1993 rückten noch einmal die beiden Orgelbauer Jean-Paul Edouard und Michael Stumpf der Steinmeyer-Orgel zu Leibe. "Offiziell war das eine Orgelreinigung", sagt Jörg Wöltche. Das war es auch, aber darüber hinaus auch ein Umbau. Sie erhöhten den Winddruck wieder um ein Drittel, was sehr arbeitsaufwendig war, weil die Pfeifenanschlüsse verändert werden mussten. Und sie bauten drei Register aus der alten Orgel der Stadtpfarrkirche ein. Und, was sicher am leichtesten hörbar war: Sie intonierten die Orgel so, dass auch das französische romantische Repertoire spielbar wurde - ein "Steckenpferd" des damaligen Kantors Stefan Kagl.
Mit dieser Orgel feiert Stadt- und Bezirkskantor Jörg Wöltche jetzt deren 40. Geburtstag.
Und bei Geburtstagen kann man sich ja etwas wünschen. Eigentlich ist er ja mit dem Instrument ganz zufrieden, weil man mit den nur 36 Registern erstaunlich vielfältige Klangfarben erreichen kann, auch wenn stilistisch vielleicht nicht alles darstellbar ist. Aber er hat Überlegungen angestoßen, die Orgel wieder nach vorne an die Brüstung zu holen. Dann kann sich der Schall besser entwickeln und verbreiten, dann müsste er auch keine 96 Dezibel mehr ertragen. Und einen Chor, der vor der Orgel Platz finden müsste, gibt es schon lange nicht mehr. Und es fehlen drei oder vier grundtönige oder auch 16-Fuß-Register, die das Bassfundament der Musik und damit ihre Durchsetzungskraft stärken.
Noch wichtiger ist ihm aber etwas, was Edouard und Stumpf seinerzeit nicht gemacht haben: der Einbau einer elektrischen Traktur, also der Verbindung zwischen Taste und Pfeife. So etwa ist heutzutage nicht mehr teuer und einfach zu machen.
Jörg Wöltche: "Ich traue mich schon lange nicht mehr, prominente Organistenkollegen einzuladen." Als vor einiger Zeit Matthias Grünert, der Kantor der Dresdner Frauenkirche da war, klagte er nach zwei größeren Stücken über erhebliche Sehnenschmerzen in Händen und Armen. Sein Kollege Wolfgang Dallmann (Heidelberg) sprach schon 2000 von einer "Zumutung".
Jörg Wöltche weiß natürlich, dass ihm seine Geburtstagswünsche jetzt nicht auf den Gabentisch gelegt werden können. Das würde die Gemeinde finanziell überfordern. Denn auch jetzt geht es vor allem um ein neues Gemeindehaus. Und dann sollte auch erst die Innenrenovierung der Kirche abgeschlossen sein, dass die Orgel nicht aufwendig staubsicher verpackt werden muss. Vielleicht klappt's ja zum 50. Geburtstag der Steinmeyerin.
Doppeltes Jubiläum
40-jähriges Jubiläum feiert nicht nur die Steinmeyer-Orgel in der Erlöserkirche, sondern es gibt dort noch etwas zu feiern: 40 Jahre Kantor Jörg Wöltche.
1979 unterschrieb Mutter Wöltche in Breuberg-Wald-Amorbach einen Arbeitsvertrag für ihren Sohn, der mit seinen 16 Jahren noch nicht geschäftsfähig war. Und damit begann die Kantorenlaufbahn. Sie führte ihn zunächst nebenamtlich nach Breuberg-Sandbach und Hirschberg-Leutershausen an der Weinstraße. Seine erste hauptberufliche Stelle trat er 1991 in Garding in der Nähe von St. Peter-Ording an der Nordsee. 1997 wechselte er an die Erlöserkirche in Bad Kissingen. Zwei Ereignisse fielen in diese Zeit: 2008 wurde die Organistenstelle wegen ihrer Bedeutung für das Kurwesen in eine A-Stelle umgewandelt. 2014 verlieh die Evangelische Landeskirche Bayern Jörg Wöltche den Titel des Kirchenmusikdirektors.
Programm
Hauptfeiertag ist der Sonntag, 7. April. Um 10.45 Uhr, nach dem Gottesdienst, gibt Jörg Wöltche eine etwa 20-minütige Matinee zum Jubiläum. Abend um 19.30 Uhr kommt die junge Organistin Lisa Hummel. Man kann sie getrost als Shooting Star der Orgelszene bezeichnen, denn sie war Preisträgerin bei den wichtigsten europäischen Orgelwettbewerben. Sie gewann unter anderem die Dublin International Organ Competition und den 3. Preis beim Internationalen Orgelwettbewerb in St. Petersburg. Bei der Internationalen Orgelwoche Nürnberg 2016 erhielt sie den 2. Preis und den Publikumspreis. Sie spielt Werke von Johann Sebastian Bach, Franz Liszt und Marcel Dupré.
Am Pfingstsonntag, 9. Juni, ist großer "Orgeltag". Wieder gibt es um 10.50 Uhr eine Orgelmatinee. Um 14 und 15 Uhr können die Kinder (und ihre Eltern) die Orgel von innen und außen erkunden (übrigens auch am Sonntag, 8. September, 14 und 15 Uhr). Und um 19.30 Uhr gibt Jörg Wöltche ein Orgelkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach und Franz Liszt.
Und am Samstag, 14., 16 Uhr, und Montag, 16. Dezember, 10 Uhr (für Schüler) kommen Hein Flöt und Käpt'n Orgelbär mit einer weihnachtlichen Erzählgeschichte in die Erlöserkirche. Wer die beiden sind? KMD Karin und KMD Thomas Riegler aus Bad Neustadt.