Feine Hundenasen spüren Menschen auf

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Die Labrador-Hündin hat "Opfer" Anke Braun aufgestöbert und ist ganz scharf auf die Belohnung. Fotos: Benedikt Borst
Die Labrador-Hündin  hat "Opfer" Anke Braun aufgestöbert und ist ganz scharf auf die Belohnung. Fotos: Benedikt Borst
Taima von der Züntersbacher Hundeführerin Ute Dittmayer darf nach getaner Arbeit spielen.
Taima von der Züntersbacher Hundeführerin Ute Dittmayer darf nach getaner Arbeit spielen.
 
"Wir müssen den Hunden Sicherheit und Selbstständigkeit geben. Sie müssen geführt, aber nicht gelenkt werden", sagt Hundeführerin Petra Hentschel.
"Wir müssen den Hunden Sicherheit und  Selbstständigkeit geben. Sie müssen geführt, aber nicht gelenkt werden", sagt Hundeführerin Petra Hentschel.
 

Vor dem Abriss der Grundschule haben Rettungshundestaffeln des Bayerischen Roten Kreuzes in dem Gebäude für den Einsatz - zum Beispiel in Erdbebengebieten - geübt.

Pauline ist angespannt. Die zwei Jahre junge Labradorhündin kennt die Umgebung nicht, die verschiedensten Gerüche stürzen wie eine Flut auf sie ein. Mit ihren feinen Sinnen registriert sie den Zementstaub, der nach dem Einsturz des Gebäudes in der Luft liegt und das Atmen schwer macht. Irgendwo in den Ruinen brennt es, im Keller ist übelriechendes Heizöl ausgelaufen. Zwischen all diesen Eindrücken ist der Geruch der verschütteten Menschen kaum noch wahrnehmbar. "Die Rettungshunde müssen in solchen Situationen immer souverän bleiben", sagt Petra Hentschel, Hundeführerin des BRK Würzburg über den Ernstfall. Denn es stehen Menschenleben auf dem Spiel.

Spieltrieb ist wichtig

Ängstlich wirkt Pauline nicht. Vielmehr wedelt sie mit dem Schwanz, voller Vorfreude auf das Versteckspielchen, das gleich beginnt.
"Als Rettungshunde eignen sich eigentlich alle Rassen. Die Hunde müssen nur beweglich sein, einen ausgeprägten Spieltrieb haben und menschenfreundlich sein", schildert Hentschel die Eigenschaften, die einen guten Rettungshund ausmachen.
Wie die erfahrene Hundeführerin erklärt, ist die Vermisstensuche für die Hunde nur ein Spiel. "Die Bindung zum Opfer ist deshalb auch das A und O. Die Hunde werden wirklich heiß gemacht, die Menschen zu finden", führt sie aus. Beim Training haben die Opfer - je nach Hund der sie sucht - eine Belohnung einstecken. Das kann das Lieblingsspielzeug oder ein Leckerli sein. Hat der Hund das Opfer gefunden, wird erst einmal ordentlich herumgetobt.
Bis zum echten Rettungseinsatz in Trümmern braucht Pauline noch Training und Erfahrung. Zwei Jahre dauert die Ausbildung insgesamt, eine erste Prüfung hat Pauline bereits bestanden: "Sie ist ein Flächenrettungshund. Sie kann also bei der Vermisstensuche in offenen Flächen, wie etwa im Wald oder auf Wiesen teilnehmen", sagt die ehrenamtliche Hundeführerin. Aktuell durchläuft ihre junge Hündin die Ausbildung zum Trümmerhund, um zu lernen, verletzte Menschen bei Erdbeben, Explosionen, Einstürzen und ähnlichen Szenarien aufzuspüren.
Einmal im Monat treffen sich die Hundestaffeln des BRK Würzburg, Erlangen, Kitzingen und Bad Kissingen für eine größere Notfallübung. "Dabei sind wir immer auf der Suche nach geeigneten Objekten", erläutert Hentschel. Steinbrüche etwa oder Baustellen, wie die Grundschule in Bad Brückenau, die für einen Tag als Schauplatz genutzt wird. Trümmerlandschaften riechen anders, und die Hunde müssten lernen, mit den Gegebenheiten umzugehen. "Die Hunde lernen, mit den Gerüchen zu spielen", sagt sie. Unberechenbare Luftströme und Verwirbelungen erschweren es den Vierbeinern, die Opfer zu lokalisieren. Hentschel deutet auf ein herausgebrochenes Fenster und streut ein feines Pulver aus einer Dose in die Luft. Sofort erfasst der Luftzug das Pulver und saugt es mit sich - tiefer ins Gebäude hinein. "Insgesamt könnte die Schule noch etwas zertrümmerter sein", meint sie, es handle sich dennoch um ein sehr gutes Trainingsareal.
Pauline wurde mittlerweile von der Leine gelassen und läuft die Kellertreppe hinab. Sie nimmt die Witterung auf und sucht Zimmer für Zimmer ab. Manchmal dreht sie fragend den Kopf zu ihrer Hundeführerin, die auf der Treppe stehen geblieben ist. "Wir müssen den Hunden Sicherheit und Selbstständigkeit geben. Sie müssen geführt, aber nicht gelenkt werden", sagt die und signalisiert dem jungen Labrador, dass sie nicht weiß, wo sich das Opfer aufhält. ,Du musst für mich suchen', gibt sie ihrer Hündin zu verstehen.

Gefühlssache

Überhaupt verläuft die Kommunikation zwischen Mensch und Tier sehr feinfühlig. "Die Hunde sind wie Antennen zum Menschen", gibt sie ihre persönliche Erfahrung wieder. Die Tiere registrieren die Anspannung ihrer Besitzer, wenn es sich um einen Notfall handelt. Hentschel weiß, dass auf die Hunde Verlass ist: "Sie verhalten sich im Einsatz meist souveräner als beim Training".
Anfangs lässt sich Pauline noch etwas in die Irre führen und sucht manche Räume mehrfach ab. Dann scheint sie die richtige Fährte gefunden zu haben. Es scheppert, als sie über einen Schrotthaufen klettert und dabei etwas umstößt.
Sie fängt an zu bellen, um ihrer Hundeführerin zu zeigen, dass sie fündig geworden ist. Im Ernstfall würde sich Petra Hentschel jetzt um die Erstversorgung kümmern. Da in der Bad Brückenauer Grundschule "nur" geübt wird, hat sich Pauline eine Belohnung verdient. Es wird Zeit zum Spielen.