Zehn Kameraden finden sich nach 60 Jahren und besuchen ihre ehemalige Schule in Bad Kissingen. Sie tauchen ein ins Jahr 1948.
Georg Kreiner geht die Hemmerichstraße entlang und biegt nach rechts in die Maxstraße ab. Auf diesem Weg war der Schweinfurter schon lange nicht mehr unterwegs. Vor mehr als 60 Jahren nahm er die Route jeden Tag. Wie neun weitere Männer, die heute aus ganz Deutschland in Bad Kissingen zusammen gekommen sind, um Erinnerungen aus einer anderen Zeit aufleben zu lassen.
Es war ihr alter Schulweg, den die Männer an diesem Vormittag nehmen.
"Der ist voller Erinnerungen", sagt Georg Kreiner und witzelt: "Es war immer knapp, aber ich war pünktlich." "Früher hatte keiner eine eigene Uhr", meint Hans-Joachim Fronius. Früher, das war 1948. In diesem Jahr hatten die zehn Männer in der Anton-Kliegl-Schule ihren ersten Schultag.
In Deutschland und Übersee Heute treffen sie sich in Bad Kissingen wieder.
Einige von ihnen haben sich seit den 50er-Jahren nicht mehr gesehen. Viele leben verstreut in ganz Deutschland. Einen der evangelischen Jungenklasse hat es derweil nach Kanada verschlagen. Andere leben in der Region. Manche nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, ohne vom anderen zu wissen.
Vor zweieinhalb Jahren hat Peter Eidinger begonnen, nach seinen ehemaligen Schulkollegen zu forschen. Ein Klassenfoto von 1948 war die Grundlage.
Über eine Plattform im Netz startete er seine Suche: "Ohne das Internet würden wir heute nicht hier sein."
Reise in die Vergangenheit Der 72-Jährige startete von Berlin aus einen Rundruf an alle seiner alten Klassenkameraden, die er aufstöbern konnte. "Es ist faszinierend, alle zusammen zu bringen.
Wenn ich aufgelegt hatte, war ich immer ganz aufgewühlt." Peter Eidinger reiste gedanklich gut 60 Jahre zurück in seine Schulzeit und setzte viele Erinnerungen frei.
Greifbar wurden diese, als die Gruppe in ihre ehemalige Schule trat: "Es riecht noch wie früher", sagt Georg Kreiner und lacht als er durch die Tür ins Schulhaus geht. "Es kommt einem alles viel kleiner vor als früher", sagt Peter Eidinger.
Vieles von damals geht den Männern jetzt durch den Kopf: die Luftschutzbunker, die getrennten Buben- und Mädchen-Pausenhöfe, aber auch der Stock des Lehrers, den sie manchmal zu spüren bekamen. Hans-Peter Neumann aus Schweinfurt weiß noch genau: "Ich musste jeden zweiten Tag eine Strafarbeit machen. Sechs Seiten im Lesebuch, "Der Igel und der Hase", musste ich abschreiben.
Ich wusste schon, dass ich die Strafe wieder bekomme, deshalb hab ich abends im Bett schon vorgeschrieben. Dafür hatte ich in Deutsch immer eine Eins."
Von über 40 Schülern des Einschulungsjahrgangs 1948 sind bisher 15 aufgetaucht. "Vielleicht finden wir ja noch mehr und können uns nächstes Jahr wieder treffen", sagt Peter Eidinger und hofft auf eine Fortsetzung.