Die Euphorie ist verflogen

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An der Nüdlinger Schule wurde zum 3. Oktober 1990 ein Bergahorn gepflanzt. Kaum einer erinnert sich noch. Foto: Archiv Saale-Zeitung
An der Nüdlinger Schule wurde zum 3. Oktober 1990 ein Bergahorn gepflanzt. Kaum einer erinnert sich noch. Foto: Archiv Saale-Zeitung
Bad Kissingen, 3.10.1990: Deutsche Begegnungen - Landrat Herbert Neder (rechts) mit Dr. Alexander Eib aus Bad Salzungen.
Bad Kissingen, 3.10.1990: Deutsche Begegnungen - Landrat Herbert Neder (rechts) mit Dr. Alexander Eib aus Bad Salzungen.
 
Burkardroth, 3.10.1990: Bürgermeister Emil Müller (Mitte) mit Georg Rottenberger (links) und 2. Bürgermeister Erich Metz (rechts) vor dem Rathaus. Foto: Archiv/Bert
Burkardroth, 3.10.1990: Bürgermeister Emil Müller (Mitte) mit Georg Rottenberger (links) und 2. Bürgermeister Erich Metz (rechts) vor dem Rathaus. Foto: Archiv/Bert
 

1990 gab es fast in jeder Gemeinde im Landkreis eine Feier und Baumpflanzaktion zum Tag der Deutschen Einheit. Ein Vierteljahrhundert später zum Jubiläum ist der historische Moment kein Thema mehr.

3. Oktober. Der Tag der Deutschen Einheit jährt sich zum 25. Mal. Ein Thema, das die Menschen in Deutschland eigentlich bewegen sollte. Gerade bei uns, im ehemals "grenznahen Raum". Vor 25 wuchs zusammen, was zusammen gehörte. Das haben auch die Menschen im Landkreis gefeiert.
In bald jeder Gemeinde im Landkreis Bad Kissingen gab es am 3. Oktober 1990 eine Feier. Zählt man die Deutsche-Einheit-Erinnerungsbäume zusammen, die damals in den Ortsmitten, an Kindergärten, Kirchen und Schulen gepflanzt wurden, kommt ein kleiner Mischwald heraus. Und 25 Jahre später? Das Jubiläum ist kein Thema.


1990: Freude und Begeisterung

Der Blick ins Archiv zeigt, mit welcher Freude und Begeisterung vor 25 Jahren die deutsche Wiedervereinigung gefeiert wurde. In der Wandelhalle in Bad Kissingen mussten in Beisein von Landrat Herbert Neder (†) und dem damaligen Oberbürgermeister Christian Zoll "einige Hundert Besucher", wie die Saale-Zeitung damals meldete, der Feier stehend beiwohnen. So groß war der Andrang. In Nüdlingen wurde mit Freunden aus Untermaßfeld im Pausenhof der Schule ein Bergahorn gepflanzt. "Das Symbol für die Zukunft", wie man damals sagte, ist zwar gewachsen, aber auch in Vergessenheit geraten.


"Da war schon was los"

Eine Linde wurde in Burkardroth am Rathaus gepflanzt. Der damalige Bürgermeister und heute stellvertretende Landrat Emil Müller erinnert sich. "Da war schon was los", berichtete er aus seinen Erinnerungen, der gepflanzte Baum sollte die Nachhaltigkeit der deutschen Einheit widerspiegeln. Ob es in diesem Jahr einer politischen Veranstaltung im Landkreis bedurft hätte, konnte er so recht nicht beantworten. Man hätte sich über die Notwendigkeit dafür mal Gedanken machen müssen, stellte Emil Müller fest. Das sei schwer nur zu beurteilen.
Wie dem auch sei, vor 25 Jahren haben die Menschen im gesamten Landkreis regen Anteil an den Feierlichkeiten zur deutschen Einheit genommen. In Fuchsstadt, Oberleichtersbach und in Bad Brückenau, die Liste ließe sich x-mal fortsetzen, gab es Festveranstaltungen zum Tag der Wiedervereinigung.
Heute kein Thema mehr? "Eigentlich hatten wir noch nie Veranstaltungen zum Tag der Deutschen Einheit", sagt Thomas Hack, der Pressesprecher der Stadt Bad Kissingen zu dem Umstand, dass es auch in diesem Jahr keine Wiedervereinigungs-Feier gibt. Aber zum Jubiläum hätte man doch vielleicht ...? Ja, meint Hack, das wäre schon ein Anlass gewesen, aber da sei wohl "der Hobel der Zeit drüber gegangen". Das Wiedervereinigungs-Jubiläum sei einfach kein Thema gewesen, weder auf politischer Seite noch von der Bevölkerung her.


2015: "Alltagsgeschäft"

Ein kleine Umfrage der Saale-Zeitung (sieheunten) beweist, dass die Ereignisse von vor 25 Jahren wohl noch in den Köpfen und in der Erinnerung der Menschen, die das damals miterlebt haben, ist, allerdings ist das Ereignis und der Feiertag ins "Alltagsgeschäft" übergegangen. Dennoch ist es schon ein wenig verwunderlich, dass in der Region entlang der ehemaligen Demarkationslinie das 25. Jubiläum Deutsche Einheit keinen Stellenwert mehr hat.


Keine offizielle Veranstaltung

Auch im Landkreis Rhön-Grabfeld, ehemals unmittelbar angrenzend an die deutsch-deutsche Grenze, tut sich am 3. Oktober 2015 nichts. Im ganzen Landkreis gibt es dazu keine einzige Veranstaltung, bestätigt Stefan Kritzer, der Kreisheimatpfleger in Rhön und Grabfeld. Auch nicht auf der "Schanz", dem ehemaligen Grenzübergang zwischen Eußenhausen und Meiningen. Da hatten sich 1990 zum Vollzug der Deutschen Einheit 20 000 Menschen versammelt. Ein Gottesdienst am 3. Oktober 1990 wurde von 2000 Menschen in einem Festzelt begleitet. Nur selten beten Pfarrer vor solch einer Menge. Zum Jubiläum 25 Jahre später? Nichts. Thomas Bold, Landrat in Bad Kissingen, verweist auf die Fehlmeldung einer Veranstaltung zu diesem Tag im Landkreis auf den Umstand, dass es solche Feiern noch nie auf lokaler Ebene gegeben habe. Auch das Jubiläum habe man "eigentlich nie auf dem Schirm gehabt". Die Deutsche Einheit sei heute Alltag, ein Stück Normalität.