Eine andere Liga

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Die Kissinger Sängervereinigung mit Dirigent Hermann Freibott, Sinfonietta Franconica, Gregor Frede und Maximiliane Schweda gestalten ein beeindruckendes Adventskonzert Werner Vogel
Die Kissinger Sängervereinigung mit Dirigent Hermann Freibott, Sinfonietta Franconica, Gregor Frede und Maximiliane Schweda gestalten ein beeindruckendes Adventskonzert Werner Vogel

Beeindruckendes Adventskonzert der Kissinger Sängervereinigung

Ein gestandener Chor, Händel, Telemann und Mendelssohn Bartholdy, damit lässt sich schon ein schönes Adventskonzert gestalten. Mit einem virtuosen Orchester, der "Sinfonietta Franconica", Diözesanmusikdirektor Gregor Frede, einem Könner an der Orgel und der hinreißenden Sopranistin Maximiliane Schweda, Solistin am Würzburger Mainfrankentheater, spielt man dann schon in einer anderen Liga. Hat man dazu noch einen versierten Dirigenten, der sich auf ein glänzend vorbereitetes Gesamtensemble verlassen kann und wagt man bei der Chorliteratur Neues und Überraschendes, dann nimmt der Besucher nachhaltig klangschöne Erinnerungen mit in die Vorweihnachtszeit.

Besucherin Miriam Seitz drückt das so aus: "Da muss ich aus Stuttgart kommen, um in Kissingen ein so anspruchsvolles Adventskonzert zu erleben". Gewiss, der Aufwand ist hoch, aber so aufbereitet, findet Chorgesang auch wieder jüngere Freunde. Da ist dem traditionsreichen Chor vielleicht Wegweisendes gelungen. Denn schaltet der Musikfreund eine Stunde später das Adventskonzert des ZDF aus Dresden ein, stellt er erstaunt fest: Der Kissinger Mix ist dem der Frauenkirche mit Staatsopernchor, Staatskapelle, Thielemann und Damrau durchaus ähnlich.

Kissingen kann sich glücklich schätzen, mit der Sängervereinigung ein so großes Vokalensemble präsentieren zu können, das der langjährige Dirigent, Musikdozent Hermann Freibott zu überzeugendem Format geführt hat. "Seit Thomas und Mirja Betzer im letzten Jahr als Korrepetitor in die Chorleitung eingestiegen sind, ist Freibott wirkungsvoll entlastet. So können die Proben nochmals intensiviert werden", freut sich Vorsitzender Wolfgang Russ. Dass das Klangbild nochmals an Präzision und Harmonie gewonnen hat , liefert das Adventkonzert 2017 den überzeugenden Beweis.

Der Nachmittag beginnt mit dem zeitgenössischen Chorsatz "Mache dich auf und werde Licht" aus dem Gesangbuch der Kommunität Gnadental, dem Zentrum der Jesus Bruderschaft. Schöne eingängige Melodie, wie sie auch im "Gotteslob" stehen könnte. Zur ersten Herausforderung für den gemischten Chor wird dann Carl Orff´s "Tauet, ihr Himmel". Mit ungewöhnlichen Akkorden und den eindringlichen Staccato Wiederholungen, die der 1982 verstorbene Orff auch in den Vertonungen aus den Carmina Burana verwendet. Mutig, die zeitgenössische Musik im Stil des Mittelalters mit den ungewöhnlichen Sonanzen an den Anfang zu stellen. Gerne hätte man die klangmalerischen Raffinessen Orffs durchs Schlagwerk vorangetrieben gehört. Die Orgel kann da naturgemäß Pauke oder Gong nicht ersetzen.

Nach den Gedanken zum Advent von Wolfgang Russ ein selten gehörtes klassisch-elegantes Zusammenspiel von Orgel und Streichorchester des Mozart Zeitgenossen Christian Heinrich Rinck. Glänzend aufeinander eingespielt: Gregor Frede an der Orgel und die "Sinfonietta Franconica".

Die Telemann Kantate zum ersten Advent wird durch den hellen Sopran von Maximiliane Schweda zum eindrucksvollen Ausrufezeichen des Nachmittags. Klar artikuliert die Mozartfestsängerin Rezitativ und die Aria "Lobsinget, frohlocket und jauchzet ihr Frommen" wird zur eindrucksvollen Engelsverkündigung. Der Frauenchor beeindruckt mit dem Gloria aus der "Messe brève" von Léo Delibes. Gregor Frede unterstreicht die weichen Ansätze ausgesprochen einfühlsam. Danach befördert die Sinfonietta mit starkem tonalen Unterbau den voluminösen Chorsatz "Transeamus usque ad Bethlehem". Jetzt sind sie ganz zuhause, die in festlichem schwarz gekleideten Damen und Herren des Chors. Viel Beifall gibt"s dafür und auch für Mendelssohn Bartholdy"s "Wie lieblich sind die Boten". Sehr getragen und ohne schwierige Höhen wird das Herzstück des Oratoriums "Paulus" zur klangstarken Weihnachtsbotschaft. Oft gehört und hier wunderbar harmonisch entrückt
gesungen, der ganz eindrucksvolle Schlusspunkt: Pastorale, Rezitativ und Chor aus Händels Messias. Noch einmal höchste Konzentration des Chores, Freibotts forderndes Dirigat und ein glockenheller einfühlsamer Sopran von Maximiliane Schweda ruft dem Publikum zu: "Ehre sei Gott"!

Als Zugabe singt die aparte Bonnerin das weltbekannte "Cantique de Noël". Ergreifende Stille und dann berechtigte Bravos. Aber kann man das Publikum an einem Adventskonzert entlassen, ohne das es mit summt und mitsingt? Auch Freibott kann das nicht: Bei "Tochter Zion", Leise rieselt der Schnee" und "Oh Du fröhliche" stimmt das Parkett mit ein und das Kurtheater wird zum großen weihnachtlichen Gesamtchor.