Der Luchs war noch nicht da

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Die Stationen des Schulwaldes an der Hermannsruh wurden bei dem Rundgang ebenfalls besucht. Hier lässt sich der Betriebsleiter des AELF, Bernhard Zürner (links), von Schulleiterin Claudia Klaas eine Infotafel erklären. Fotos: Kathrin Kupka-Han
Die Stationen des Schulwaldes an der Hermannsruh wurden bei dem Rundgang ebenfalls besucht. Hier lässt sich der Betriebsleiter des AELF, Bernhard Zürner (links), von Schulleiterin Claudia Klaas eine Infotafel erklären.  Fotos: Kathrin Kupka-Han
Hier passieren der Stralsbacher Egon Schlereth und Monika Bug den eigens angelegten Dschungel. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Hier passieren der Stralsbacher Egon Schlereth und Monika Bug den eigens angelegten Dschungel.  Foto: Kathrin Kupka-Hahn
 
Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Foto: Kathrin Kupka-Hahn
 

Regelmäßig veranstaltet die Gemeinde einen Waldspaziergang mit dem Förster. Diesmal ging es durch den Stralsbacher Forst an der Hermannsruh.

Joachim Dahmer ist ein Glücksgriff. Darin waren sich am vergangenen Freitagnachmittag alle einig. Der Förster ist seit etwa 13 Jahren für die Wälder im Markt Burkardroth zuständig, arbeitet dabei sehr engagiert und transparent. Deshalb unternimmt er alle zwei Jahre mit Bürgern und Gemeinderäten einen Waldspaziergang. Diesmal waren rund 25 Interessierte dabei, als er sehr anschaulich den Zustand des Stralsbacher Forstes erläuterte.
Dieses Gebiet hatte der Förster ganz bewusst ausgewählt, nicht nur wegen seiner Vielfältigkeit. Schließlich musste er zu Jahresbeginn heftige Kritik hinsichtlich der Durchforstung des Waldes einstecken. Die Stralsbacher sprachen damals vom Kahlschlag in ihrem Gehölz, hatten zum Thema sogar einen Faschingswagen gestaltet.
Das konnte und wollte der engagierte Förster nicht auf sich sitzen lassen. "Umso erstaunlicher ist, dass heute so wenige Stralsbacher dabei sind", sagte er beim Waldspaziergang, der am Freitagnachmittag rund um die Hermannsruh stattfand.


Wald hat viele Funktionen

Mehr als zehn Stationen hatte Joachim Dahmer für seine Erläuterungen ausgewählt. Dabei wurde deutlich, vor welch enormen Herausforderungen er und die drei Forstwirte der Gemeinde, Andreas Bauer, Herbert Metz und Stephan Epp, aber auch die Eigentümer stehen. Schließlich erfüllt der Wald mehrere Funktionen: Er dient der Erholung, der Bildung und Waldpädagogik sowie dem Erhalt der Ökologie und des Naturerbes, er enthält Bodendenkmäler und wird wirtschaftlich genutzt, zur Jagd und zum Holzeinschlag. "Somit sorgt der Wald auch für Arbeitsplätze nicht nur vor Ort, sondern auch in der Region", so Dahmer. Der Betriebsleiter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Bernhard Zürner, ergänzte: "Man sagt immer, ein Hektar Wald sorge für sieben Arbeitsplätze." Damit seien aber nicht nur die Forstarbeiter gemeint, sondern auch die Arbeitsplätze in den holzverarbeitenden Betrieben und die Speditionen, die das Holz transportieren. Außerdem profitieren auch die örtlichen Metzgereien davon, denn sie beziehen ihr Wildfleisch größtenteils von den Jägern vor Ort.
Das Revier in der Stralsbacher Gemarkung wird vom Jagdpächter Elmar Ziegler und seinem achtköpfigen Team gepflegt. Dieser und einige seiner Jäger waren am Freitagnachmittag dabei und hatten für die Waldspaziergänger sogar einen Umtrunk an der Hermannsruh vorbereitet.


