529 Zeichen zeigen die Grenzen

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Die beiden Feldgeschworenen beim Vortrag im Musikerheim Fuchsstadt. Links Kreisobmann Peter Hart und rechts Ortsobmann Lothar Pfülb. Foto: Ludwig Deschner
Die beiden Feldgeschworenen beim Vortrag im Musikerheim Fuchsstadt. Links Kreisobmann Peter Hart und rechts Ortsobmann Lothar Pfülb. Foto: Ludwig Deschner
Das Foto zeigt das Deckblatt des Tagebuches der Feldgeschworenen Fuchsstadt aus dem Jahr 1872. Foto Ludwig Deschner
Das Foto zeigt das Deckblatt des Tagebuches der Feldgeschworenen Fuchsstadt aus dem Jahr 1872. Foto Ludwig Deschner
 

Der Geschichtskreis hatte sich Feldgeschworene eingeladen. Heute dürfen auch Frauen dieses Ehrenamt antreten.

Eines der ältesten Ehrenämter Frankens stand im Mittelpunkt eines Vortrages, zu dem der Geschichtskreis der Museumsfreunde Fuchsstadt ins Musikerheim eingeladen hatte. Peter Hart und Lothar Pfülb berichteten über das Amt des Feldgeschworenen damals und heute.
Peter Hart, selbst langjähriger Feldgeschworener und seit 2008 Kreisobmann der 215 Feldgeschworenen der Vereinigung des Altlandkreises Hammelburg, zeigte den über 30 Anwesenden die Entstehung der Feldgeschorenen, im Volksmund auch "Siebener" genannt, auf.
Die Ursprünge des im 13. Jahrhundert entstandenen Amtes liegen in Franken. Damit ist es eines der ältesten noch erhaltenen Ämter der kommunalen Selbstverwaltung. Die fränkischen Gerichte erkannten damals, dass in den einzelnen Dörfern Ansprechpartner nötig waren, die mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut waren und die Grenzbeaufsichtigung gewährleisteten. Damals gab es noch keine Grenzsteine zur Abmarkung der Felder, sondern unter anderem Gräben. Weil anfangs eine Gruppe von meist sieben männlichen Personen einer Gemeinde zur Regelung und Bestimmung von Grundstücksgrenzen berufen wurde, bürgerte sich der noch heute geläufige Begriff "Siebener" ein.
Früher war es in den Ortschaften eine große Ehre, Feldgeschworener zu sein. Feldgeschworene wirken bis heute in Bayern, Rheinland-Pfalz und teilweise auch in Thüringen bei der Kennzeichnung von Grundstücksgrenzen mit. Gegenwärtig wird eine Mindestzahl von vier Personen pro Dorf gefordert. Fuchsstadt hat momentan acht Feldgeschworene. Seit dem Jahr 2010 können auch Frauen das Feldgeschworenenamt ausüben. Ein Feldgeschworener muss mindestens 21 Jahre alt und deutscher Staatsbürger sein, einen guten Leumund besitzen und wenigstens sechs Monate lang Ortsbürger sein. Die Auswahl eines neuen Feldgeschworenen erfolgt durch die amtierenden Feldgeschworenen eines Dorfes. Anschließend informiert der Ortsobmann den Gewählten, welcher bei Annahme des Ehrenamtes durch die Gemeinde bestätigt wird.


Vom Landrat vereidigt

Beim jährlichen Feldgeschworenentag werden die neuen Siebener nach dem Festgottesdienst durch den Landrat vereidigt. Mit dem Ablegen des Eides bleibt man zeitlebens Feldgeschworener und ist zur Verschwiegenheit verpflichtet - auch bei vorherigem Ausscheiden aus dem Amt. Siebener handeln nach dem Motto: "Die Wahrheit und Verschwiegenheit sollen bei uns sein zu jeder Zeit."
Die Helfer unterstützen die Ämter für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (vormals Vermessungsämter) beim Neusetzen von Grenzzeichen. Außerdem pflegen und kontrollieren die örtlichen Feldgeschworenen die Grenzzeichen zu den Nachbargemeinden. Sie sorgen für die Weitergabe des Wissens über die Grenzverläufe und des Siebenergeheimnisses an die nachfolgenden Feldgeschworenen. Den Ortsbürgern helfen sie bei der Feststellung von Lage und Größe ihrer Grundstücke. Jede Tätigkeit wird von mindestens zwei Feldgeschworenen, die nicht 1. und 2. Grades miteinander verwandt sein dürfen, durchgeführt und protokolliert.
Lothar Pfülb, seit 1990 Ortsobmann und gleichzeitig Schriftführer der Fuchsstädter Feldgeschworenen, ließ wissen, dass sich die Namen der hiesigen Feldgeschworenen und deren Arbeit anhand eines Protokollbuches bis zurück in das Jahr 1871 nachweisen lassen. Als Beispiel nannte Pfülb die Durchführung eines Grenzganges am 22. August 1877 mit Musikkapelle und den Feldgeschworenen der Umgebung. Ein weiterer Eintrag beschreibt den Grenzumgang am 7. Mai 1885 von 11.30 bis 17.30 Uhr, bei dem die Flurgrenze zwischen Fuchsstadt und Langendorf in Augenschein genommen wurde. Alle Grenzsteine waren in Ordnung. Nach 1933 fanden bis 1949 keine Grenzgänge mehr statt.


1949 gab es Brötchen und Hering

Für Heiterkeit sorgte Pfülb beim Verlesen des Protokolls über den Grenzgang des Jahres 1949: Dem Eintrag zufolge nahmen auch die Schüler des 7. und 8. Schuljahrganges mit ihren Lehrern daran teil. Für seine Teilnahme erhielt jeder Schüler zwei Semmeln und einen Hering. An der Tradition des Grenzgangs wird in Fuchsstadt weiter festgehalten. Alle vier Jahre werden die Außengrenzen zu den Nachbargemeinden unter reger Beteiligung der Ortsbürger und den Siebenerkollegen der sechs Nachbardörfer abgegangen. Jeder Bürger von Fuchsstadt sollte mindestens einmal an einem Grenzgang teilnehmen, sagte Hart.
Auch Neubürgern bietet ein Grenzgang die Gelegenheit, die Gemarkungsgrenze ihrer Heimatgemeinde mit der Gesamtlänge von 22 Kilometern, 32 Metern und 24 Zentimetern kennenzulernen.
529 Grenzzeichen, in Abständen zwischen einem Meter und 214,8 Metern, sichern die Flurgrenzen ab. Möglich sind diese exakten Entfernungsangaben deshalb, weil die heutigen Feldgeschworenen auf Daten der digitalen Satellitenvermessung zugreifen können. Trotz genauer Technik sind die Feldgeschworenen nicht aus der Eigentumssicherung wegzudenken. Als ortskundige und anerkannte Vertrauenspersonen sind sie unersetzbar und tragen durch ihr Ansehen und örtliches Engagement zum nachbarschaftlichen Frieden bei.