Birkhühner bringen Millionen

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Birkhahn und Birkhuhn vor Rhöner Kulisse. Das Birkwild ist eine Rhöner Kostbarkeit. Fotos: Archiv Marion Eckert
Birkhahn und Birkhuhn vor Rhöner Kulisse. Das Birkwild ist eine Rhöner Kostbarkeit.  Fotos: Archiv Marion Eckert
Torsten Kirchner ortet eines der Tiere, die mit Peilsender versehen sind. Foto: Marion Eckert
Torsten Kirchner ortet eines der Tiere, die mit Peilsender versehen sind. Foto: Marion Eckert
 
Eine Birkwildhenne mit Peilsender, wie sie einem Teil, der aus Schweden importierten Tiere mitgegeben wird. Foto: Marion Eckert
Eine Birkwildhenne mit Peilsender, wie sie einem Teil, der aus Schweden importierten Tiere mitgegeben wird. Foto: Marion Eckert
 

Frühmorgens findet am Samstag, 24. 9., die Birkhuhnzählung in der Langen Rhön statt. Sie soll Aufschluss über die Population geben.

Seit 1977 gibt es diese Zählung und sie liefere ein recht genaues Bild zur Entwicklung und aktuellen Population, erklärte Schutzgebietsbetreuer Torsten Kirchner. In einem informativen Vortrag im Haus der Schwarzen Berge sprach er über den Sinn und Hintergrund des Birkwildschutzes, über Probleme und Lösungsansätze.
Den Titel "Das Birkhuhn in der Rhön - alles für die Hühner?" wählte er bewusst provokant und zweideutig, um auch Kritiker und
Gegner des Birkwildprojektes anzusprechen. Das Birkwild sei seit Jahrzehnten in aller Munde und in den Medien präsent. Doch je engagierter und entschiedener ein Kritiker sei, desto seltener habe er eines der Tiere zu Gesicht bekommen, sagte Kirchner.


Kritische Stimmen

Seit 2010 werden Schwedische Birkhühner in der Rhön ausgesetzt. Torsten Kirchner zeigte kritische Stimmen auf und setzte ihnen Fakten und Zahlen gegenüber. In der Rhön kommt das Birkwild ausschließlich in der Langen Rhön, im Dreiländereck Hessen, Bayern und Thüringen vor. Noch Ende der 1960er Jahre war es über die Höhenzüge der gesamten Rhön verbreitet.
1970 hatte das Birkwild ein Verbreitungsgebiet von 12 000 Hektar, 1993 waren es 2800 und 2009 nur noch 1400 Hektar. Kirchner zeigte Bilder einer anderen Rhönlandschaft, wie sie in den 1960er Jahren war: Offenes Land mit frisch aufgeforsteten Fichten. "Das waren ideale Bedingungen für das Birkwild. Doch dann kam der Dickungsschluss der Fichten und das Birkwild verlor in wenigen Jahren 10 000 Hektar Fläche. Übrig geblieben ist die Lange Rhön, das Filetstück der Rhön."
Durch Vertragsnaturschutz werde versucht die Lange Rhön frei zu halten. Rund 250 landwirtschaftliche Betriebe sorgen durch Mahd der Wiesenflächen für Offenhaltung der Landschaft. Rund 800 000 Euro Fördermittel fließen pro Jahr für Mahd und Beweidung aus Brüssel und München in die Rhön. "Nicht für die Hühner, sondern für die Landschaftspflege", betonte Kirchner. Und: "Das Geld kommt nicht aus den kommunalen Haushalten." Sicher, die Landschaftspflege hänge am Fördertropf, doch es müsse klar sein: "Das Birkhuhn bringt über die Jahre Millionen Beträge in die Region."
Das Birkwild sei eine Leitart, denn es gehe auch um den Schutz weiterer Tierarten. Nahezu alle bayrischen Raubwürger wie Bekassinen und bayerische Wiesenpieper finden sich in der Langen Rhön.
Ende der 1960er Jahre habe es 350 balzenden Birkhähne auf der Rhön gegeben, belegt seien diese Zahlen nicht. Die Birkhuhnzählung zeige seit 1977 konkrete Zahlen, damals waren es zwischen 40 und 50 Birkhähne. Jahr für Jahr nahm die Population ab, der Tiefpunkt sei 2009 erreicht worden. "Mit zwei Hennen war die Population in der Rhön nahezu verloren", sagte Kirchner. "Die natürliche Reproduktion war nicht mehr gegeben. In den Jahren 2010, 2011 und 2012 konnten keine Jungvögel mehr aufgezogen werden.


Wissenschaftliche Untersuchung

Wissenschaftliche Untersuchungen belegten, dass das Birkwild in der Rhön genetisch isoliert und zur Reproduktion nicht mehr in Lage war. Frische Gene mussten her. Die Studie belegte, dass auf 1200 Hektar Fläche 24 Tiere Lebensraum finden. Durch Pflege, Rodung und extensive Landwirtschaftliche Nutzung können in der Rhön bis zu 5000 Hektar länderübergreifend für das Birkwildprojekt nutzbar gemacht gemacht werden. Das wäre Lebensraum für bis zu 100 Tiere. Fortan lautete das Ziel "Birkhuhn 5000". "Keine Angst, wir wollen keine 5000 Birkhühner in der Rhön, sondern 5000 Hektar Fläche", so Kirchner. Dazu zähle auch der Truppenübungsplatz Wildflecken und der Himmeldunkberg.


ZurInfo:

Um das Birkwild in der Rhön vor dem Aussterben zu bewahren, wurden in den Jahren 2010 bis 2014 schwedische Birkhühner und -hähne in die Rhön geholt. Bislang waren es 68 Tiere, davon wurden 36 mit Peilsendern versehen. 13 Tiere wurden tot aufgefunden, drei Hähne wurden auf der Hochrhönstraße überfahren, der Habicht und der Fuchs holten sich die anderen. Dennoch könne das Projekt als Erfolg bezeichnet werden, denn eine erfolgreiche Reproduktion sei seit 2013 bis heute zu vermelden. Für Kirchner ein großer Erfolg: "Die Auffrischung des Genpols ist gelungen."
Der schwedische Import soll noch drei Jahre fortgeführt werden. "Dauerhaft jedes Jahr Birkhühner in die Rhön zu holen, ist nicht sinnvoll", sagte Kirchner. "Wir unterstützen die Population und bringen sie in Gang, helfen durch Landschaftspflege und Jagd, aber die Reproduktion muss selbstständig laufen."
Was ist an den schwedischen Tieren anders als an dem Rhöner Birkwild?, lautete eine Frage aus dem Publikum. Die Rhöner Population sei aufgrund des Inzuchtproblems genetisch verarmt, erklärte Kirchner. Dass Hühner und Hähne aus Schweden und nicht aus dem Alpenraum geholt wurden, lag einzig an den Kosten. "Die Tiere in Schweden kosten uns nichts und sind relativ einfach zu fangen."
"Der Aufwand hat sich gelohnt. Der Bestand hat sich stabilisiert. Im Frühjahr hatten wir neun Hennen, bei der Herbstzählung werden wir mehr Tiere zählen." Doch bei allen positiven Entwicklungen sei der Birkhuhnschutz auch weiterhin eine große Herausforderung. Ein Problem stellen die natürlichen Feinde, wie Wildschwein, Fuchs und Habicht dar.