Deutschen zumeist als Soldaten im Krieg. Frauen hätten aus Mitleid diesen Gefangenen ein Stück Brot zugesteckt, das aber von den Wächtern wieder weggenommen worden sei. Nach dem Kriegsende seien die NS-Übermenschen lautlos verschwunden oder um die Häuser geschlichen. "Wir Kinder haben all dies als Normalität wahrgenommen", antwortete Zoll auf die Nachfrage von Stross. Statt Kindergärten habe es damals lediglich Anstalten zur Aufbewahrung gegeben. Oft seien die Kinder in die großen Weinfässer geschickt worden, um diese von innen zu reinigen. Dabei wurden auch manche Funde wie zum Beispiel ein verlorener Schlüssel gemacht. Die Erwachsenen hingegen erfreuten sich immer schon der Weinproben.


Früher ein Nadelöhr

Die Einmündungen von der Kissinger Straße, Weihertor und Bahnhofstraße (ehemals Adolf-Hitler-Straße) war zu früheren Zeiten ein verkehrstechnisches Nadelöhr, denn die heutige Umgehung gab es nicht. Das zeigte sich besonders an den abenteuerlichen Holztransporten mit Pferden, die mit der Ladung langer Stämme dort kaum ums Eck kamen.
Viele weitere Geschichten faszinierten die Zuhörer und ließen bei den Älteren die Erinnerungen wach werden. "Ich habe Hammelburg stets in meinem Herzen", bestätigte Zoll, der im südlichen Oberbayern wohnt.