Gesundheit als Schulfach?

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Foto: Carmen Schmitt
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Brauchen die Schulen Nachhilfe im Thema Gesundheit? Eine Bad Kissinger Stiftung will, dass ein neues Fach eingeführt wird, das Mädels und Jungs fitter macht - im Körper und im Geist.

Geht es nach der Bad Kissinger Stiftung Bewusstseinswissenschaften, gibt es künftig ein neues Unterrichtsfach an den Schulen - von der ersten bis zur letzten Klasse. Gesundheit. Die sollte nicht nur jeder pflegen, über sie gibt es auch einiges zu lernen, meint jedenfalls Gudrun Voggenreiter. Gesundheit als Unterrichtsfach sei längst überfällig und besonders in der heutigen schnelllebigen Zeit wichtig. Der Bad Kissinger Stadtrat unterstützt das Konzept - mit Ausnahmen.

Klaus Lotter sieht für Schulkinder aus der Stadt Nachholbedarf, wenn es um das Bewusstsein für gesundes Leben geht. "Die Kinder sollten wissen, woher Getreide, Milch und Kartoffeln kommen", sagt der ehemalige Rektor der Sinnberg Grundschule und Stadtrat (SPD). Aber: "Mir ist Gesundheit als eigenes Unterrichtsfach zu wenig." Rein rechnerisch müsste die Schulstunde für das Fach Gesundheit von anderen Fächern im Lehrplan abgezwackt werden. Fächerübergreifend würde das Thema Gesundheit dann nicht mehr angesprochen werden - so wie jetzt schon im Heimat- und Sachunterricht . "Gesundheit als Fach hätte den Vorteil, dass es im Lehrplan festgeschrieben ist", argumentiert Voggenreiter. Es sei dann nicht mehr vom Lehrer abhängig, ob solche Inhalte stattfinden oder nicht.

Gegenstimme aus dem Kollegium

Richard Fix, Stadtrat (Grüne) und Lehrer am Bad Kissinger Gymnasium, kann die Diskussion nicht nachvollziehen. "Ein eigenes Fach ist überzogen und nicht notwendig.", sagt er. Er unterrichtet Sport und Biologie. Er war einer von sechs Räten, die gegen eine Unterstützung der Initiative "Schulfach Gesundheit" seitens der Stadt gestimmt hatten. "Das Thema Gesundheit ist im Lehrplan schon jetzt massiv verankert. Es wird absolut ausreichend angeboten."

Eine Lehrerkollegin aus Bad Brückenau sieht das anders: Sandra Faltus unterrichtet an der Mittelschule. Sie hält ein Fach mit dem Thema Gesundheit für "dringend nötig". "Viele Jugendliche können nicht mehr mit Stress und Gefühlen umgehen", sagt sie. Gründe dafür könnten in modernen Kommunikationswegen liegen, die nur noch über Facebook und Smartphones laufen, meint sie.

Die Mittelschule hat vor gut einem Jahr an einem Piloprojekt der Stiftung Bewusstseinswissenschaften teilgenommen. Sechs Monate lang haben Schüler einer 8. Klasse mit Sandra Faltus und zwei Betreuern über Gesundheitsthemen gesprochen. Einmal pro Woche, zwei Schulstunden lang auf unterschiedlichen Ebenen. Sozial, emotional, physisch und psychisch. Zuerst waren die Schüler skeptisch, erzählt Sandra Faltus. "Wir gehen doch nicht zur Therapie", hat die Lehrerin von ihnen zu hören bekommen. Doch ihre Einstellung änderte sich: "Sie haben gemerkt, dass es ihnen gut tut, über Gefühle zu sprechen." Sandra Faltus hat es genossen, mit ihren Schülern in einem anderen Umfeld zu sprechen - als "Mitglied der Gruppe". "Die Schüler bauen Vertrauen zum Lehrer auf." Sie wünscht sich ein Fach in dem sie mit ihren Schülern über Themen reden kann, die im Unterrichtsalltag untergehen - ohne Noten, ohne Druck.

Organisatorischer Aufwand

Richard Fix sieht ein großes organisatorisches Problem in der Einführung: "Die gravierende Lehrplanänderung - das wird nichts vor sechs bis sieben Jahren." Gudrun Voggenreiter weiß darum - der Plan der Stiftung ist eher mittelfristig angelegt. Auch wenn aus München nicht nur positive Rückmeldungen kommen, hofft sie, im Leader-Förderprogramm aufgenommen zu werden, um Lehrer zu schulen.

Für Schulamtsdirektor Josef Hammerl gibt es noch Luft nach oben, was die Fixierung von Gesundheitsthemen im Lehrplan angeht. "Damit Schüler lernen, ihr Leben nachhaltig gesund zu gestalten, ist ein kompaktes Kompetenzbündel für sie gefordert. Dieses muss deutlich in der Schule platziert werden: Frühzeitig und nachhaltig." Die Erwartungen der Stiftung dämpft er etwas: "Es wird aus meiner Sicht schwierig werden, ein neues Fach innerhalb des schon umfangreichen Kanons zu platzieren." Jedes bestehende habe seine Berechtigung. Ohnehin müsse Gesundheit nicht nur im Unterricht, sondern in der ganzen Schule gelebt werden.

"Die Schule kann Anregungen geben", sagt Klaus Lotter, "aber Gesundheitserziehung klappt nur in Verbindung mit den Eltern."