Einblick in die Arbeit

Während der Tour gab der Jagdpächter einen kurzen Einblick in seine Arbeit in dem rund 600 Hektar großen Revier, das rund 450 Hektar Privatwald sowie 150 Hektar Gemeindewald umfasst. "Wir haben einen guten Bestand an Schwarz- und Rehwild. Allerdings fehlen uns starke Böcke", so Ziegler. Der Abschuss gestalte sich sehr einfach, da das Revier wie eine Banane um Felder und Flur verlaufe. "Die Wildschweine halten uns ganz schön auf Trab", fügte er hinzu. Das Raubwild, wie Waschbär, Dachs und Fuchs, sei auch ganz gut vorhanden, lediglich der Luchs war noch nicht da.
Kritisch sieht Ziegler jedoch die geringen Vorkommen an Hasen und Rebhühnern. "Das liegt daran, dass sich der Lebensraum für die Tiere verändert hat. Früher gab es viele kleine Parzellen, die von Hecken begrenzt wurden. Heute hingegen haben wir große landwirtschaftliche Flächen, wo die Deckung schlichtweg fehlt", erklärte Dahmer
Ähnliche Probleme hat auch er hinsichtlich der Artenvielfalt in seinem Wald. "Wir wollen hier einen guten Bestand an Mischbäumen", sagt der Förster. Allerdings sei die Buche im Forst des Marktes Burkardroth sehr dominant, die Eiche hingegen rückläufig. "Sie bereitet uns Sorgen", so Dahmer. Dennoch versuche er gemeinsam mit den drei Waldarbeitern, die Ansiedlung von Eichen zu unterstützen.
Deshalb werden demnächst nach Allerheiligen in einer Schonung auch Jungpflanzen gesetzt. Parallel dazu gebe es auch einige neue Arten, die bewusst im Gemeindewald gepflegt werden, wie etwa Esskastanien, Mammutbäume oder Douglasien. Selbst dem chinesischen Blauglockenblumenbaum räumt Dahmer seine Daseinsberechtigung ein, nicht zuletzt, da dessen Holz bereits nach 20 Jahren nutzbar ist. "Es ist so leicht, dass wir es bei der Ernte hinaustragen können", fügte er schmunzelnd hinzu.


Artenvielfalt

Nicht nur die Artenvielfalt muss der Förster im Blick behalten, sondern auch dafür sorgen, dass es auch in der Zukunft genügend Holz gibt. Heißt: den Wald intelligent bewirtschaften. Der aktuelle Hiebsatz im Gemeindewald des Marktes liegt bei fünf Festmetern pro Hektar. "Allerdings wächst momentan mehr Holz nach, als wir entnehmen", so Dahmer. Er schätzt, dass pro Hektar etwa sechs, sieben Festmeter nachwachsen, so dass zwischen eineinhalb und zwei Festmeter pro Jahr stehen bleiben. Das möchte Dahmer auch so beibehalten. Deshalb setze er auf eine sanfte Durchforstung, auch wenn für manche Bewohner das einem Kahlschlag gleichkäme. "In manchen Abteilungen wurde halt jahrelang nichts gemacht", fügte er hinzu.
Abgerundet wurde der zweieinhalbstündige Spaziergang mit Informationen zur Waldpädagogik. Dabei erläuterte Claudia Klaas, die neue Schulleiterin der Grundschule Burkardroth, den Aufbau des Schulwaldes an der Hermannsruh und ließ die Waldspaziergänger auch einiges ausprobieren, beispielsweise den Gang durch den Dschungel. Bei denen kam das gut an. "Es war heute wieder sehr informativ. Man erfährt immer etwas Neues", fasste der Stralsbacher Berthold Kröckel seine Eindrücke des Spaziergangs zusammen.