Das Coronavirus - durch eine Hochzeit in den Landkreis Bad Kissingen eingeschleppt. So zumindest das kursierende Gerücht. Die Redaktion hat nachgeforscht.
Sie hatten für ihren großen Tag an alles gedacht. Das Desinfektionsmittel, die Einweghandtücher, den Abstand und ans Hygienekonzept. Und trotzdem brach auf der Feier Corona bei 17 Menschen (Stand Sonntag) aus. Eine Aussage des Bad Königshofener Bürgermeisters in einem Artikel zu den Infektionen sorgte bei der Hochzeitsgesellschaft für Unmut: Es sei auffällig, dass junge, bei der Hochzeit Infizierte einen schweren Krankheitsverlauf hätten. Selbst mancher Arzt habe das noch nicht gesehen. "Es ist niemand unserer 80 Gäste im Krankenhaus oder liegt auf der Intensivstation", dementiert der Vater des Bräutigams die Aussage des Rathauschefs Thomas Helbling (CSU).
Eigentlich sollte die Hochzeit im Mai stattfinden, doch dann kam der Lockdown. Deshalb heiratete das Brautpaar im Frühjahr standesamtlich im kleinen Kreis und beschloss, die Feierlichkeit mit der Familie nachzuholen. Dabei infizierten sich dann am 12. September einige Gäste. Aber: "Lediglich die Schwiegertochter hat leichte Symptome", sagt der Vater des Bräutigams. "Ich war entsetzt über die Berichterstattung, das ist reine Polemik. Ich weiß nicht, wie sowas zustande kommt."
Die Redaktion hat im Bad Königshofener Rathaus nachgefragt. Helbling erklärt: "Bei der Aussage habe ich mich auf eine Ärztin des Gesundheitsamtes Rhön-Grabfeld bezogen." Diese habe ihm mitgeteilt, dass bei den Tests Jugendliche anwesend gewesen waren, die beispielsweise Schüttelfrost gehabt hätten. Die Information floss in ein Info-Papier ein. Für die Öffentlichkeit war das Schreiben laut Helbling nicht gedacht. "Das war eine interne Info für den Stadtrat." Er vermutet: "Ein oder zwei Räte haben das dann weitergegeben."
Der Vater des Bräutigams sagt: "Bei uns gibt es derzeit keine besorgniserregenden Fälle. Es ist einfach scheiße gelaufen." Es gehe jetzt darum, gut durchzukommen. "Wir hatten zur Hochzeit Verwandtschaft aus Kempten und Würzburg da gehabt. Wir stehen unter Quarantäne und müssen die Füße stillhalten", meint der Vater des Bräutigams.
Die Hochzeit hat Auswirkungen auf den Landkreis Bad Kissingen. Es kursiert das Gerücht, dass eine Angestellte des Bad Kissinger Kliegl-Kindergartens dort zu Gast gewesen sei. Dazu der Bräutigam: "Wir hatten lediglich eine Bedienung die als Erzieherin arbeitet." Ob sie im Kliegl-Kindergarten arbeitet weiß das Ehepaar nicht.
Schlussendlich sind die Personen jedoch völlig egal. Dieses Beispiel würde zeigen, wie breit das Virus von nur einer Veranstaltung ausgehend streuen könnte.
Der Kindergarten ist mittlerweile wegen der Qurantäne des Personals bis zum 1. Oktober geschlossen. Zur Frage, wo sich die Frau angesteckt hat, kann das Landratsamt Bad Kissingen keine Auskunft geben. Die Zuständigkeit läge bei einem anderen Gesundheitsamt. Aus dem Nachbarlandkreis heißt es, dass die Behörde derzeit nach wie vor daran sei, das Infektionsgeschehen auf der Hochzeit aufzuarbeiten.
Michaela Atzler, von der katholischen Kirchenstiftung der "Pfarreiengemeinschaft Jesus - Quelle des Lebens Bad Kissingen", ist betraut mit der Verwaltung des Kindergartens. Sie gibt Einblick: "Vergangene Woche gab es am Montag im Kindergarten eine Besprechung. Dabei ist natürlich auf geltende Hygiene-Regeln geachtet worden." Am Donnerstag sei die Angestellte vom Gesundheitsamt des Nachbarlandkreises informiert worden, dass sie als Kontaktperson gelte. "Sie ist dann sofort nach Hause und hat sich testen lassen." Am Samstag stand fest, dass der Test positiv war. "Dann haben Leitung und Träger des Kindergartens Kontakt zum Gesundheitsamt aufgenommen, und dann die Anweisungen der Behörde umgesetzt." Der Kindergarten wird wie bisher laut Atzler nach einem Hygieneplan gereinigt. "Dann warten wir erstmal die Tests ab und stimmen uns weiter mit dem Gesundheitsamt ab." Die Erzieherin habe sich nicht in einem Risikogebiet aufgehalten. Ihr sei kein Vorwurf zu machen.
Durch ein ausgeklügeltes Konzept des Kindergartens infizierte sich bislang kein weiteres Teammitglied. Und dennoch: Alle 16 Teilnehmer der Konferenz mussten aufgrund der geltenden Auflagen aus Sicherheitsgründen in Quarantäne. "Weil uns das Personal dadurch fehlt, ist jetzt kein geregelter Betrieb mehr möglich", erklärt Atzler. Laut dem Gesundheitsamt wurde ein Großteil der Kontaktpersonen der Erzieherin am Montag getestet. Nun kümmern sich Eltern um die Betreuung ihrer Kinder bis zum 1. Oktober. "Wir müssen die 14 Tage abwarten wegen der Inkubationszeit des Virus", sagt Atzler.
In Quarantäne mussten auch die Kinder der Krippe, die von der infizierten Erzieherin betreut wurden. "Insgesamt sind es 20 Kinder, dabei einige wenige, die morgens ab sieben Uhr kommen und in der Krippe mitbetreut werden, aber keine Krippenkinder mehr sind", sagt Atzler. Die Kinder sind laut Burkhard Lamer als Kontaktpersonen der Kategorie 1 einzustufen und werden auf das Virus getestet. Die übrigen Kindergartenkinder hatten keinen engeren Kontakt zu der Infizierten, so dass eine Testung nicht zwingend erforderlich sei. Laut Lamer sei ein Test durch den Hausarzt dennoch möglich. Florian Keßler (DBK), Stadtratsbeauftragter für Schule und Bildung, meint: "Es ist sinnvoll, sich als Elternteil gleich mit testen zu lassen. Ist der Test des Kinds positiv, ist man ebenfalls Kontaktperson der Kategorie 1."