Robert Gridley erinnert sich noch genau an den 19. Juni 1994, den Tag an dem die Amerikaner Wildflecken verließen. Der Abzug ist bis heute spürbar.
Robert Gridley sitzt in seinem heimischen Gar ten, vor ihm auf dem Tisch liegen eine Urkunde und zwei Auszeichnungen aus seiner Zeit in Wildflecken. Der US-Amerikaner war einer der letzten An gestellten, die bei der Schließung des Übungsplatzes am 19. Juni 1994 dabei waren. Heute ist Gridley Rentner und lebt mit seiner Frau in Münnerstadt.
1968 kam Gridley nach Wildflecken, damals noch als Soldat im 2nd Battalion 15th Infantry. "Ich war Sanitäter und habe in der Klinik in Wildflecken gearbeitet", erzählt der 64-Jährige. 1970 endete seine Dienstzeit und Gridley verließ die US-Armee. Aber nur als Soldat, denn als ziviler Angestellter blieb er weiterhin in Deutschland und wurde an verschieden Standorten der Amerikaner eingesetzt. Wie es der Zufall so wollte, kam Gridley aber zurück nach Wildflecken. "Ich habe von 1986 bis 1994 in der Kaserne im amerikanischen Freizeitzentrum gearbeitet", berichtet der Rentner.
Er half bei der Organisation von Tanzveranstaltungen für Soldaten, zivile Mitarbeiter und deren Familien. Aber auch Musik- und Theaterabende gab es damals am Standort.
Lange militärische Geschichte Auch die Planung von Ausflügen nach Po len und Tschechien fielen in seinen Verantwortungsbereich. Am 19. Juni 1994 dann das Ende mit einem feierlichen Akt: "Die amerikanische Fahne wur de niedergeholt und dem damaligen Bürgermeister übergeben", erinnert sich Gridley. Er war einer von ungefähr 25 Amerikanern, die an diesem letzten Festakt teilnahmen.
"Danach haben wir dann die Türen zugemacht", er zählt er weiter. Doch bevor es zur Schließung kam, musste geklärt werden, was mit dem ganzen Gebiet und Inventar geschieht. "Schreibtische und Büromaterial wurden verbrannt, weil sie nicht verkauft werden durften", erinnert sich Gridley. Wenn etwas verkauft wurde, durften zuerst die anderen Standorte in Deutschland zuschlagen.
Übriges Mobiliar verbrannt Als zweites durften Berechtigte mit einer ID-Karte Mobiliar übernehmen. "Danach konnten erst die Deutschen kaufen. Was übrig blieb, musste auf dem Übungsplatz verbrannt werden", er zählt Gridley. Den Truppenübungsplatz übernahm die Bun deswehr und zog somit von Oberwildflecken nach Wildflecken um. Die Kaserne hieß nun Rhön-Kaserne.
Das Areal weist eine lange Ge schichte auf. Bereits 1936 entschied sich das Oberkommando der Wehrmacht, einen Übungsplatz für das deutsche IX. Armeekorps in der Rhön zu errichten. Am 8. Februar 1938 wurde der Truppenübungsplatz durch General Dollmann feierlich eingeweiht. Im April 1951 übernahm die US Armee das Lager und den Übungsplatz in Wildflecken. Fortan galt die "Wildflecken Training Area" als eine der wichtigsten Ausbildungsorte der US-Armee und anderer NATO-Armeen. 4,5 Millionen Soldaten haben bis 1994 ihr militärisches Können dort erlernt und vertieft, schreibt Heinz Leitsch auf seiner Website zur Geschichte des Truppenübungsplatzes.
Folgen bis heute spürbar Auch an den Skilift erinnert Gridley sich genau: "Wir waren das einzige militärische Gebiet mit einem eigenen Skilift und ei nem eigenen Skigebiet." Vor dem Abzug wurde auch dieser verkauft, und zwar für etwa 200 Mark - unfassbar billig. Robert Gridley erinnert sich mit Weh mut an seine Zeit in Wildflecken: "Wir waren dort eine ganz große Familie." Außerdem leben auch heute noch einige sei ner damaligen Freunde und Arbeitskollegen heute noch in Deutschland. Zu einigen hat er weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis.
"Wir treffen uns noch ein oder zwei Mal im Jahr", erzählt Gridley. Erstaunt war er, als er vor einigen Jahren noch einmal Wildflecken besuchte: "Mittlerweile ist da oben alles neu gemacht." Nicht mehr viel erinnere an damals.
Keine offizielle Feier Eine offizielle Feier zum 20-jährigen Abzug der Amerikaner gab es heuer nicht. Für die Ge meinde Wildflecken war der Abzug der Amerikaner ein schmerzlicher Verlust. Die Auswirkungen des Abzugs sind auch heute noch spürbar. "Deshalb können wir kein freudiges Fest feiern. Aber anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Truppenübungsplatzes wurde 2013 eine Gedenktafel enthüllt", sagt Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW).
Aber das soll nicht alles gewesen sein: Die Gemeinde plant, in ihrem neuen Tourismuskonzept auch die Rolle des Militärs mit einzubeziehen. Denn Robert Gridley ist sicher nicht der einzige, der gern mal wieder in Wildflecken vorbeischauen würde.
Auch wenn ich der Meinung bin, dass der Truppenübungsplatz Wildflecken fatale Auswirkungen für die touristische Entwicklung der gesamten Gegend hat, sehe ich die Einbeziehung des Platzes in das Tourismuskonzept der Gemeinde Wildflecken als eine gute Idee an.
Ein regelmäßiges Angebot von geführten Bustouren wäre nicht nur wünschenswert, sondern würde mit Sicherheit auch sehr gut angenommen werden. Bei geschickter Vermarktung und Werbung wäre eine Auslastung für viele Jahre sichergestellt. Es wäre bestimmt auch denkbar, geführte Wanderungen anzubieten, neben den abgesiedelten Ortschaften gibt es auf dem Gelände auch sehr viele kulturhistorisch interessante Ziele.
Hierzu werden zwar viele schwierige Gespräche mit der Standortverwaltung nötig sein, aber der Gewinn für die Region wäre auch nicht von der Hand zu weisen.
Wahrscheinlich werden hier auch sehr bald wieder die altbekannten Argumente kommen wie - "zu gefährlich wegen Schießbetrieb, Blindgänger, Schadenersatzansprüchen, etc." - aber, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Bleibt zu hoffen, dass das neue Konzept auch konsequent und kreativ umgesetzt wird.